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Mira macht die dunkle Welt für Claudia heller

Von Valentina Dirmaier   05.November 2016

"Mira, gerade bis Bord!" Vier Worte und die schokobraune Hündin blickt auf, dreht den Kopf nach links, nach rechts, marschiert los. Ihr Frauchen hinterher. Vor dem Gehsteig gegenüber macht der Labrador Halt.

Und ihre Besitzerin mit dem Geschirr in der Hand weiß aufgrund der Haltung der Hündin, dass sie nun ein Hindernis zu bewältigen hat. Ein Schritt. Geschafft. Es sind nur wenige Meter Fußmarsch. Für Sehende keine Mühe. Für Claudia Lackerbauer, die vom OÖN-Christkindl im vergangenen Jahr bei der Finanzierung ihrer Begleiterin tatkräftig unterstützt wurde, ist jede Straßenüberquerung, jede Bewegung in einer ungewohnten Umgebung eine Herausforderung. Denn die gebürtige Vöcklabruckerin ist beinahe blind. Nur bei Schönwetter kann die 32-Jährige auf ihrem linken Auge Hell-Dunkel-Kontraste unterscheiden. Ansonsten ist die Welt der leidgeprüften Linzerin dunkel.

Das war nicht immer so. Lackerbauer ist mit einer Sehbehinderung zur Welt gekommen – ausgelöst durch die hochansteckende Kinderkrankheit Röteln, mit der sich ihre Mutter während der Schwangerschaft infizierte. Ihr Sehvermögen war von ihrem ersten Lebenstag an beeinträchtigt. Ihre Erinnerungen an die Volksschule etwa sind mit bunten Farben behaftet. In Erzählungen über die Zeit im Gymnasium verblassen diese schließlich.

Die junge Frau erblindete. Sie musste Brailleschrift lernen und trainieren, mit einem Blindenstock zu gehen. Viele Hürden, die die Alleinstehende hinnahm, während sie nebenbei Ausbildungen abschloss, auf der Universität inskribierte, ein beinahe normales Leben führte.

Der nächste Rückschlag

Dann der nächste Rückschlag. Der Traum vom Einstieg ins Berufsleben platzte, ein schweres Trauma in ihrer Kindheit und immer häufiger auftretende allergische Reaktionen auf etwa 50 verschiedene Substanzen intensivierten Claudia Lackerbauers Leidensweg.

Hinzu kamen immer intensiver werdende epileptische Anfälle. Und das beinahe täglich, was die Selbstständigkeit massiv beeinträchtigte. "Durch mein Krampfleiden ist es schwer, mit dem Langstock zu gehen, weil das eine sehr hohe Konzentration voraussetzt", erzählt die Frau über ihre Mehrfachbelastung.

Dann der Lichtblick: Die Blinde erfuhr durch Zufall von einem Verein, der Blindenhunde vermittelt. Eine Lebensveränderung für die Leidgeplagte. Denn die Österreichischen Blindeführhunde- und Assistenzhundeorganisation aus der Steiermark, kurz ÖBAHO, konnte durch zig Gespräche, Termine und Verhandlungen einen Blindenhund für die Oberösterreicherin organisieren.

"Durch die Hündin gewann mein Leben wieder an Qualität. Sie hat mir geholfen, eine bessere Orientierung zu erlangen", erzählt die Alleinstehende. Denn die Assistenten auf vier Pfoten begleiten nicht nur durchs Leben, sondern sind speziell auf die Bedürfnisse ihrer Besitzer trainiert. Die Hündin lernte, Alarm zu bellen, bevor Claudias Körper minutenlang verkrampfte. Denn Hunde nehmen im Gegensatz zu Menschen Pheromone, die der Körper vor einem Epi-Anfall ausschüttet, wahr.

Besondere Fähigkeiten, welche auch Mira antrainiert wurden. Die dreijährige Hündin mit dem seidig glänzenden Fell ist Claudia Lackerbauers dritter Blindenhund, die Vorgängerin musste nach einer schweren Krankheit eingeschläfert werden. Die nächste Hiobsbotschaft für die herzliche Frau, die sich nicht entmutigen ließ. Obwohl die Suche nach einem neuen Haustier, der zum lebensnotwendigen Begleiter wird, mit enormem Aufwand verbunden ist.

