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Bulgarien und seine Goldschätze

Von Roswitha Fitzinger, 18. April 2017, 00:04 Uhr
Bulgarien und seine Goldschätze
In der größten und bedeutendsten orthodoxen Klosteranlage Bulgariens, in Rila, leben heute elf Mönche, im 18. und 19. Jahrhundert waren es bis zu 300. Bild: OÖN/rofi

Thraker, Römer, Griechen, Türken – alle haben sie ihre Spuren in Bulgarien hinterlassen. Von seiner bewegten Geschichte zeugen heute zahlreiche Kulturdenkmäler und archäologische Schätze. Roswitha Fitzinger war unterwegs in einem Land, in dem nicht nur der Goldstrand zu glänzen vermag.

Die Streifen auf Bulgariens Landesflagge mögen im Wind zwar in Weiß, Grün und Rot flattern, doch eigentlich müsste das Land im Osten der Balkanhalbinsel eine andere Farbe vor sich hertragen. Eine Goldspur zieht sich wie ein roter Faden durch das ganze Land. Auch wenn die Zeiten nicht immer rosig waren, so hat die Vergangenheit in Bulgarien doch goldene Spuren hinterlassen.

Wer die Reise in Varna beginnen lässt, ist von Bulgariens Touristenziel Nummer eins, dem Goldstrand, zwar einige Kilometer entfernt, doch auch die Perle an der Schwarzmeerküste, wie die 350.000-Einwohner-Stadt noch genannt wird, glänzt gülden. Ein Baggerfahrer stieß vor 45 Jahren beim Ausheben eines Grabens westlich des Zentrums auf ein Gräberfeld. Archälogen legten eine Nekropole mit knapp 300 Gräbern frei. Gefunden haben sie aber nicht nur Gebeine und Keramikteile, sondern auch mehr als 3000 Schmuckstücke aus reinem Gold mit einem Gesamtgewicht von sechs Kilogramm, datiert aus dem 4. Jahrtausend v. Chr. Auf das "älteste Gold der Menschheit" kann heute im Archäologischen Museum der Stadt und im Historischen Museum in Sofia ein Blick geworfen werden.

Urlaub in Bulgarien
"Sehr positiv überrascht" von den Sehenswürdigkeiten, den Strände, der großen Anzahl der Hotels und Unterkünften sowie dem kulinarischen Angebot Bulgariens waren Mitarbeiter der Restplatzbörse. Bild: OÖN/rofi

 

Sonnenhungrige Goldjäger dagegen werden sich in Varna vermutlich eher auf der breiten Fußgängerzone in Richtung Sandstrand bewegen – beginnend an der Muttergottes-Kathedrale mit ihren beinah protzig wirkenden Kreuzen auf den goldenen Kuppeln, vorbei am Schauspielhaus, den bunten Bürgerhäusern vergangener Jahrhunderte und den Betonbauten der kommunistischen Ära hin zum Meeresgarten. Die aus dem 19. Jahrhundert stammende und ständig erweiterte Parkanlage endet an der Strandpromenade, wo die ersten Sonnenhungrigen bereits ihre Füße in den Strand graben oder sich in einen der zahlreichen Lokalitäten treffen.

Bulgarien und seine Goldschätze
Auch die Messe- und Universitätsstadt Plovdiv (2019 Europäische Kulturhauptstadt) besitzt eine kunstvoll verzierte orthodoxe Kathedrale. Bild: OÖN/rofi

Alles Rose – alles rosa

Auf dem Damascena-Anwesen herrscht um diese Jahreszeit dagegen noch beschauliche Ruhe. Die gleichnamige indische Rosenart hat ihre rosa Blüten und ihren betörenden Duft noch nicht entfaltet. Erst Ende Mai und Anfang Juni werden die zwölf Kessel von Bulgariens erster privater Rosenöl-Destillerie mit reinstem Quellwasser und jeweils bis zu 500 Kilo Rosenblüten gefüllt – gepflückt mt der Hand, frühmorgens, wenn die Farbe am intensivsten und der Ölgehalt am höchsten sind. Zwei Stunden dauert das Verfahren, bei dem, ähnlich dem Schnapsbrennen, zweimal destilliert wird, bis am Ende "Bulgariens Gold" aus dem Röhrchen tropft. Es soll Zeiten gegeben haben, da wurde hierzulande das Rosenöl mit Gold aufgewogen. Heute sind es Kilogramm. Um ein Kilo dieser wertvollen Essenz zu gewinnen, braucht es drei bis fünf Tonnen Rosenblüten und – so man es erwerben will – zwischen 8000 und 13.000 Euro.

Rosen und Thrakerkönige

Seit mehr als 300 Jahren wird hier im Rosental in der Mitte Bulgariens Rosenöl destilliert. Der fruchtbare Boden, die windgeschützte Lage mit dem Balkangebirge im Norden und dem südlichen Mittelgebirge schaffen die notwendigen klimatischen Voraussetzungen und machten das Land zum weltweit zweitgrößten Rosenöl-Produzenten. Das ätherische Öl enthält mehr als 400 Einzelsubstanzen, von denen noch nicht alle identifiziert sind. Aufgrund seiner beruhigenden, antiseptischen, kühlenden, und zellregenerierenden Wirkung findet es sowohl als Heilmittel als auch als Kosmetikum Verwendung.

