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Hirscher: „Das waren wilde Streitereien“

Von Marlies Czerny, 21. Jänner 2012, 00:04 Uhr
Hirscher: „Das waren wilde Streitereien“
Der Dachstein im Hintergrund, der Ferdl davor: Oft schaukelt der Chef-Skilehrer von Annaberg nach Gosau. Bild: czm

Der Ferdl, der Papa von Ski-Star Marcel Hirscher, erzählt im Gipfelgespräch, wann er in seiner Vaterrolle gnadenlos wird und warum ihm die Slalomfahrer in Kitzbühel mehr Respekt abringen als die furchtlosen Abfahrer auf der Streif.

OÖN: Hast du* Angst vor dem Tag, an dem sich Marcel als Abfahrer die Streif hinunterstürzen will?

Hirscher: Nein, denn wenn er sich richtig gut vorbereitet und in Top-Zustand technischer und körperlicher Natur ist, hab’ ich weniger Angst, als wenn er mit dem Auto von Annaberg nach Salzburg fährt.

OÖN: War es von Marcel ein Bubentraum, eines Tages einer von den coolen Hunden zu sein, welche in Kitzbühel Kopf und Kragen riskieren?

Hirscher: (denkt nach) Ja. Aber meine persönliche Meinung: Ich hab’ vor einem Techniker mehr Respekt als vor einem Abfahrer (denkt noch länger nach). Weil bei einem Slalomfahrer die Bewegungsintensität, die Reaktionszeit so komplex und schnell ist. Mittlerweile sind die Technik und das Material so schnell geworden, dass der Geist der Bewegung nicht hinterher kommt. Alles läuft nur noch in Trance und in Reflexen ab. In der Abfahrt ist das anders… Da muss ich mich zurückhalten, dass ich nichts Falsches sage… Dem Mythos Abfahrt haftet natürlich das Risiko an. Und klar, punkto Gefahr, da musst du vor dem Abfahrer mehr Respekt haben.

OÖN: Auch wenn sich dein Sohn im Riesentorlauf schwer verletzt hat.

Hirscher: Ja, das kann überall passieren.

OÖN: Marcel beschreibt dich als wachendes Auge. Was beobachtet das?

Hirscher: Ich war am Anfang sehr skeptisch, als Marcel als junger Rennfahrer in die Nationalmannschaft gekommen ist, ob die Mitglieder dort den Buben fair behandeln, ihm keinen Druck aufhalsen. Aber anders als im Schülerbereich gab’s da keine Intrigen, mir hat sehr imponiert, dass die alten Haudegen so fair und hilfsbereit waren.

OÖN: Siehst du dich mehr als schützende oder treibende Kraft?

Hirscher: Ich bin die schützende Kraft, ganz sicher. Dass man natürlich ab und zu treibende Kraft ist, streite ich nicht ab. Aber ich bin eher der vorsichtige, vorausblickende, sicherheitstechnisch mitdenkende Vater als der treibende.

OÖN: Welche war die schwierigste Karrierestufe in all den Jahren?

OÖN: Marcel ist mit sehr gutem Talent gesegnet. Er ist durchmarschiert bis in die Nationalmannschaft, hat nie richtig kämpfen müssen. Er hatte großes Glück. Vor drei Jahren vielleicht, im Frühjahr, da war er richtig müde und sagte: Jetzt reicht’s mir eigentlich. Aber vom Aufhören hat er nie ernsthaft geredet.

Ferdls Handy läutet. Ein Reporter will wissen, wie es Sylvia geht, seiner Frau, die sich beim Skifahren den Oberschenkelhals gebrochen hat. Ferdl schmunzelt.

Hirscher: Nie fragt mich jemand, wie’s mir geht.

OÖN: Wie geht’s dir damit, dass das Leben der Hirschers geröntgt wird?

Hirscher: Zurzeit passt es noch.

OÖN: Ist es okay, wenn du Marcel oberkörperfrei auf dem Sportmagazin siehst und Modelfotos deiner Schwiegertochter in spe?

Hirscher: Ich hab kein Problem damit. Skisport ist in der Öffentlichkeit präsent, und darum hat die Bevölkerung ein Anrecht auf Information. Der Marcel ist 22 Jahre alt, die Laura ungefähr im selben Alter. Sie sind erwachsen und wissen schon, was sie tun.

OÖN: Du bist bei den Rennen über Atomic als Servicemann akkreditiert, nicht als Trainer des ÖSV. Gab’s da Differenzen?

