Hinzenbach und das Rad der Zeit
HINZENBACH. Vorjahressieger Schlierenzauer auf Tauchstation, gelähmter Müller besucht das ÖSV-Team.
Im Skisprung-Zirkus gäbe es nicht wenige, die das Rad der Zeit um ein Jahr zurückdrehen würden, wenn sie könnten. Am 27. September 2015 hat der Sommer-Grand-Prix in Hinzenbach Station gemacht. Strahlender Sieger war damals ein gewisser Gregor Schlierenzauer, der alle Voraussetzungen mitgebracht hatte, um auch im Winter-Weltcup als "Überflieger" durchzustarten.
Weit gefehlt. Aktuell ist der Tiroler, der sich eine schöpferische Pause genommen hat, nicht nur wegen eines Kreuzbandrisses weg vom Fenster, sein Comeback nicht abzusehen. Man darf nicht davon ausgehen, dass der Titelverteidiger am Wochenende (Freitag, 17 Uhr: Training, 19 Uhr: Qualifikation/Samstag, 12.30 Uhr: Bewerb) beim Grand Prix im Eferdinger Becken als Zaungast erscheint. Gregor hat sich rar gemacht, er meldet sich nur in Monatsabständen mit seinem Blog zu Wort.
Mallorca, Stanglwirt, Seminar
Sein jüngster Eintrag "Hallo" datiert vom 3. September: "Mein Alltag wird durch das therapeutische Programm und das generelle Training bestimmt." Wir erfahren, dass der 26-Jährige im Sommer auf Mallorca und beim Stanglwirt in Going war. Dass er die Fußball-EURO und die Olympischen Sommerspiele via TV verfolgt und an einem Seminar internationaler Führungskräfte aus Politik und Wirtschaft teilgenommen hat. Und dass er viel für Tennis-Ass Dominic Thiem und Schwimm-Legende Michael Phelps übrig hat.
Lukas Müller, der vor einem Jahr in Hinzenbach als Sportler kein Leiberl im Team hatte, fährt auf einer anderen Schiene. Heute ist der Kampf um Meter und Haltungsnoten kein Thema mehr, weil sich die Prioritäten verlagert haben. Der Villacher, bei dem nach einem Sturz beim Skifliegen auf dem Kulm (13. Jänner 2016) eine inkomplette Querschnittlähmung diagnostiziert wurde, meistert sein Schicksal in bemerkenswerter Manier.
In Hinzenbach kehrt der 24-Jährige, der bereits erste Schritte gemacht hat, erstmals nach seinem Unfall auf die große Bühne der "Adler" zurück. Mentale Schmerzen beim Zuschauen werden ihm fremd sein, betont Müller: "Ich freue mich wirklich, hier dabei sein zu dürfen."
Der Kärntner erhält übrigens einen Ehrenplatz. Nach Rücksprache mit ihm und der ÖSV-Mannschaft wird Müller in den Kreis seiner ehemaligen Kollegen zurückkehren und gemeinsam mit Lokalmatador Michael Hayböck, Stefan Kraft & Co Quartier im Schloss Mühldorf beziehen. "Wir sind sehr glücklich, dass der Luki bei uns sein wird", ließ Hayböck, der sich im Wiener Windkanal den Feinschliff geholt hat, wissen: "Er gehört dazu."
Ahonen hat noch nicht genug
Das gilt übrigens auch für den unermüdlichen Janne Ahonen, der 2015 in Hinzenbach als 33. an der Final-Quali vorbeigeschrammt ist. Ob ihn sein x-tes Comeback nach Oberösterreich führt, ist noch offen. Dass er es aber selbst mit 39 immer noch drauf hat, bewies er am Sonntag bei der finnischen Staatsmeisterschaft in Lahti, wo sich der fünfmalige Gewinner der Vierschanzentournee den Titel sicherte. Jannes 14-jähriger Sohn Mico ist erst am Anfang seiner Karriere, Hinzenbach kommt zu früh. Immerhin durfte der Junior im Sommer schon FIS-Cup-Luft in Kuopio schnuppern (76., 83.).