Bulgarien und seine Goldschätze
Das aus der Damaszener Rose gewonnene Öl wird als Heilmittel und als Kosmetikum verwendet. Bild: BR | Karin Straka | www.ard-wien.de

 

Doch in der Erde des fruchtbaren Landstrichs wurzeln seit Hunderten Jahren nicht nur Rosenstöcke. Der Boden diente einem der ältesten indogermanischen Völker als Begräbnisstätte. Tal der Thrakischen Könige wird das Tal der Rosen deshalb auch genannt. Zehntausende Hügelgräber sollen es im ganzen Land sein, 115 zählt man in der Gegend, elf wurden freigelegt.

Das bedeutendste Königsgrab befindet sich in Kazanlak. Als 1944 Soldaten einen Bunker ausheben wollten, stießen sie auf dieses Relikt aus dem 4. Jahrtausend v. Chr.. Die Wandmalereien im Inneren zählen zu den am besten erhaltenen Kunstwerken aus der Zeit der Thraker in Bulgarien. Wer dort hin will, findet sich zunächst in einem Vorraum wieder, wo vermutlich Pferde und Wagen lagerten, die den Toten ins Jenseits befördern sollten. Ein zwei Meter langer, enger Gang führt in die Grabkammer, die gerade einmal zweieinhalb Meter im Durchmesser misst. Die Enge lässt den Blick nach oben wandern. Wer sich in das rosettenartige Wandgemälde vertieft, erhält Einblick in das Leben der Thraker, ihre Liebe zur Musik, ihre Kampfbereitschaft. Im Mittelpunkt der Malerei steht die Beerdigung eines thrakischen Herrschers nebst Gattin, die allerdings nicht ganz freiwillig aus dem Leben schied. Die Thraker-Tradition wollte es so, dass mit dem König immer auch seine Lieblingsfrau beerdigt wurde.

Äußerst munter und lebendig präsentieren sich dagegen die Omas von Dobarsko, einem kleinen Dorf im Südwesten Bulgariens. Das Leben mag in ihren Gesichtern Spuren hinterlassen haben, doch aus den Augen blitzt die Jugend. In der landestypischen Tracht haben sie Aufstellung genommen. Ihr Singen und Tanzen ist Teil eines bulgarischen Hochzeitsrituals. Ihr Lachen ist ansteckend, vor allem als zwei der Gäste ein mit Blumen und Mustern verziertes und aus mehreren Schichten bestehendes Hochzeitskostüm übergezogen bekommen. Die Freudenschüsse beim gemeinsamen Hochzeitstanz kommen aus einer kleinen Spielzeugpistole, die "Peng-Peng"-Rufe von den Omas. Am Ende gibt es Buttermilch und eine mit Käse oder Kürbis und Honig gefüllte Köstlichkeit aus Blätterteig. Aber nicht nur der lustigen Omas wegen kommen die Besucher nach Dobarsko. Es ist eine kleine, von außen unscheinbar wirkende, halb in die Erde gebaute Steinkirche aus dem 12. Jahrhundert, in deren Innerem sich kein Zentimeter befindet, der nicht verziert wäre. Mehr als 400 Abbildungen legten die Archäologen unter einer dicken Schicht von Ruß frei. Zum Vorschein kamen nicht nur ungewöhnlich viele Abbildungen weiblicher Heiliger, sondern auch zwei ungewöhnliche Jesus-Abbildungen, die Anhänger der außerirdischen Intelligenz als Raumschiff interpretierten.

Bulgarien und seine Goldschätze
Omas von Dobarsko in traditioneller Tracht mit traditioneller Kost. Bild: OÖN/rofi

 

Überhaupt ist Bulgarien reich an ungewöhnlichen Kirchen. In dem kleinen Dorf Arbanassi oberhalb von Veliko Tarnovo zwischen Sofia und Varna steht ein weiteres derartiges Exemplar. Als Gotteshaus ist die Kirche Christi Geburt nicht erkennbar, und das hat seinen Grund. In der fast 500 Jahre dauernden Herrschaft der Osmanen im Land, brauchte es die Genehmigung des Sultans, um eine Kirche errichten zu dürfen. Die Erlaubnis war mit allerhand Auflagen verbunden. So hatte sie etwa ohne Kuppel und ohne Glockenturm zu sein. Doch der fehlende äußerliche Glanz wurde im Inneren wettgemacht: Mehr als 2000 Szenen und 5000 Figuren aus dem Alten und Neuen Testament befinden sich an den Wänden der aus einer Männerabteilung, einer Vorhalle (Frauenabteilung) und einer Kapelle bestehenden Kirche. Die Geburt und das Leiden Jesu Christi erblickt der Betrachter an den Wänden ebenso wie das Jüngste Gericht oder Adam und Eva im Paradies und außerhalb, Moses beim Erhalt der Zehn Gebote, einen Jahreskalender und nicht zuletzt ein Lebensrad mit der Sonne als Mittelpunkt, umgeben von den vier Elementen, den vier Himmelsrichtungen, den Sternzeichen, den Etappen des menschlichen Lebens. Jegliche auf die Wand geworfene Szene wissen die Experten zu interpretieren und zu erklären, nur wer dieses Meisterwerk vollbracht hat, ist unbekannt.

