Architekten: "Öffentliche Hand nimmt Vergabegesetz nicht ernst"

Von Alexander Zens   04.Juli 2015

Die Kritik setzt an zwei Aspekten an. "Erstens erfahren wir als Standesvertreter oft gar nicht, dass etwas vergeben wird", sagt Kolbe. Bei einem Volumen von mehr als 100.000 Euro muss laut Gesetz ein geregeltes Verfahren stattfinden. Öffentliche Auftraggeber würden dies häufig umgehen, sagt Kolbe. Als Beispiel nennt er den anstehenden Um- und Ausbau der Feuerwache Nord in Linz.

Zweitens geht es um "überzogene Anforderungen". Aktuelles Beispiel, dass das Fass zum Überlaufen gebracht hat, ist die geplante Sanierung und Adaptierung der Linzer Tabakfabrik.

Bei der Vergabe der Planerleistungen wurde ein zweistufiges Verfahren gewählt. Um die erste Hürde zu nehmen, braucht es Referenzen: Bewerber müssen ein Investorenprojekt mit mindestens fünf Millionen Euro Baukosten betreut haben, das die Merkmale der Tabakfabrik aufweist: für externe Nutzer (nicht nur den Bauherrn) gebaut, mit zumindest drei Mieteinheiten.

Da es nicht viele solche Projekte gebe, sei ein Großteil der oberösterreichischen Planer ausgeschlossen, schreiben Kolbe und Heinz Plöderl, Sektionsvorsitzender der Architekten, in einem Brief an die für die Tabakfabrik (und auch die Feuerwache) zuständige Immobilien Linz GmbH. Kleine, junge, leistungsfähige Büros hätten keine Chance. Klassische baukünstlerische Architektenleistungen stünden im Hintergrund, so die Spitzen der Kammer: "Die Vergabe von geistigen Leistungen sollte nie rein vom Honorar abhängen, sondern von der Qualität."

Erst Qualität, dann der Preis

Die Immobilien-Linz-Geschäftsführer Karin Wegscheider und Markus Eidenberger haben Kolbe und Plöderl ein Antwortschreiben geschickt. Man sei sicher, dass die Anforderung des Referenzprojekts keinesfalls für einen großen Teil der oberösterreichischen Architekten unerfüllbar sei, sagt Wegscheider. Alle anderen Anforderungen (etwa Umsatz, Versicherung) orientierten sich am Minimum des Branchenüblichen.

Es gehe bei dem Vergabeverfahren nicht nur um das Honorar, sondern zu mehr als 50 Prozent um Qualität, wird weiter argumentiert. "Ein offener Architekturwettbewerb erschien uns nicht zielführend, da die konkreten Raum- und Funktionsbedürfnisse noch gar nicht feststehen, sondern erst mit den Mietern und Nutzern entwickelt werden", sagt Wegscheider.

Was die Feuerwache betrifft, betont sie, dass man von einer gesetzeskonformen Vergabe überzeugt sei. Es habe vertiefte Angebotsprüfung mit Aufklärungsgesprächen und schriftlichen Nachfragen gegeben.

Nächste Woche wird es ein Treffen zwischen den Kammer-Funktionären und den Immobilien-Managern geben.

Generell fordert Kolbe "Parteistellung für Standesvertreter und bessere Kommunikation der Auftraggeber." Als Grund für die Vorgangsweise der öffentlichen Hand wird etwa die Vermeidung von Aufwand vermutet.