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Handenberg: Ein Dach für ein Dorf

Von Tobias Hagleitner   06.August 2016

Auch im 21. Jahrhundert ist ein Dorf im besten Fall eine Gemeinschaft. Was einst Verbindlichkeit stiftete, hat allerdings an Bindekraft verloren. Weder der heimatliche Boden, noch die Kirche, die der Kitt für die bäuerliche Gesellschaft waren, bringen noch Identität und Zusammenhalt.

Wie sieht aber dann das zeitgemäße Dorf im Zentrum aus? Was soll da stattfinden? Was muss es leisten? Wie kann das wieder ein Ort werden, wo man sich trifft, tratscht und feiert? Die Fragen sind nicht leicht zu beantworten, schon gar nicht von einem allein.

Und so wurde in Handenberg (Bezirk Braunau) nicht der nächstbeste Planer mit einer Platzverschönerung beauftragt, wie das sonst häufig passiert, sondern es wurde erst einmal diskutiert. Ein Dorfentwicklungsverein wurde gegründet, die Bürger konnten sich am Planungsprozess beteiligen. Logisch, geht es ja nicht um eine Privatangelegenheit, sondern um öffentliches Interesse, um die Einrichtung des gemeinsamen Raums.

Vorbildliche Bauherrschaft

Die Kriterien, die so erarbeitet wurden, waren Grundlage für den geladenen Architekturwettbewerb, an dem sechs Büros teilnahmen. "Wie bekomme ich sonst so viele gute Ideen um vergleichsweise wenig Geld?", zeigt sich Bürgermeister Gottfried Neumaier überzeugt vom Wettbewerb als Planungsinstrument.

Gegenstand der Auslobung waren nicht nur der Platz selbst, sondern die gesamte Gestaltung des Ortskerns, mit Berücksichtigung aller Wegachsen, des Friedhofs mit Aufbahrungshalle sowie der angrenzenden Grünflächen mit Teich, der eine hydrogeologische Besonderheit und Teil des Entstehungsmythos der Gemeinde ist.

Strategisch nicht unklug, beteiligten sich der Bürgermeister und Amtsleiterin Verena Oberhofer nicht selbst an der Jurierung der eingereichten Projekte. Drei Vertreter aus allen Fraktionen der Gemeinde wählten stattdessen politisch ungetrübt, rein nach sachlichen Kriterien, gemeinsam mit der Fachjury den nach ihrer Ansicht besten Entwurf.

Aus einem Guss

Als mit den Heidl Architekten aus Linz der Sieger feststand, trugen die Gemeindeobersten das Ergebnis allerdings in vollem Umfang mit, auch als kritische Stimmen laut wurden, wie das bei Bauvorhaben ganz natürlich und selbstverständlich ist. "Wenn wir das anpacken, dann machen wir es auch genauso, wie es am Plan steht", hält Neumaier sein vorbildliches Verständnis von einer korrekten Wettbewerbsumsetzung hoch.

Aufgrund des knappen Budgets wird das Projekt Schritt für Schritt umgesetzt. Im vergangenen August konnte mit dem Platz die erste Etappe eröffnet werden. Durch wenige kraftvolle Ergänzungen wurde die weitläufige Fläche direkt an der Landesstraße in ein attraktives Gefäß für das dörfliche Leben verwandelt.

Das wichtigste Element der neuen Gestaltung ist eigentlich das, was zwischen dem Gebauten liegt, der öffentliche Raum, der sich aus dem überlegten Arrangement der vorhandenen und neu dazugekommenen Objekte ergibt. Dass mit dem Schattendach als Stahlbetonwinkel aus einem Guss zugleich ein echter "Hingucker" entstanden ist, ist ein feiner Mehrwert.

Es ist aber nicht der vordergründige Wow-Effekt, auf den diese Bauskulptur mit zwölf Meter langer Auskragung abzielt. Sie soll in erster Linie überdachen, den Platz zum Ort machen. Die überspannte Fläche von 80 Quadratmetern reicht, dass die gesamte Musikkapelle darunter Aufstellung nehmen kann. Die Wandscheibe bietet Schutz zur Straße und verlangsamt als Sichtbarriere den Verkehr. Ihre Form hat die ideale Neigung, um sich auf der langen Holzbank sitzend daran anzulehnen. Durchlaufende Bänke finden sich auch gegenüber an der Friedhofsmauer sowie als Einfassung des Platzes nach Osten Richtung Gasthof. Am restaurierten Teich entstand ein einladendes Holzdeck zum Verweilen.

 

Daten und Fakten

Objekt: Ortsplatz Handenberg
Architektur: Heidl Architekten ZT GmbH, Linz
Statik: Werkraum Wien Ingenieure ZT GmbH, WienLandschaft: DI Dr. Barbara Bacher, Linz
Wettbewerb: 09/2014
Ausführung: 02–08/2015

Das Projekt wurde zum Bauherrenpreis 2016 der Zentralvereinigung der Architektinnen und Architekten Österreichs (ZV) nominiert, der dieses Jahr von der ZV Oberösterreich ausgerichtet wird. Der Preis ist Auftraggebern gewidmet, die durch besonderes Engagement einen wertvollen Beitrag zur Baukultur geleistet haben. Die Verleihung findet am 4. November statt. In Oberösterreich wurden neben Handenberg die Anton Bruckner Privatuniversität in Linz, der Schulum- und Neubau in Feldkirchen sowie die HTL in Hallstatt nominiert.
Näheres: www.zv-ooe.at

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