Die Zukunft am Stadtrand
WELS. Stadtentwicklung ist keine Frage von öffentlich oder privat. Gut gemacht muss sie sein – Lernen vom Beispiel Stadtwohnpark.
Wer die Innenstadt verlässt, macht eine Zeitreise. Das, was "Stadt" einmal war, das dichte Gefüge aus Häusern und Höfen, aufgeräumten Plätzen und Straßenzügen, bleibt zurück, und schon nach wenigen Geh- oder Fahrminuten breitet sich die Stadt von heute aus: ein unbekümmerter Mix aus Shopping- und Gewerbehallen, Wohn- und Industrieanlagen, Einfamilien- und Laufhäusern, Bauernhöfen und Bankfilialen. Dazwischen gibt es Reste von Grün und jede Menge Asphalt als Bindemittel.
"Wie kann die Stadt in Zukunft wieder besser werden?", fragt sich der Zeitreisende besorgt. Eine Idee davon gibt es westlich des Welser Zentrums, in dem Gewerbe- und Wohnviertel, das die private Errichtergemeinschaft "Wirtschaftspark Wels" mit "Wohnbau-west" seit Mitte der 90er Jahre im Umfeld der Fritsch-Mühle zwischen Trabrennbahn und Dragonerstraße entwickelt hat.
Etwa im Zweijahrestakt entsteht Neues, fast immer mit dem vor Ort ansässigen Architekturbüro Hofbauer. Unter dem Label "Welser Dienstleistungszentren" wurden bislang neun Bürohäuser gebaut. Mit mehreren Wohnsiedlungen wurden diese Solitäre nach und nach zum zusammenhängenden Quartier verdichtet. Statt Kopieren und Einfügen wird stets neu konzipiert. So sind, ähnlich einer Schausiedlung, Typologien in erstaunlicher Vielfalt entstanden.
Grünraum statt Rasenfläche
Der "Stadtwohnpark" in der Maria-Theresia-Straße ist die bisher größte Projekteinheit. Das Hofensemble aus vier fünfgeschoßigen Wohntürmchen wird von drei langen Riegeln – Wohnen im Norden und Osten, Büro und Gewerbe im Westen – als Blockrand locker umschlossen. "Unser Ziel ist eine durchlässige Parklandschaft", erklärt Architektin Monika Liebmann die Grundidee des durchgrünten Viertels.
Statt umzäunter Eigengärten gibt es tiefe, raumhoch verglaste Loggien, die auch im Erdgeschoß geschützt hinter der Fassade liegen. So ist das Grün für alle da, was den Hof angenehm neutral und öffentlich macht. Schade nur, dass es die strenge Gartengestaltung und -pflege fast ins Sterile kippen lässt. Die Fassaden wirken wie kunstvolle Grafiken aus langen Loggienbändern, wohlproportionierten Fensterflächen und feingliedrigen Brüstungsstreifen. Auch innen herrscht bei aller Einfachheit der Konzeption großzügige Wohnlichkeit.
Dass diese edle Präzision in freier Finanzierung nicht wesentlich mehr kostet als geförderter Wohnbau, sollte zu denken geben. "Es gibt ein Grundstück, die gewünschte Dichte und einen fixen Kostenrahmen", erklärt die Architektin, wie das möglich ist, "in gestalterischen Entscheidungen wird uns sehr vertraut."
Lebensraum statt Behausung
Der Zeit voraus ist dieses Stückchen Stadt aus folgendem Grund: Es gilt das Gebot der Effizienz und Sparsamkeit. Aber das Ideal einer guten Architektur wird dem nicht geopfert. Es gibt ein Renditeziel. Aber Investoren und Architekten teilen einen hohen gestalterischen Anspruch, der von der städtebaulichen Konzeption bis zum Türdrücker durchgezogen wird. Das ist kein Plädoyer für private Stadtentwicklung. Dass es hier gelingt, ist ein Glücksfall, vor allem angesichts des mangelnden Wettbewerbs zugunsten eines einzigen Architekturbüros.
Aber das Viertel bietet als Vergleichsszenario ein paar Tipps für die Entwicklung der "öffentlichen" Stadtlandschaft der Gegenwart. Es braucht wie hier strukturierte, kontinuierliche Planung mit Blick aufs Ganze und Entscheidungsträger mit genügend Kulturbewusstsein, um auf die Kompetenz professioneller Gestaltung zu vertrauen.
Vor allem im Mischmasch zwischen den Siedlungskernen braucht es Lebensräume statt Behausungen. Das geht mit Bauten, die sich nicht auf die Umgebung verlassen, sondern die sich selbst um den Zusammenhang bemühen, die Identität mitten im Brachland stiften. Das ist hier gelungen.