Wie auch die ersten beiden Blindenhunde wurde Mira mit acht Lebenswochen vom Züchter an eine Pflegefamilie übergeben. Diese kümmerte sich um das Tier, bis die Schulung im heurigen Frühjahr beendet war. Damit der Labrador aufs Wort von Claudia Lackerbauer gehorcht, musste Mira in Tausenden Trainingsstunden in der einjährigen Grundausbildung von Blindenhundetrainer Karlheinz Ferstl geschult werden. Bei einem Stundensatz von etwa 40 Euro. Viel Aufwand, der viel Geld verschlingt. Zusätzlich zu den Haltungskosten kommen noch jene für den Tierarzt, Ausstattung und Ausbildung hinzu. Macht in Summe etwa 35.000 Euro. Der Spezial-Vierbeiner kostet in etwa so viel wie ein sehr gut ausgestattetes Auto. Etwa ein Mercedes-E-Klasse-Einsteigermodell.

Das OÖN-Christkindl half sofort

Geld, das Claudia Lackerbauer nicht so einfach auftreiben konnte. Weshalb sich die 32-Jährige erneut an die Blindenführhunde- und Assistenzhundeorganisation mit der Bitte um Unterstützung wandte. Karl Wieland, Gründer und Obmann des steirischen Vereins, zögerte nicht und schreib dem OÖN-Christkindl. Und das half prompt mit einer großzügigen Spende. "Wir danken den OÖNachrichten und ihren Lesern für die direkte Hilfe", sagt Karl Wieland bei der Übergabe des reinrassigen Blindenhundes.

Der Steirer kümmert sich seit seiner Pension um finanziell benachteiligte Menschen mit schweren Behinderungen, die einen Hund als Begleiter brauchen. Menschen, wie Claudia Lackerbauer, die durch ihre Sehbehinderung und Epilepsie im Alltag ohne Hilfe nur schwer vorankommen. "Ohne Hund ist jeder Weg anstrengender. Dank Mira kann ich ein selbstständiges Leben führen", erzählt Lackerbauer und führt ein weiteres Mal stolz vor, wie scheinbar mühelos Mira ihre Anweisungen befolgt. "Such Treppe!" Und die Blindenführhündin marschiert bis zur nächsten Stiege, ihr Frauchen im Schlepptau. Lob für die Hündin. Und Tätscheln. Dann ist Mira wieder im Dienst, wie der Hundetrainer erklärt.

"Obwohl Mira sehr zutraulich ist, sollte sie von Fremden nicht gestreichelt werden, wenn sie einen Befehl ausführt. Sonst ist sie abgelenkt", sagt Trainer Karlheinz Ferstl, während er das Duo genau beobachtet. "Es ist wirklich schön, dass der Hund hilft, wieder mehr Selbstständigkeit zu erlangen." Und die dunkle Welt von Claudia Lackerbauer etwas heller macht.

 

52 Jahre ist das OÖN-Christkindl tätig. Die Aktion wurde von Mitarbeitern gestartet, als ein bewegender Weihnachtsbrief eines Mädchens die Redaktion erreichte. Anfangs wurden Spielsachen, Bekleidung und Lebensmittel persönlich zu Familien gebracht.

92 Großspender beteiligten sich im vergangenen Jahr an der Christkindl-Aktion und kamen in die OÖN-Zentrale nach Linz sowie die Außenredaktionen und stellten dem Christkindl exakt 260.524,24 Euro zur Verfügung. Im Vergleich zu 2014 waren das um 19.224,24 Euro mehr.

1248 Familien aus Oberösterreich konnte im vergangenen Jahr durch die Hilfsaktion der OÖN unterstützt und auch ihr Weihnachten verschönert werden. Insgesamt erreichte das Christkindl-Team 1742 Hilfsansuchen, die von Betroffenen oder von Gemeinden, Vereinen oder Organisationen gestellt wurden.

532.941,11 Euro haben die Oberösterreicher bis Ende April 2016 an die Solidaritätsaktion der OÖNachrichten gespendet. Damit konnte der bisherige Rekordwert aus 2014 um etwa 13.900 Euro übertroffen werden. Wir danken hiermit den zahlreichen Unterstützern im Namen aller Spendenempfänger sehr herzlich!

 

 

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25. April 2024