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"Wir sind ein bequemes Land geworden"

Von Michael Schuen, Michael Smejkal, 24. Februar 2018, 00:04 Uhr
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Langzeit-Präsident Peter Schröcksnadel (76) Bild: Gepa 

ÖSV Präsident Peter Schröcksnadel über Macht, Hierachien und das liebe Geld.

Als Präsident des Österreichischen Skiverbandes hat Peter Schröcksnadel bei den Winterspielen in Südkorea mehrere Feierabende hinter sich. Vor dem finalen Wochenende fiel die Bilanz des der 76-jährigen Tirolers entsprechend zufrieden aus.

Wie waren diese Spiele aus Ihrer Perspektive betrachtet?

Der Sport hat mir super gefallen, das Klima gar nicht: eiskalt, windig, staubig. Organisiert war es super, auch die Pisten waren bis auf den Slalomhang sehr gut.

Das mit dem ungewohnten Schnee für unsere Alpinen hören wir seit 15 Jahren. 

Das Problem ist, dass wir darauf nicht trainieren können. Wenn der Weltcup beginnt und es auch bei uns Schnee gibt, dann sind wir dort nicht vor Ort. Darauf könne sich halt mache Fahrer und manche Skimarken besser einstellen, manche weniger. Das ist keine Ausrede, sondern eine Feststellung.

Bis auf die Damen-Abfahrt waren die Alpinen aber auf dem Punkt oder? 

Sechs bis acht Medaillen waren die Vorgabe, die ist erfüllt. Es sind zwar nur sechs geworden, aber dafür mehrere in Gold.

Die Problemzone sind dafür die Nordischen, sehen Sie das auch so? 

Nicht die Nordischen, sondern die Springer. Die Kombinierer waren mit zwei Medaillen über dem Plan. Da sind die Deutschen derzeit so weit weg, die sind praktisch unschlagbar. Auch die Biathleten waren gut, mit der Medaille war nach den Ergebnissen im Weltcup nicht zu rechnen. Nur im Springen waren wir weit weg, und zwar bei Damen und Herren.

Trotzdem haben Sie zu Wochenbeginn eine Jobgarantie für Heinz Kuttin abgegeben? 

Ich hab keine Jobgarantie abgegeben! Man hat mich gefragt, ob wir ihn rausschmeißen und ich habe gesagt, dass wir das sicher nicht tun.

Wird er Cheftrainer bleiben? 

Ich diskutiere das jetzt nicht, sondern frühestens nach der Saison. Das heißt aber nicht, dass er eine Jobgarantie hat. Wir sind aber nicht beim Fußball, wo man ständig die Trainer wechselt.

Was sagen Sie zu den offen ausgebrochenen Differenzen im Springerteam?

 Wer sich auskennt, weiß, dass es die schon seit Sotschi 2014 gibt. Diese Differenzen sind prolongiert worden, das hat auf die Mannschaft keinen guten Einfluss. Die Kombinierer, die mannschaftlich nicht so gut sind wie die Springer, stehen zusammen und machen eine Medaille. Das ist bei den Springern sicher nicht der Fall.

Aber es ist doch nicht normal, dass ein Athlet kritisiert, die falsche Technik zu haben? 

Das ist ein völliger Blödsinn! Ein Athlet kann nicht kritisieren, was der Trainer tut. Er kann mit ihm diskutieren, was für ihn gut ist, ja. Ich nehme an, das hat Gregor Schlierenzauer gesagt? Es hindert ihn ja niemand daran, eine andere Technik zu springen! In allen Sportarten sieht man, dass die wirklich Guten etwas anderes tun als die meisten. Das muss man auch zulassen.

Haut der Präsident in solchen Konflikten einmal auf den Tisch? 

Das mache ich selten. Ich habe ein wichtiges Prinzip: Du darfst einem Trainer nicht dreinreden. Du kannst ihn kündigen, wenn es nicht passt, aber nicht dreinreden. Sonst kann man ja gleich den Job selbst machen.

Sind wir also vor der Heim-WM 2019 in Seefeld gut aufgestellt?