Eckdaten des Stadtwohnparks
Objekt: Stadtwohnpark Maria Theresia Straße, Wels
Bauträger: Wohnbau-west Bauträger GmbH, Wels
Architektur: HOFBAUER:ARCHITECT ZT GmbH, Wels
Statik: DI Reinhard Donabauer, Innsbruck
HKLS, Elektro: IBK Ingenieurbüro Kainz; Innsbruck
Ausführung: 7 Gebäudeteile in 2 Baustufen 2011 bis 2014
Nutzfläche: 19.740 m² (inkl. 3860 m² Büroflächen); 166 Wohnungen Bauweise: Massivbauweise, Flachdachaufbau, WDVS mit grobem Spritzputz, Parkett, Isolierglas-Kunststofffenster, Fernwärme/Radiatore
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hübsch hässlich.
die Versäumnisse der Stadtplanung der letzten 20 Jahre in Wels zeigen durchaus auch die"scheinbar gelungenen" Leuchtturmprojekte auf - kein "Gesamt-Konzept für eine nachhaltige Entwicklung der Baustrukturen - keine Öffentlichkeit in der Diskussion - Stadtplanung auf "Zuruf" ...........
es wird sehr viel gebaut in Wels - aber es gehen lebenswerte Stadträume zunehmend verloren - das Neue höher und sich selbst als Investment genügend - kein Beitrag für die Stadt, für die Strassen - ohne Bedeutung für den öffentlichen Raum - kein Ensemble, keine Atmosphäre, kein identitätsstiftender weil Milieu schaffender Stadt- und Lebensraum ---
Wels hat wie so viele anderen Orte und Städte noch viel viel Luft nach oben.............
In ein paar Jahren werden diese "Stadtteile" den Pariser Banlieus gleichen. Obwohl in Wels das nicht mehr so stark auffallen wird.
.. na so lange wir "Meisterleister" haben kann ja nichts passieren...
Stadtrand gibts den sowas noch? es fängt doch gleich eine neue Gemeinde an da erkennt man die Grenzen gar nicht mehr
und die billige Bauweise von Flachdächern gefällt mir auch nicht, wos nach einem Jahr oder früher nass durchgeht
Was für eine betonierte Hässlichkeit
ich
sehe
nur
Sondermüll und die Bauschuttberge von morgen
Was war Österreich einmal ein schönes Land
Architektur
ist
nicht Geschmackssache
das Erkennen von Harmonie und Schönheit ist uns ohne Zweifel eigen,
das ist existentielles Sehen.
"Kisten" dieser Art stehen überall auf der Welt. Der französischen Anthropologen Marc Augé nannte diese Zustände deshalb "Nicht-Orte" (Non-Lieux). Überall auf der Welt die gleichen Einkaufszentren, Flughäfen, Bahnhöfe, Autobahnen, Firmengebäude, und jetzt auch Wohnhäuser. Das Resultat ist eine kommunikative Verwahrlosung.
Die Beschreibung der zeitgenössischen Stadtentwicklung als Anhäufung sog. "Nicht-Orte" ist Ausgangspunkt des Artikels (s.o.). Ich sehe in den beschriebenen Bebauungen gerade einen Versuch, mit dieser nun einmal vorhandenen Landschaft umzugehen und einen "Ort" zu schaffen. Augés Konzept ist bei einer aufgeschlossenen anthropologischen Erkundung z.B. von Einkaufszentren oder Bahnhöfen m.E. ohnehin fragwürdig.
Danke, dieser Artikel von Roland Gnaiger ist mir so beeindruckend in Erinnerung, dass ich ihn herausgesucht habe:
http://diepresse.com/home/spectrum/zeichenderzeit/4983437/Das-Nichts-ist-die-Essenz
"Würden wir unseren Fokus vermehrt auf das Dazwischen, den Raum, die Stadt, das Dorf richten, dann könnten wir damit die Bauwerke von ihrem heutigen, vielfach überfordernden Anspruch entlasten."
Die Beziehung der Bauwerke zu ihrer Umgebung....
Tarek Leitner, Glückliche Orte, warum wir sie erschaffen sollen
...
Wir verzetteln uns
wir verschwenden
wir verschwinden
wir verblöden
....
Eine Gesellschaft, die Ortsgebundenheit als Hindernis empfindet, die gleichsam Sesshaftigkeit als zivilisatorische Fehlentwicklung begreift, kann die Qualität eines Ortes, seinen Geist, den genius loci also, nicht mehr wahrnehmen.
Das Konzept von Marc Augé korrespondiert mit der vernachlässigten künstlerischen Gestaltungskraft der Architekten. Die fehlt uns so sehr.
Dünne Wände, Höhe Miete, Wohnraumlüftung! Wohnküche! Erbärmlich.
Mit anderen Worten: Billiger wohnen mit Mandi - ohne Rücksicht auf Barrierefreiheit, Altersgerechtheit oder sonst irgend eine Form von Nachhaltigkeit. Der Bumerang-Effekt ist vorprogrammiert.
der Bauunternhmer (angerlehner, der Neffe)) ist längst in Konkurs, der Bauherr ist der bekannte Philantrop Stefan Pierer!
Ich kann mir nicht vorstellen, und will es auch nicht, dass diese Konsumschachteln, die vielleicht (??) dem Zeitgeist entsprechen, in 20, 30, 40 Jahren noch als "schöne" empfunden werden ??? Ob im Welser Zentrum oder am Thalheimer Reinberg, es hat an diesen Standorten diese "Architektur" ABSOLUT nix verloren!!!!
mfg
Hermann
dort nicht und anderswo auch nicht. Die werden nie schöner als sie jetzt sind.
Zweckmäßigkeit = Billigbauweise ohne Rücksicht auf Schönheit,
in ein paar Jahren sieht es abgesandelt und angeschimmelt aus, wirklich gute Architektur altert in Würde.