Hirscher: Das Verhältnis zwischen mir und dem ÖSV ist top. Aber klar: Hätte ich nicht eine gewisse Fachkompetenz, hätte ich keine Chance. Leicht war es nicht immer im Materialbereich. Das war ein harter Kampf mit wilden Streitereien. Als Marcel bei einem dreiwöchigen Training in Zermatt war und jeden Tag anrief: „Das Material ist so schlecht, ich rutsche nur“, hab ich mir gesagt: Das passiert dem Marcel nicht mehr, dafür sorge ich. Fortan bin ich immer seine Rennski vorab gefahren, auch heute noch, bin jeden Tag im Skikeller. Da hab ich mich bei gewissen Serviceleuten nicht populär gemacht. Zum Wohle für Marcel bin ich diesen Kampf eingegangen.

OÖN: Wie weit gehst du für deinen Sohn?

Hirscher: Sagen wir so: Ein Athlet trainiert im Sommer wie ein Blöder, fährt bei Blitz und Donnerwetter mit dem Rad um das Tennengebirge, bei größter Hitze, geht im Winter ans Limit. Da muss das Umfeld auch an seine Grenzen gehen, sonst ist es unfair dem Sportler gegenüber. Da bin ich gnadenlos.

OÖN: Kannst du so ungemütlich sein? Du warst auf der Stuhlalm Hüttenwirt, bevor du mit deinem Sohn auf Tour gegangen bist. Und die gelten ja eher als gemütliche Zeitgenossen.

Hirscher: Ich war nicht der Typ Hüttenwirt, der Einkehrschwünge macht. Die Stuhlalm war eine Schutzhütte. Als das alpine Klettern am Gosaukamm zurückging wegen der langen Zustiege, tat mir das leid, weil der Kletterer der angenehme, zufriedene, hilfsbereite Gast ist.

OÖN: Mit Halbschuhtouristen hattest wenig Freude?

Hirscher: Gar keine. Schon am Telefon hab’ ich die Gäste gefragt, was sie am nächsten Tag tun wollen. Eine reine Hüttengaudi, das war mir zu mühsam.

OÖN: Was findest du in deiner Skischule mühsam?

Hirscher: Mich erschreckt, dass manche Kinder im Alter von fünf Jahren nicht mal selber aufstehen können. Einfach unvorstellbar: Sie liegen im Schnee und schreien: Mama! Papa! Oma! Die Eltern schmeißen die Kinder nur in die Skischule, damit sie selber eine Ruhe haben.

 

 

Der Mensch: Der Vater des Erfolges

Der 56-jährige Ferdinand Hirscher aus dem Salzburger Annaberg ist der erste Tempomacher in der Karriere von Marcel. Der Ferdl, wie ihn sein Bub nennt, war einst im Landescup gegen Hermann Maier Rennen gefahren. Als er Sylvia aus Den Haag beim Schneekettenanlegen half, blieb die Holländerin für immer hängen. Sie haben einen zweiten Sohn, Leon (15), er hat ein Hüftleiden. Mit zwei Kollegen führt der einstige Holzfäller und Hüttenwirt die Skischule in Annaberg. Hirschers Leidenschaft abseits von Ski-Ecken und -Kanten: Er sammelt Ölgemälde, am liebsten impressionistische.

Der Weg: Mit dem Chef-Skilehrer auf dem Hang, wo alles begann

Eines, merkt der Ferdl Hirscher eingangs an, als wir uns in Annaberg liften lassen ins Skigebiet Dachstein-West, findet er einfach zum Schreien. „Teilweise gibt es so eine extreme Ungeduld auf der Piste gegenüber Langsameren“, erzählt er vom Crashkurs mit dem Typen in der roten Jacke, der vor uns sitzt und den er eines Wintertages nach einer Verfolgungsjagd zur Rede stellte. „Viele sind so rücksichtslos, er krachte fast in unsere Skischulgruppe. Ich kann mich dann auch nicht beherrschen und schrei zurück: Du hast auch mal anfangen müssen!“

Angefangen hat hier auch der Marcel, vor 20 Jahren, an seinem zweiten Geburtstag. „Dort drüben“, zeigt der Ferdl auf den Gegenhang vis-à-vis vom Skischulbüro im Ortsteil Astauwinkl. „Ich hatte mir gerade beim Slalomfahren den Knöchel gebrochen und bin trotz Gipsfuß auf einem Bein mit ihm gefahren.“

Es war diesen Mittwoch, als die OÖN und der Ferdl für das Gipfelgespräch die Skier anschnallten. Die Sonne strahlte da noch, der Gosaukamm ragte zackig aus einer Winterwunderwelt wie der Wilde Kaiser bei Kitzbühel. Elegant zog der Ferdl flotte Schwünge Richtung Marcel-Hirscher-Rennstrecke, wo gerade sein Sohn mit Reinfried Herbst trainiert hat. In den Morgenstunden wurde die Piste für sie präpariert, schön eisig. „Bleib lieber rechts“, rät der Ferdl. Danke für den Hinweis – nur leider zu spät...

Wer in den Spuren der Hirschers fahren möchte, kann sich im Internet informieren:
www.annaberg-lungoetz.com
www.dachstein.at

 

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