Eine Freischwimmerin sucht den Flow
Jördis Steinegger aus Linz, Schwimmen: Die spät-berufene will in Rio die Uhr zurück drehen.
Wenn die Letzten wirklich die Ersten sein werden, schaut es für Jördis Steinegger in Rio sehr gut aus. Denn erst am 11. Juli bekam die Wahl-Linzerin aus Graz Grünes Licht für ihren Start im Zeichen der fünf Ringe. Für die 33-jährige Schwimmerin wird das kein Sprung ins kalte Wasser sein. Nach ihrem Antreten in Peking 2008 und London 2012 ist sie zum dritten Mal olympisch bewegt.
"Als endlich das E-Mail kam, war ich schon sehr erleichtert", sagt Steinegger, deren Antreten auf der 400-Meter-Lagen-Distanz schon länger als sicher galt. Weil die "amtliche" Bestätigung durch den Weltverband so lange dauerte, war die Rekord-Staatsmeisterin mit 120 Titeln zuletzt eher unentspannt unterwegs. Ob es ihr da noch gelingen wird, in Rio Top-Leistungen abzurufen? Steinegger: "Ich glaube schon, dass ich mich dort freischwimmen kann. Ich werde mein Rennen genießen."
Gelingt das, sollte sich für die Allroundlerin Rio ein Kreis schließen. Denn auch bei ihrem Olympia-Debüt in Peking war Steinegger als "Freischwimmerin" unterwegs. "Ich war komplett unerfahren, hab‘ nicht nach rechts und links geschaut, sondern die Atmosphäre voll genossen." Ohne Erfolgsdruck schwamm Steinegger dann österreichische Rekorde über 200, 400 und 800 Meter Freistil sowie 400 Meter Lagen. London war dann vor vier Jahren eher ein Schlag ins Wasser. "Ich war zu verkrampft und hatte auch zu hohe Erwartungen."
Jetzt will die Lebensgefährtin des erfolgreichen Linzer Olympia-Stützpunkt-Trainers Marco Wolf die Zeit zurück drehen und hofft wieder auf einen olympischen Flow.
Wie lange sie ihrem Schwimmkörper die Härten des Leistungssports noch antun wird, lässt Steinegger offen. Der innere Schweinehund würde zwar immer lauter bellen – vor allem dann, wenn die Leistung nicht passt – aber sie wäre noch "rostfrei" und keine Kandidaten für die Deponie der alten Eisen. Steinegger: "Ich betreibe eine dankbare Sportart, da gibt es wenig Verschleißerscheinungen."
Das Schlimmste am Training wäre nach wie vor der frühmorgendliche Sprung ins Wasser. Das Schwimmen selbst würde noch Spaß machen. Zumindest solange das Bundesheer ihr als Arbeitgeber Rückendeckung gibt. Dass sie nicht jünger wird und es ein Leben abseits des Spitzensports gibt, ist Steinegger natürlich auch schon längst bewusst geworden. "Ich hatte noch nie Zeit, mit meinen beiden Neffen, die jetzt drei und neun Jahre alt sind, schwimmen zu gehen. Das macht mich schon nachdenklich."
Mit ihrer Freundin Lisa Zaiser (21) hat teamintern schon die nächste Generation aufgezeigt. Eine Situation, die Steinegger das Aufhören aber nicht leichter macht. Im Gegenteil. "Wenn ich Schluss mache, ist die Lisa plötzlich der Leithammel. Das will ich ihr nicht antun."
Der OÖNachrichten-Word-Rap
Der perfekte Tag... Wenn mein Tag sich aus einer Mischung von Aktivität und Entspannung zusammensetzt, ich meine Liebsten um mich habe und ich mindestens einmal von Herzen lachen kann.
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