Ein Holzbau für Insider

Von Tobias Hagleitner   24.September 2016

Vieles spricht für einen Holzbau mitten in der Stadt. Zum Beispiel die kurze Errichtungszeit mit wenig Schmutz, Verkehrsbehinderung und Lärm. Oder der ökologische Vorteil eines lokal vorhandenen, nachwachsenden Rohstoffs mit regionaler Wertschöpfung in den verarbeitenden Betrieben. Oder die Behaglichkeit des Materials, das bei entsprechendem Einsatz keineswegs volkstümlich oder rustikal wirken muss.

Was sind die Vorbehalte gegen Hölzernes? Brandgefährlich sei es, sagen die einen, und denken dabei an das knisternde Kaminfeuer zu Hause. Dabei ist die Tragfähigkeit von entsprechend dimensioniertem Holz im Brandfall gar nicht schlecht und vor allem genau kalkulierbar, was es gegenüber vielen Baustoffen auszeichnet. Holzkisten seien zu wenig robust und haltbar, meint manch Massivbau-Fan.

Dabei genügt ein Blick aufs Land in alte Dörfer, um zu sehen, dass das Gegenteil der Fall ist. Wir mögen Holz, sagen wieder andere, aber eine Stadt wie Linz sei schließlich gemauert und verputzt, und überlassen das Bauen mit dem Werkstoff aus dem Wald lieber hochalpinen Volksgruppen.

Holz in Linz

Die Linzer Diözese wollte für ein Mietshaus mitten in Linz trotzdem das Wagnis Holz eingehen und fand mit den x architekten ein Gegenüber, das die Herausforderung mit Freude annahm. Das 150 Jahre alte Schülerinnenheim am Bauplatz in der Rosenstraße wurde abgerissen. Die entstandene Lücke sollte mit einem ökologischen Wohnhaus aus Holz ausgefüllt werden. Ein Planungsprozess von ungewöhnlichem Aufwand nahm seinen Lauf.

Kritische Behörden wollten besonders gründlich informiert, engagierte Fachplanungsteams besonders intensiv miteinbezogen werden. Im Gestaltungsbeirat mussten die Bauwerber dreimal vorstellig werden, das Projekt diskutieren und gemäß den besprochenen Vorschlägen umformen. Holz in Linz? Erste Entwürfe, die das Haus auch deutlich danach aussehen ließen, waren dem Gremium jedenfalls zu offensiv.

Tatsächlich ist es keine leichte Frage, "in welchem Style" ein Viertel wie Alt-Urfahr mit so vielfältiger Bebauung unterschiedlicher Zeiten weitergebaut werden soll. Warum aber Holz falscher sein soll als die aalglatten Platten-, Feinputz- und Glasfassaden, die der traurige Normalfall sind und mindestens genauso wenig mit der "steinernen" Stadt von vor hundert Jahren zu tun haben, darf ernsthaft hinterfragt werden.

Das Haus, das gestern, Freitag, mit einer Feier offiziell eröffnet wurde, ist ein Kompromiss geworden: ein Holzbau, der nicht danach aussieht, zumindest nicht Richtung Straße. Die Konstruktion aus vorgefertigten Brettschichtwänden und -decken wurde mit Faserzementplatten mausgrau getarnt. Dabei wurde beflissen auf das gründerzeitliche Nachbarhaus geschielt. Die Bänderung der rustizierten Fassade wurde für die Anordnung und Gestaltung der Paneele übertragen.

Eine Pionierleistung

In den Wohnungen selbst zeigt sich der hölzerne Kern. Die Decken und Träger wurden sichtig belassen. Fenster und Böden sind wie die vorgehängten Balkone Richtung Garten ebenfalls aus Holz. Ein Holzhaus mit fünf Geschoßen ist Premiere in Oberösterreich. In einigen Punkten zeigt sich, dass es in der Abwicklung noch an Erfahrung fehlt. Ein Bauwerk aus Holz hat eine andere konstruktive Logik, eine andere Bauphysik und sinnliche Wirkung als etwa ein Skelettbau aus Stahlbeton. Bei künftigen Holzbauten wäre es interessant, diese Eigenarten genauer auszuloten und vor allem auch zu zeigen.

Im Fazit muss aber betont werden, dass mit dem frei finanzierten Projekt 19 Stadt-Wohnungen geschaffen wurden, die eine Lebensqualität und Umweltfreundlichkeit weit über dem Durchschnitt bieten. Das liegt nicht zuletzt an der überlegten Freiraumgestaltung mit Hochbeeten, großer Spielzone und gedecktem Sitzplatz.

 

Daten und Fakten

Objekt: Wohnbau Rosenstraße, Linz-Urfahr
Bauherrschaft: Diözesane Immobilien-Stiftung
Architektur: x architekten, Linz (Projektarchitektin: Teresa König)
Fachplanung: Brandschutz: IMS; Bauphysik: TAS; HKLS: Ing. Grillenberger; Elektrotechnik: tgaplan; Statik: triax; Geotechnik: Tauchmann;
Bauzeit: 2015–2016
Wohnnutzfläche: 1300 m²
Bebaute Fläche: 360 m²
Bauweise: Tiefgarage und Sockelgeschoß Stahlbeton, darüber Holzbau (Brettsperrholz-Elemente);
Fassade: Eternit; Holzfenster; Fernwärme, Solaranlage, natürliche Lüftung;
Ausführung: Brüder Resch, CAD Sutterlüty, Keller Grundbau, GEG, Aigner, Eilmannsberger, Perchtold,
h-mtec u. a.