 Ein Kraft oder ein Hayböck, die haben ja das Springen nicht verlernt. Aber der Nachwuchs ist ein Problem, weil das System nicht mehr so funktioniert. In Slowenien, in Planica, da haben sie das, was wir brauchen: Die haben acht Schanzen, die haben Infrastruktur. Und wir haben gar nichts. Oder Norwegen: In jedem Kaff gibt es dort kleine Schanzen. Bei uns zerfällt eine Schanze in Mutters. In Absam, wo so viele gute Springer her kamen, gibt es gar keine Schanze mehr.

Was kann man da tun? 

Der ÖSV kann keine Infrastruktur bauen. Der ÖFB baut ja auch nicht in jedem Dorf einen Fußballplatz. Früher gab es mehr persönliche Initiativen. Warum kommen aus Göstling so viele gute Skifahrer? Weil es einen guten Klub gibt. Von diesen kleinen Zentren lebt man. Wer kommt heute schon als Skifahrer aus Lech, Zürs, St. Anton? Keiner – die kommen alle aus kleinen Orten.

 Was ist der Unterschied zu den so erfolgreichen Norwegern?

 Dort wird Sport gelebt, bei uns nicht. Das fängt bei den Eltern an, es ist halt vielen zu mühsam, die Kinder zum Fußball, auf die Pisten oder sonst wohin zu bringen. Das ist Arbeit, Aufwand. Wir sind ein bequemes Land geworden.

Kommen die Förderungen im Sport richtig an? 

Wenn ich höre, dass man Jeanine Flock vier Monate vor Olympia einen Physiotherapeuten organisieren muss, dann muss ich sagen: Den braucht sie doch das ganze Jahr! Da ist schon bei uns nicht alles ausgewogen organisiert. Ich bin für die neue Struktur, die neue Sport Gmbh, auch wenn man sicher nachschärfen kann. Aber im Beirat sitzen alle drin, die was zu sagen haben. Man muss aber auch Ziele definieren. Wenn ich Medaillen haben will, dann muss ich es so formulieren. Will ich den Breitensport fördern, muss ich das auch sagen. Nur hinterher jammern und schimpfen, wenn es keine Medaillen gibt, geht nicht. Nehmen wir unsere Geschichte her…

Welche?

 Den Skiverband. Ein Beispiel: Wir müssen auch diese tolle Kombinierer-Mannschaft querfinanzieren. Das geschieht alles mit Einnahmen der Alpinen und der Springer, wir subventionieren uns selbst quer. Wir kriegen nicht viel: 500.000 Grundförderung, gleich viel wie Handball, wir kriegen 800.000 für Wissenschaft und Forschung, geben aber 4,5 Millionen dafür aus. Und wir geben für jede Sparte zwischen 1,5 und zwei Millionen aus. Das wird alles von den Alpinen und Skispringen finanziert, nicht über öffentliche Mittel!

Der Verband hat im Moment etwas mehr als 62 Millionen Euro Budget - und sie sagen wirklich, dass nur 2,8 aus Fördergeldern kommen? 

Nicht einmal das, weil 400.000 Euro für die Behinderten sind und noch einmal etwas für die Schulen in Saalfelden. Das sind bei uns ja nur Durchlaufposten, wir überweisen das sofort weiter, das Geld gehört nicht uns. Wir bekommen 1,8 Millionen plus 400.000 Erfolgsförderung, mehr nicht.

Dabei gelten Sie als der Mann, der alle Geldquellen für den ÖSV anzapft. 

Meine Person ist scheißegal. Ich werde die Zahlen offenlegen, damit die Diskussion vorbei ist. Der Punkt ist: Uns als Skiverband sind alle den Erfolg neidig. Die freuen sich, wenn wir verlieren. In den USA oder Norwegen ist das anders, da freuen sich die Leute. Aber wir haben auch andere Zeiten gehabt.

Nämlich

Als ich das Präsidentenamt übernommen habe, da durften wir in manche Orte gar nicht mehr zum Training fahren, weil die Hotelrechnungen vom Vorjahr noch offen waren. Es fehlten die finanziellen Mittel. Wenn man in Österreich Erfolg hat wird man dafür beneidet und geknüppelt.

Dann haben wir aber zu wenig Erfolgreiche, wenn Sie als Lieblingsopfer bleiben?

 Das würde ich so sagen, ja! Aber ich weiß genau, dass Dankbarkeit keine Kategorie ist. 

Man hört im Alpinbereich von Gesprächen mit Trainern, die aktuell im Ausland arbeiten. Worauf dürfen wir uns einstellen? 

