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"Der Ökostrom wird als Sündenbock für zu hohe Strompreise genützt"

Von Susanne Dickstein, 26. September 2016, 00:04 Uhr
Claudia Kemfert
Die Ökonomin Claudia Kemfert war auf Einladung des Energieinstituts der Johannes Kepler Universität zu Gast in Linz. Bild: OÖN

LINZ. Die deutsche Energieexpertin Claudia Kemfert über die schleppende Energiewende.

Die deutsche Energieexpertin Claudia Kemfert referierte auf der Linzer Uni über die Energiewende. Im Interview erklärt Deutschlands bekannteste Ökonomin, warum die Abkehr von Öl und Kohle so schwer fällt und der Ökostrom als Sündenbock herhalten muss.

 

OÖN: Wie sind Sie angereist?

Kemfert: Aus Zeitgründen mit dem Flugzeug. Ich weiß, das ist aus Klimasicht nicht die beste Variante. Aber ich spende in Klimaschutzprojekte und neutralisiere meine Emissionen.

Ihr Spezialgebiet ist die Energiewende. Wie definieren Sie diese?

Es ist eine komplette Transformation des Energiesystems im Verkehrs-, Strom- und Gebäudeenergiesektor. Das bedeutet eine Abkehr von fossilen Energien hin zu erneuerbaren und nachhaltigen Energien und Energieeffizienz. Also raus aus Kohle, Öl und letztlich auch Gas.

Diskutiert wird darüber seit Jahrzehnten. Der Fortschritt ist schleppend.

Im Stromsektor haben wir immerhin in Deutschland 30 Prozent erneuerbare Energien in den vergangenen 15 Jahren erreicht. Der Anteil wird auf 80 Prozent steigen in den kommenden Jahrzehnten. Im Gebäudeenergiebereich und bei nachhaltiger Mobilität passiert eindeutig zu wenig. Wir subventionieren beispielsweise immer noch den Diesel. Der Schienen- und öffentliche Nahverkehr und die E-Mobilität werden nicht ausreichend unterstützt.

Wer ist daran schuld: die Politik, die Konsumenten, der niedrige Ölpreis?

Ein Schuldiger ist sicher die Politik, weil in Deutschland verabsäumt wurde, eine nachhaltige Verkehrspolitik auf den Weg zu bringen. Der niedrige Ölpreis ist sicher auch Gift für die Energiewende. Das billige Benzin führt zu Verschwendung und falschen Investitionsentscheidungen. Die Konsumenten setzen nur um, was der Rahmen hergibt. Ich bin überzeugt, Autofahrer würden klimaschonende Fahrzeuge kaufen, wenn es finanziell attraktiv und eine funktionierende Infrastruktur vorhanden wäre.

Im Strombereich gibt es Fortschritte, aber die Ökostrom-Förderung ist teuer: Österreichs Haushalte bezahlen pro Jahr 120 Euro, die deutschen ungefähr das Doppelte.

Das ist eine Investition in die Zukunft. Wir schaffen Innovation, Arbeitsplätze und Wertschöpfung. Die Investitionen von heute vermeiden Kosten der Zukunft durch fossile Energien und Atomkraft. Denken Sie an die erheblichen Schäden durch Klimawandel und Atomenergie. Diese Kosten-tsunamis rollen noch auf uns zu. Die Kosten für Ökostrom sind bereits massiv gefallen, und die Technik wird wettbewerbsfähig. Für zukünftige Generationen wird es deutlich billiger.

Die Strompreise werden sinken?

Wir zahlen im Moment überhöhte Netzentgelte, in Deutschland sogar Kohlesubventionen. Das behindert die Energiewende und macht den Strom unnötig teuer. Gleichzeitig wird der Ökostrom als Sündenbock genützt, um die hohen Strompreise zu erklären. Dabei könnten die niedrigeren Börsenpreise längst an die Verbraucher weiter gegeben werden. Ist der Umbau des Stromsystems einmal abgeschlossen, haben wir eindeutig niedrigere Kosten, als wir in der Vergangenheit je hatten.

Es gibt Bestrebungen, die einheitliche Stromhandelszone zwischen Österreich und Deutschland aufzulösen. Ist das sinnvoll?

Auf gar keinen Fall, das ist eine Gespensterdebatte. Nicht die angeblich mangelnden Netze sind das Problem. In Deutschland gibt es zu viel Atom- und Kohlestrom. Der blockiert die Netze. Wir brauchen keine Preiszonen, sondern nach dem Atom- nun endlich einen Kohleausstieg.

