Den "Spies" nicht umdrehen
Das Wirtshaus in Gmunden ist Schauplatz von vielen Geschichten und soll so bleiben, wie es ist
Wer nach dem Spies in Gmunden Ausschau hält, darf nicht den Fehler begehen, im Internet nach einer Homepage zu suchen. Das kann knifflig werden.
Viel leichter tut man sich, wenn man in einem der Salzkammergutromane von Bernhard Barta schmökert oder sich die Fernsehserie Schlosshotel Orth zu Gemüte führt. Am besten einfach einen Gmundner fragen. Spätestens dann erfährt man auch, dass die Weinstube oder "der Spies" eine Institution ist.
Das Traditionshaus in der Kirchengasse wurde hundert Jahre als Weinhandelshaus von der Familie Spiesberger geführt und ging 1987 in den Besitz der Familie Ötzlinger über. Das Interieur wie die Gaststube von 1930 ist original erhalten und hat sich den urigen Charme behalten. Kerzenlicht vermittelt romantische Atmosphäre – viele Jugendliche erinnern sich daran, das erste Mal im Séparée Händchen gehalten zu haben.
In der Küche, die im Frühjahr platzmäßig verdoppelt wurde, steht Sohn Peter Ötzlinger. Der Koch hat seine Lehrzeit in der Blauen Gans in Salzburg absolviert und realisiert einen gelungenen Mix aus Tradition und modern angehauchten Gerichten. Schwerpunkt liegt auf Selbstgemachtem, heimischem Wild aus freier Wildbahn und frischem Fisch vom Traunsee.
Ein Klassiker ist das zartrosa Roastbeef mit selbstgemachter Sauce Tartar (8,50 Euro): Sehr fein und zart im Geschmack. Die Traunseefischsuppe (5,70 Euro) ist etwas würziger und weist durch die Tomaten eine fruchtig -saure Note auf.
Fisch wird immer nur frisch angeboten, ist aber aufgrund der begrenzten Menge rasch aus. Erfreulicherweise konnte man sich die letzte Portion Reinankenfilets auf Kräuterrisotto (18,90 Euro) sichern.
Ein guter Fang, wie sich herausstellte. Die Filets wurden kross angebraten und schlagen in Kombination mit cremig-körnigem Reis gekonnt eine Brücke ins mediterrane Gefilde.
Das Wiener Schnitzel vom Schwein (14,80 Euro) gilt unter Einheimischen als bestes der Stadt: Fein souffliert, betört es durch Butterschmalz-Aromatik und wird durch einen köstlichen gemischten Salat gekrönt.
Wild ist eine Bank beim Spies. Beim Rehgeschnetzelten mit Eierschwammerl und bissfesten Tagliolini (17,80 Euro) kann man sich getrost zurücklehnen und genießen. Auch wenn die dottergelben Pilze etwas mehr sein hätten können.
Wunderbar gelingt der selbst ausgezogene Apfelstrudel mit Vanilleeis (6,50 Euro). Nicht zu teigig, nicht zu süß, sondern aromatisch ausbalanciert. So gut, dass man keine Homepage benötigt, um zum Spies zu finden.
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OÖN-Wertung: fünf von sechs Kochlöffeln
Anmerkung: Reservierung erforderlich und nur telefonisch ab 16:30 möglich. Gute Weinauswahl.
Weinstube Spies
Kategorie: Wirtshaus
Kirchengasse 3, 4810 Gmunden, Tel: 07612/67770
Ruhetag: Di., Mi.,
geöffnet nur abends
Man glaubt es kaum, in Gmundendorf kann ein Wirtshaus überleben !