Das alles werden wir uns im Frühjahr anschauen. Aber wir sind eigentlich gut aufgestellt bei den Alpinen. Die Damenmannschaft ist halt noch jung, aber die hat viel Potenzial.

Tut das Nein zu Olympia in Innsbruck eigentlich weh?

 Ich war für Olympia, aber in Tirol eingeschränkt. Man muss sich überlegen, was Olympia dem Sport bringt. Was hat der Sport davon, wenn ich nur die alten Sportstätten adaptiere? Früher waren es ja genau die Sportstätten, die geblieben sind. Natürlich, der Olympia-Bewerber spart Geld, der Steuerzahler spart Geld, aber was hat der Sport davon?

Halten Sie eine Olympia-Bewerbung für Graz und Schladming für sinnvoll?

 Ich halte es dann für sinnvoll, wenn es mit den Sportstätten passt. Und wenn Verbände und Vereine von Beginn an eingebunden sind und man ihnen klar machen kann, was sie letztlich davon haben. Dass der Tourismus profitiert, ist keine Frage, aber noch einmal: Wie profitiert der Sport?

Im Moment gibt es nur das Bekenntnis, dass alles nichts kosten darf. 

Das geht aber nicht! Man wird gewisse Investitionen machen müssen. Und man kann die Bevölkerung nicht für dumm verkaufen, die wissen, was es braucht.

Wie nehmen Sie die Kritik am „Altherren-Verein“ ÖSV auf?

 Es heißt ja nicht, dass das Alter schlecht sein muss und die Jugend immer gut. Nicht alle Jungen sind gescheit und die Alten dumm. Es muss eine gute Mischung sein. Wir sind nicht hierarchisch aufgebaut, überhaupt nicht.

Wie bitte? Jeder weiß, dass Ihr Wort im Skisport Gesetz ist … 

Nur aufgrund der Position, die ich mir erarbeitet habe, nicht aufgrund der Macht, die ich vom Verband bekomme. Die Macht hat die Präsidentenkonferenz und das Präsidium. Und ich kann nicht einmal abstimmen.

Da stellen Sie Ihr Licht aber kräftig unter den Scheffel! 

Ich habe in 30 Jahren keine Statuten gebraucht. Warum? Weil ich immer Lösungen gebracht habe. Darum geht es. Jede Firma lebt von einem guten Chef. Das hat nichts mit Hierarchie oder Macht zu tun. Früher war es im Verband so, dass es eine Rennsportkommission gab. Da war niemand schuld, wenn es schlecht war, aber alle verantwortlich, wenn es gut war. So funktioniert das halt nicht. Da muss einer voraus gehen mit der Fahne, wie früher bei den Rittern. Das tue ich.

War es Balsam auf Ihre Wunden, dass es bei den Spielen so viel Lob von Athleten gab?

Insbesondere von Anna Gasser und Anna Veith? Die einzige Kritik und das einzige Lob, das ich akzeptiere, ist das von den eigenen Leuten im Verband. Die Athleten, Trainer, Funktionäre. Alles andere interessiert mich nicht. Solange die sagen, der Job ist gut gemacht, freut mich das. Wie bei Marcel Hirscher. Da habe ich vor sieben Jahren gesagt, das eigene Team machen wir! Weil ich halt ein Visionär bin. Ich habe auch zu Anna Veith gesagt, das wird schon wieder mit einem guten Team. Nur muss man das entscheiden und nicht Ping-Pong spielen. Das habe ich getan, nur wird das gleich als Macht ausgelegt.

 

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14  Kommentare
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bedasen (286 Kommentare)
am 24.02.2018 15:26

Es ist immer wieder lehrreich wenn geborene Funktionäre darüber philosophieren dass wir ein bequemes Land sind. Allerdings ist es verständlich, sie leben ja von der Bewegung der anderen.

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grenzwall (715 Kommentare)
am 24.02.2018 12:29

Ja, da gäbe ich dem Hr. Präsidenten sogar einmal recht. Haben wir eigentlich diese seit 2012 nach den olympischen Spielen angekündigte tägliche Turnstunde schon flächendeckend in Österreich eingeführt? Was, nein. Ja, wir sind ein bequemes Land, wenn uns eine Ledecka im Super-G und im "Brettlrutschen" die Goldene wegschnappt. Aber im Ankünden grosser Leistungen, das können unsere Olympiasportler.

