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Ein Haus für 35 Welser Affen

Von Lorenz Potocnik (Architekturkritiker der OÖN)   05.Juli 2014

Wels hat schon seit 1960 seine Affen. Den kleinen städtischen Tiergarten beim Messegelände gibt es seit 1930, er ist somit der älteste in Oberösterreich. Der Eintritt ist frei, die Lage zentral. Familien mit Kindern tummeln sich hier den ganzen Tag. Heute leben in der drei Hektar großen Parklandschaft mit großen, alten Bäumen 100 verschiedene Tierarten. Der Höhepunkt sind sicherlich die 35 Primaten. Die Guerezas (Mantelaffen), Kapuziner- und Bartaffen stammen in dieser Reihenfolge aus Afrika, Südamerika und Indien. Deren Beherbergung entsprach nicht mehr den Anforderungen des Tierschutzes. Sie brauchen relativ viel Platz, hohe Räume und Flächen zum Turnen.

Baumkronenweg

Die Stadt sprach sich für die Affen und einen entsprechenden Neubau mit einer Fläche von 250 Quadratmetern aus. Ein kleiner Baumkronenweg lässt die Besucher die Affen auf Augenhöhe beobachten. Man wechselt die Perspektive, spaziert auf einer Ebene mit den Affen in ihrem Habitat, dann über den Gehegen, und kann von oben auf das Affenhaus gehen und auf einer Dachterrasse rasten. Diese Rampen sind witzig und barrierefrei.

Auf die prominentesten Bäume wurde Rücksicht genommen. So wurde etwa eine mächtige Akazie einfach umbaut und in das Gehege einbezogen. Sie ragt nun aus dem Haus und mitten in die Terrasse. Mit Elektrozäunen wurde versucht, möglichst wenig Material zwischen Affen und Besucher zu stellen und den Knasteffekt durch Gitter zu vermeiden.

So weit, so gut. Bei genauerem Hinsehen fallen aber viele kleine und einige große gestalterische Mängel auf. Die Innenräume wirken zum Teil recht "stumpf" und unnatürlich. Oberlicht geht (auch wegen der hohen Raumtiefe) schmerzlich ab. Weder Flutlichter (blenden!) noch Dschungel-Malereien an der Wand können das ersetzen.

Die Gläser spiegeln, die ungetrübte Sicht auf die Affen ist eigentlich nur mit Hilfe der Hände möglich. Gerade hier hätte nicht gespart werden dürfen. Auch die Wegführung in das Haus ist nicht zufriedenstellend: als Besucher "stehe ich an". Warum führt der Weg nicht gleich auf die Terrasse? Apropos: Auch die Terrasse ist kein Höhepunkt, eher wirkt diese wie eine Restfläche. Mittendrin die umbaute Akazie mit endlos Elektrodrähten zum Teil in Reichweite. Plexigläser schützen notdürftig. Dies hätte schon im Entwurf mit den richtigen Abständen oder gänzlich anders gelöst werden können.

Idee gut, Umsetzung weniger

Nicht zuletzt sind Grafik und Deko der Beschilderung hausbacken schwach. All das ist nicht verwunderlich, hier hat schließlich kein Architekt gearbeitet. In Anbetracht der Baukosten (400.000 Euro inklusive Infrastrukur) ist das nicht nachvollziehbar. Stattdessen wurde ein Baumeister des Vertrauens direkt beauftragt.

Gute Idee da, Funktionalbau hin, notwendige Kubatur her, ein Architekt ist gerade bei so einem lustvollen, viel besuchten Haus Pflicht. Oberösterreich und Wels haben genügend hervorragende Architekten und Grafiker. Warum wird dieses Know-how nicht genutzt?

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29. März 2024