 

Eine Karriere zwischen Uni, Politik und Talkshows

Claudia Kemfert ist Deutschlands bekannteste Ökonomin. Als Abteilungsleiterin beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat sie sich auf Energiethemen spezialisiert. Als Expertin ist Kemfert gefragter Interviewgast im deutschen Fernsehen und wäre beinahe Energieministerin in Nordrhein-Westfalen geworden.
Bis 2009 war sie als Professorin an der Humboldt-Universität in Berlin, zuvor promovierte sie an der amerikanischen Eliteuniversität Stanford über die Öl- und Energiemärkte.
Aktuell unterrichtet die 47-Jährige Energieökonomie und Nachhaltigkeit an der Hertie School of Governance in Berlin.
Der frühere EU- Kommissionspräsident José Manuel Barroso holte Kemfert als Beraterin, ebenso wie die Weltbank und die UNO. Seit 2011 ist die Energieökonomin Mitglied beim Club of Rome.
Nebenbei schreibt die Verfechterin für die Energiewende Bücher über die „Klimazukunft“ und den „Kampf um den Strom“. Als Vegetarierin verbessert sie ihre eigene Klimabilanz.

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15  Kommentare
15  Kommentare
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
barzahler (7.595 Kommentare)
am 27.09.2016 11:39

Ein Rezept von mir: Sofortiger Stop der Beitragszahlungen zu Euratom - Umleitung zu einer effizienten Forschung zum Thema Stromspeicherung. Auch die E-Autos sind Lüge - solange der Strom dazu aus Kohle- und Atomkraftwerken kommt.

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jago (57.723 Kommentare)
am 26.09.2016 10:46

Wo der Staat seine fettigen Finger drin hat, ist die Lüge und die exekutive Schmier mit dabei. Grüne Religionslehrer trampeln über die Grundlagen der Elektrotechnik hinweg und bügeln die Windflauten auf Kosten der Marktwirtschaf aus mithilfe der korrumpierten Gesetzgebung aus der Regierung.

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Gugelbua (31.805 Kommentare)
am 26.09.2016 10:31

Der abhängige Konsument wird nur getäuscht und belogen

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jago (57.723 Kommentare)
am 26.09.2016 10:52

Passivform "wird belogen".
Von den Regierenden und ihren Anhängseln in der ganzen Hierarchie.

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am 26.09.2016 10:27

Die Energiewende (=Stromwende) stirbt langsam, weil man auf ineffiziente, volatile Stromerzeugungsformen wie Wind und Solar setzt. Deren ERoEI ist lächerlich gering, viel zu gering für ein Industrieland. Deutschland braucht viel Kohle nicht wegen böser Lobbys: Man muss einen Kraftwerkspark befeuern, der immer bereit steht um die schwankenden irren Enspeisekurven der mit Vorrang ausgestatteten "Alternativen" zwischen 0-100% auszugleichen. Physik und Technik würgen letztlich das Projekt ab, nicht irgendwelche Ressourcenfehlallokationen, gierige Netzbetreiber oder Marktentwicklungen.

Ökonomisch ist die Energiewende ein riesen Umverteilungsprojekt von den Besitzlosen hin zu denen mit Besitz: Wer Land und Dächer hat, kann sich Gelddruckmaschinen wie PV-Anlagen und vor allem Windräder hinstellen. Der Rest zahlt nur - er bekommt höhere Strompreise, geringere Versorgungssicherheit und einen Totalindustrialisierung der deutschen Kulturlandschaft mit ineffizienten rotierenden Stromerzeugern.

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jago (57.723 Kommentare)
am 26.09.2016 10:58

Wer selber keine Dächer und Grundstücke hat, kann Gesellschafteranteile kaufen.

Zwar sind die Gesellschaftsverträge beim Nachlesen eine unglaubliche Schweinerei aber in der windigen Branche ist das auch schon egal. Für die üppigen Dividenden sorgt der regierende Gesetzgeber und der Stromkunde wenn nichts dazwischen kommt.

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am 26.09.2016 11:10

Alles Unfug. Ein Windrad/PV-Anlage liefert keinen Beitrag zur Stromversorgung einer Region, im Gegenteil: Die volatile Einspeisung verursacht Probleme bei der Netzstabilität, die konventionelle Kraftwerke ausbügeln müssen. Die Kunst ist nämlich ein Stromnetz aufrecht zu halten (Spannung, Frequenz, perfekte Balance zwischen Einspeisung/Verbrauch, ...) und nicht über's Jahr gesehen irgendwelche Strommengen einzuspeisen.

