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Sarkastische Kritik an bigotter Heiligkeit, die tief bewegt

Von Michael Wruss, 01. August 2016, 00:04 Uhr
Sarkastische Kritik an bigotter Heiligkeit, die tief bewegt
Komponist Péter Eötvös Bild: K. Garas

Salzburg: 1. Konzert der Wiener Philharmoniker mit der Uraufführung von "Halleluja - Oratorium balbulum" von Péter Eötvös.

Das erste Konzert der Wiener Philharmoniker unter der Leitung von Daniel Harding präsentierte ein sehr eigenwilliges Programm. Die einzige Klammer ist, dass alle Werke von den Wiener Philharmonikern uraufgeführt wurden bzw. ist das "Halleluja – Oratorium balbulum" von Péter Eötvös an diesem Abend uraufgeführt worden.

Eötvös hat mit dem eben erst verstorbenen Péter Esterházy ein Auftragswerk der Wiener Philharmoniker realisiert, das die Tradition des Oratoriums aufgreifen soll, aber auch neue Wege in Text und Musik beschreibt. Ausgangspunkt ist einer der wichtigsten geistlichen Dichter und Geschichtsschreiber seiner Zeit – Notker von Sankt Gallen aus dem 9. Jahrhundert, aufgrund seines Sprachfehlers mit dem Beinamen "Balbulus" bedacht – also Stotterer. Und hier setzt Péter Esterházys Libretto an, das höchst sarkastisch mit dem Glaubensbegriff umgeht und ihn mit zeitaktuellen Geschehnissen hinterfragt. So spielt 9/11 eine Rolle wie das Attentat auf das österreichische Thronfolgerpaar 1914 – als gestammelte Unfähigkeit, gewaltfreie Lösungen zu finden.

So verstrickt sich der Prophet in seinen eigenen Wiederholungen, der Engel stellt die Weltordnung in Frage, und auch dem Chor fällt nicht mehr ein, als mit einem aufgesetzten Halleluja zu antworten. Ein scheinbar kurios schräg anmutendes Werk, das gerade in seinem Witz und seiner sarkastischen Kritik an bigotter Heiligkeit tief bewegt und fast selbst prophetisch das Kommende voraussagt: – "Wir brauchen Grenzen. Wir ziehen überall Zäune, wir umzäunen sogar die Zäune. Innerhalb der Zäune sind wir, außerhalb ... ja die ... die sind nicht wir." – Der Text entstand 2010/11! Péter Eötvös hat dazu eine feine Musik geschrieben, unmissverständlich in ihrer Direktheit. So sind die Halleluja-Rufe Zitate von Monteverdi, Schein, Mozart, Bruckner und Mussorgsky.

Musik, die unmittelbar anspricht

Eötvös will bewusst eine große Musik schreiben, also Musik, die unmittelbar anspricht und bewegt. Und so ist dieses – unerklärlicherweise im ersten Teil gespielte Werk – auch überdurchschnittlich gut beim Publikum angekommen. "Schuld" daran haben auch die außergewöhnliche Iris Vermillon als brillant schräger Engel, Topi Lehtipuu als vorzüglich stotternder Notker und Peter Simonischek als gekonnt selbstironischer Narrator.

Daniel Harding hat mit den Philharmonikern volle Arbeit geleistet und Eötvös’s Partitur strahlend und doch gewitzt zum Klingen gebracht. Stimm- und textgewaltig auch der Chor des ungarischen Rundfunks unter Zoltán Pad.

Der zweite Teil nahm sich fast als unnotwendiges Anhängsel aus – ordentlich musizierte Haydn-Variationen op. 56a von Brahms und das Adagio aus der X. Symphonie von Mahler. Wenn nicht die Philharmoniker "Erstmusikanten" aller drei Werke gewesen wären, fiele das Programm in die Kategorie Wunschkonzert. Dennoch war auch der zweite Teil fein musiziert, mit großartigen Soli und doch dramaturgisch am falschen Platz.

Salzburger Festspiele: Wiener Philharmoniker unter Daniel Harding mit der Uraufführung von "Halleluja - Oratorium balbulum" von Péter Eötvös, 30. 7.

 

 

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