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"Es waren drei Wochen in Zeitlupe"

Von Roland Vielhaber, 14. Juli 2018, 00:05 Uhr
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Bildergalerie Grubenunglück von Lassing: Bilder aus dem Archiv
Bild: (APA)

LASSING. Das Bergwerksunglück von Lassing mit zehn Toten jährt sich am Dienstag zum 20. Mal.

"Wenn ich aus dem einen Fenster schaue, fehlt mir beim Nachbarn der Rudi. Und wenn ich beim anderen rausschau, vermisse ich den Günter, den Helmut und den ... " Das Grubenunglück von Lassing mit zehn toten Kumpel jährt sich am Dienstag zum 20. Mal. "Es waren drei Wochen in Zeitlupe" und "drei Wochen, die man nicht aus dem Kopf bekommt", erzählt Fritz Stangl (70), Bürgermeister der kleinen obersteirischen Gemeinde, im OÖN-Gespräch. Nur der verschüttete Bergmann Georg Hainzl (damals 24) hatte überlebt, er war zehn Tage nach dem Grubeneinsturz in einer dramatischen Rettungsaktion geborgen worden.

"Acht der zehn Toten waren gute Freunde von mir", sagt Stangl, zum Zeitpunkt des Unglücks Vizebürgermeister. In Tagen wie diesen sind die Gedanken an die Freunde noch präsenter, Medienanfragen werden mehr, eine Dokumentation für ORF III, die am Montagabend gesendet wird, wurde gedreht.

Nicht alle im Ort wollten dafür vor die Kamera treten und reden, was an diesem 17. Juli 1998 mit einer Verkehrsmeldung begann. Die Landesstraße bei Lassing sei gesperrt, weil bei einem Bergwerk eine Grube eingebrochen wäre ...

Kurze Zeit später (gegen 11.45 Uhr) war klar: Hainzl war beim ersten Schlammeinbruch in einer 60 Meter unter der Erde liegenden Jausenkammer verschüttet worden.

"Das Wunder von Lassing"

Neun Kumpel aus dem Lassinger Talkwerk und ein Geologe vom Semmering-Sondierstollen boten sofort Hilfe an. Die Männer fuhren ein, um zu helfen und zu sichern und kamen nicht mehr wieder: Tonnen von Schlamm brachen gegen 22 Uhr in die Grube ein, an der Oberfläche bildete sich ein riesiges Loch. Vier Einfamilienhäuser und neun Wohnungen wurden mitgerissen oder zerstört. Die Körper der Männer wurden nie geborgen.

"Es waren drei Wochen in Zeitlupe"
Die Retter in Aktion Bild: APA

Die Retter in Aktion

 

Hainzl wurde zehn Tage nach dem Grubeneinbruch in erstaunlich gutem Gesundheitszustand gerettet. Das Ereignis wurde in den Medien als das "Wunder von Lassing" gefeiert. Eine deutsche Bohrfirma hatte das passende Bohrgerät besessen. Hainzl, der Kontakt mit Medien ablehnt, lebt nach wie vor mit seiner Familie in Lassing. Er habe sich sehr zurückgezogen, sagt Bürgermeister Stangl: "Ich schätze die Leute sehr für ihren Zusammenhalt, und ich habe vollstes Verständnis, dass er so lebt."

Zurück bleiben Zweifel, ob seitens der Behörden alles unternommen wurde. "Meine Töchter haben damals demonstriert, weil es mehrmals hieß, die Bohrungen werden eingestellt." Dazu kam der mediale Ansturm. "Es waren 150 Journalisten da, unser Ort hatte damals 1800 Einwohner. Alle waren mit dieser Situation überfordert." So erinnert sich Pfarrer Paul Scheichenberger im OÖN-Gespräch. "Die damalige Landeshauptfrau wollte, dass ich ein Requiem halten soll. Mitten im Gespräch kam die Meldung, dass Hainzl lebt."

Scheichenberger taufte später das Kind von Hainzl, dessen Frau war zum Zeitpunkt des Unglücks schwanger.

"Es waren drei Wochen in Zeitlupe"
Ein gewaltiger Medienansturm überforderte alle. Bild: APA

Ein gewaltiger Medienansturm überforderte alle.

Ein Gedenkgottesdienst

Im Juni 2000 wurden der Ex-Werksleiter und der Ex-Berghauptmann wegen fahrlässiger Gemeingefährdung zu acht Monate unbedingter bzw. sechs Monate bedingter Haftstrafe verurteilt. Der Abbau sei zu nahe am Talkgrund erfolgt, für einen Großteil der Abbaufläche hätte es keine Genehmigung gegeben.

Am Unglücksort befindet sich eine 2002 eingeweihte Gedenkstätte, die mit zehn Grabsteinen im Kreis und einer Laterne in der Mitte wie ein kleiner Friedhof angelegt ist. Am Mittwoch findet hier wie jedes Jahr ein kleiner Gedenkgottesdienst statt. Die Lassinger wollen dabei unter sich bleiben.

"Es waren drei Wochen in Zeitlupe"
Zehn Tage nach dem Einsturz: Hainzl ist gerettet. Bild: APA

Zehn Tage nach dem Einsturz: Hainzl ist gerettet.

 

Chronologie

17. 7. - Georg Hainzl, 24, wird um 11.45 Uhr in 60 m Tiefe eingeschlossen. Kumpel fahren in die Grube, um zu sichern und zu suchen. An der Oberfläche bilden sich Risse, ein Krater entsteht und füllt sich mit Wasser. Die Straße bricht weg, zwei Häuser versinken. 22 Uhr: Weitere zehn Bergleute sind verschüttet, sie waren in 140 m Tiefe.

25. 7. - Sondierungsbohrungen ergeben keine Hinweise auf Überlebende, die Arbeiten stehen vor dem Abbruch.

"Es waren drei Wochen in Zeitlupe"
Das Ausmaß der Katastrophe aus der Luft betrachtet: Der Krater wuchs auf 150 Meter im Durchmesser an.

 

26. 7. - Eine der letzten Bohrungen stößt früher als erwartet durch und erreicht Georg Hainzl, das „Wunder von Lassing“ ist Realität: Der Bergmann lebt.

17. 8. - Die Rettungsarbeiten werden eingestellt.

 

28. 6. 2000 - Ex-Werksleiter (8 Monate) und Ex-Berghauptmann (6 Monate) werden verurteilt, der Abbau sei zu nahe am Talgrund erfolgt.

 

OÖN-Berichte von damals:

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