D.h. die Anlagen liefern der Gesellschaft keinen Mehrwert, ihr unbrauchbares Produkt wird aber durch planwirtschaftliche Verzerrungen des Marktes (Vergütungen, Einspeisevorang, ...) in den Markt gedrückt. Das führt u.A. dazu, dass konventionelle Kraftwerke (die die Arbeit machen!) unwirtschaftlich werden und die Preise und Abgaben für alle immer mehr steigen.

Jeder Wind/Solarpark müsste auch mit den entsprechenden Speichern kommen um Strom - wie ein anständiges Kraftwerk - nach Bedarf und nicht nach Wetter einzuspeisen. Das wäre aber gänzlich unfinanzierbar.

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alf_38 (10.950 Kommentare)
am 26.09.2016 11:38

Also der Stromverbrauch meiner PV-Anlage wird so gemanagt, dass ich kaum etwas liefere sondern den Großteil selber verbrauche.

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am 26.09.2016 11:58

@alf

Du versorgst dich nicht selbst und du kannst das sehr einfach selber testen: Kappe deinen Anschluss an das öffentliche Stromnetz. Dann bist Du mit deiner PV-Anlage ganz alleine. Ich nehme an, du hast eine Batterie von der Größe eines Schiffscontainers im Keller? Denn dann hast du für ein paar Tage genug Strom, auch wenn es mal bewölkt ist. Es wird aber nicht ganz einfach sein, die mit einer kleinen PV-Anlage schnell wieder zu laden, aber vielleicht hast du da ja was stärkeres.

Ansonsten: Viel Spaß in der Dunkelheit.

Der Trick besteht nämlich darin, dass du den volatilen Störstrom deiner Anlage in das Netz einspeist, welches dir aber bedarfsgerecht zuverlässig fast beliebige Strommengen liefert. Leistungsgerechte elektrische Arbeit konventioneller Kraftwerke hält das Netz aufrecht und ist mit der sporadisch anfallenden Arbeit der "Erneuerbaren" (wie deiner Anlage) nicht vergleichbar: Strommengen Erneuerbarer aufzuaddieren ist angesichts des qualitativen Unterschieds unseriös.

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am 26.09.2016 12:23

@alf

Basierend auf den gerade erläuterten Grundlagen: Deine PV-Anlage funktioniert vielleicht für dich als *Geschäftsmodell* (solange die vom Gesetzgeber formulierten marktverzerrenden Rahmenbedingungen bestehen) aber nicht als Antwort auf Fragen der *Stromversorgung*. Denn zu einer Stromversorgung trägt deine Anlage (ohne Speicher) nichts bei und gerade mit Speicher würden Aufwand und Nutzen in keinem Verhätnis zueinander stehen: Batterien, Elektronik, Kabel, Solarzellen usw. werden unter dem Einsatz von fossilen Energieträger hergestellt und der ERoEI von PV-Anlagen ist so, dass sie u.U. nicht mal die Energie einspielen, die zu ihrer Produktion benötigt wurden - speziell wenn man den Speicher dazu rechnet.

Mit deiner PV-Anlage bist du genauso wie fast alle anderen Menschen auch auf einen massiven konventionellen kraftwerkspark+Infrastruktur angewiesen. Willst du was für die Umwelt tun, zieh bitte in einen Wohnblock in der Stadt. Menschen stapeln bringt mehr Energieeffizienz...

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erich71 (1.044 Kommentare)
am 26.09.2016 09:45

Strom ist nicht teuer! Beziehe für Haushalt um 3,2 Cent/kWh!
Wer mehr zahlt sollte über Anbieterwechsel nachdenken zwinkern
Aber die Netzkosten und Steuern sind ein vielfaches!

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u25 (4.903 Kommentare)
am 26.09.2016 09:26

Die Expertin hat den grössten Preistreiber vergessen oder kennt ihn gar nicht:
Die bis zu 20 Jahren garantierte Einspeisevergütung von bis zu 50 Cent.
Was für ein warmer Regen für alle Investoren.

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jago (57.723 Kommentare)
am 26.09.2016 11:05

Die Expertin mit ihrem Professorenmonatsgehalt hält sowas für normal und gerecht.

Noch gerechter wäre allerdings ein leistungsloses Grundeinkommen bei Flaute bzw. Dunkelheit grinsen

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Motzi (4.918 Kommentare)
am 26.09.2016 13:57

Im Dummschwätzen sind solche Experten einfach nicht zu schlagen.
Das ist auch nur eine Dampfplauderin welche vom Geld anderer ausgezeichnet lebt.
Stichwort: Leistungsloses Einkommen

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mynachrichten1 (15.427 Kommentare)
am 26.09.2016 08:56

das stimmt! dafür sind die Netzgebühren um 30 Prozent zu teuer, aus dem Bauch geschätzt mit einem Kaffee am Morgen.

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