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beisser (10.412 Kommentare)
am 24.02.2018 12:27

Was will man sich auch von der PlayStation- und McDonalds Generation Großes erwarten. Wenn sie nicht schon im Elternhaus mit dem "Sport-Virus" infiziert wird, später in der Schule wird sie es bestimmt nicht mehr.
Während in den skandinav.Ländern Sport mit Gesundheit in Verbindung gebracht wird, wird hierzulande dem Sport das Taferl Hobby und Freizeitvergnügen umgehängt. Und das kann man auch bequemer haben ohne zu schwitzen.

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ob-servierer (4.467 Kommentare)
am 24.02.2018 13:05

"Und das kann man auch bequemer haben ohne zu schwitzen."

Und das alles noch dazu in hochauflösender 3D-Graphik !

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beisser (10.412 Kommentare)
am 24.02.2018 13:41

Außerdem brauchen Kevin und Justin nur zwischendurch einmal kurz zum Kühlschrank gehen um Nachschub an Chips und Cola zu holen. Also ganz ohne Bewegung geht es dann doch nicht 😉😂😂😂🤣

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fischerlatein (543 Kommentare)
am 24.02.2018 18:35

Es ist leider wirklich genau so.......Bewegungsarmut überall !

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alteraloisl (2.657 Kommentare)
am 24.02.2018 09:57

Das beginnt bei den Eltern; sehr viele Kinder werden nach dem Motto verwöhnt: den Kindern soll es einmal besser gehen als uns.
Und dann kommt die Realität und der berufliche Alltag. Es werden dann alle Anstrengungen unternommen, um die Kinder in den geschützten Bereichen unterzubringen. Z.B.: in der Gemeinde, Land, Bundesbeamte, ORF, Gewerkschaft, Kammern, Energieversorger usw. Aber im internationalen Wettbewerb sind nur die tüchtigen strebsamen Menschen erfolgreich. Gott sei Dank haben wir noch einige solche auch. Leider eine Minderheit. Deshalb sind die großen Player in Österreich Großteils bereits in ausländischer Hand. Ausnahmen bestätigen die Regel.

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adaschauher (12.083 Kommentare)
am 24.02.2018 08:32

Wir sind ein bequemes Land 150.-€ für 1 Tag Schifahren für 3 Personen mit zum Teil völlig vereisten Pisten und wissen sie wo Herr Präsident?In Hinterstoder soviel zum Thema bequem!!

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deskaisersneuekleider (4.150 Kommentare)
am 24.02.2018 07:00

ein großer Nehmer und Wegschauer.

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despina15 (10.066 Kommentare)
am 24.02.2018 07:19

kann ich ihnen rechtgeben,
aber eines ist auch richtig,
wir sid ein bequemes land,
in jeder sportart!!!

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ob-servierer (4.467 Kommentare)
am 24.02.2018 09:57

Darum hat er es ja so bequem !

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jago (57.723 Kommentare)
am 24.02.2018 10:21

Er bringts in der Liste der Häufiggelesenen weit nach vorn.

Da darf er auch das "WIR" verwenden, in dem ich nicht vorkomme. Ich lese das halt so von ihm: "Ich bin der Burgvogt und dulde keinen Widerspruch". Solang ihm das die Konsumenten der Medien durchgehen lassen.

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kontrolle (2.691 Kommentare)
am 24.02.2018 10:29

Soll da Gnade gewaltet lassen werden, was meist du da @jago?

Oder eher Verständnis: Bei "WIR san net die Gscheites, ober in der Mehrheit" oder "Herz sticht Verstand (Hirn)" oder (einen Mitposter rezensierend) "Lieber in der Masse irren, als gegen sie Recht (recht?) behalten." wohl nicht ganz ernst zu nehmen, oder?

Wer das bisher tat und Ernsthaftigkeit einforderte, zahlt, oder? Gibts da eine Verjährung. Weißt du das zufällig?

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kontrolle (2.691 Kommentare)
am 24.02.2018 11:10

Sorry, heißt natürlich "rezipieren"? Freudscher? Oder eher nicht in Übung, denke ich (Anmerkung: im Ausdruck).

;)

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