Kirche Christi-Geburt in Arbanassi
Und apropos Kaufkraft: Ein einwöchiger Urlaub in einem 4 Stern All-Inclusive Hotel kostet im Moment etwa 550 Euro. Bild: OÖN/rofi

Abweisend versus verspielt

Krasser noch ist der Gegensatz zwischen Innen und Außen in der Klosteranlage von Rila. Von den bis zu 2500 Meter hohen Gipfeln des gleichnamigen Gebirgszuges im Südwesten des Landes hat sich der Winter noch nicht verabschiedet, auf 1150 Metern dagegen schon. Hier am Ende eines engen, tief eingeschnittenen Tals sieht sich der Besucher zunächst einer 20 Meter hohen Steinmauer gegenüber. Wer allerdings einen der beiden kleinen Torbögen durchschreitet, dem öffnet sich ein viereckiger Innenhof mit vierstöckigen Arkadengängen verziert mit verspielten schwarz-weißen Ziegelmustern und Holzbalkonen an der Seite und einer orthodoxen Klosterkirche in ihrer Mitte, die jenen auf dem Berg Athos nachempfunden wurde. Bis ins 18. Jahrhundert bildete die Anlage ein mächtiges religiöses Bollwerk gegen den Islam der Osmanen. Nach einem Großbrand 1830 wurde das Kloster zerstört, jedoch größer und schöner wieder aufgebaut. Lediglich der 24 Meter hohe Wachturm im Innenhof stammt noch aus dem 14. Jahrhundert. Die Kirche war nun dreischiffig, der Boden mit Marmor ausgelegt und die Wände mit kunstvollen Fresken geschmückt, von denen vor allem die Darstellung des Jüngsten Gerichts in der Vorhalle und die vergoldete Ikonenwand im Altarraum beeindrucken.

120 Kilometer sind es von Rila bis zur Hauptstadt Sofia, die bei einem Bulgarien-Besuch nicht fehlen sollte. Das Zentrum bestimmen breite Boulevards, prächtige Gebäude – und die Religionen: Moschee, Synagoge und die zweigrößte orthodoxe Kathedrale auf der Balkanhalbinsel, befinden sich in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander. Mitten drin die Statue der "heiligen Sofia". Vor 17 Jahren wurde sie anstelle eines Lenin-Denkmals aufgestellt und zur Beschützerin der Stadt und des Landes auserkoren. Ihr Gesicht und ihre Krone leuchten grell in der Nachmittagssonne – golden, wie sonst.

Die Russische Kirche Hl. Nikolaj in Sofia
Ein weiterer Grund um nach Bulgarien zu reisen ist die starke Kaufkraft des Euro. Güter und Dienstleistungen kosten demnach nur etwa die Hälfte des EU-Durchschnitts. Bild: OÖN/rofi

Wissenswertes

Währung: Die Landeswährung Bulgariens ist der Lew. Ein Euro entspricht knapp zwei Lewa. Bankomaten mit Maestro-Funktion gibt es reichlich, häufig auch an Tankstellen.

Anreise: Die AUA fliegt täglich bis zu viermal nach Sofia (Flugdauer: 1,5 Stunden) und täglich einmal nach Varna (Flugdauer: 105 Minuten).

Religionszugehörigkeit: 83 Prozent der Bulgaren sind Katholiken (vorwiegend orthodox), zehn Prozent Muslime, außerdem lebt eine rasch schwindende jüdische Minderheit im Land.

Land und Leute: In dem 111.000 Quadratkilometer großen Land (Zum Vergleich: Österreich misst knapp 84.000 Quadratkilometer) leben 7,2 Millionen Menschen. Bulgarien hatte seit dem Fall des Eisernen Vorhanges mit einer starken Abwanderung zu kämpfen. Hinzu kommt eine negative demographische Entwicklung. Bevölkerungsstatistiker prognostizieren Bulgarien für das Jahr 2050 einen Rückgang auf fünf Millionen Einwohner. Bereits Zwei-Kind-Familien gelten in Bulgarien als selten.

Wein: Der Weinbau hat in Bulgarien eine lange Tradition und reicht bis in die Zeit der Thraker zurück. Es gibt fünf große Weingegenden und an die 280 Weinkellereien im Land. Vollmundiger Rotwein, fruchtiger Weißwein und süßer Dessertwein prägen die Weinkultur Bulgariens. Unter den heimischen Rebsorten sind Gamza (tanninreich), Mavrud (intensiver Roter), Dimjat (leichter Weißwein) und Misket (fruchtiger Weißer) die beliebtesten.

Rundreise: Einwöchige Bulgarienrundreise von 9. bis 16.September bei Moser Reisen um 1195 Euro. Nähere Informationen telefonisch unter 0732 / 2240; bzw. auf www.moser.at.

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