Thiem steht im Finale der French Open
PARIS. Dominic Thiem hat am Freitag in Paris als zweiter Österreicher nach Thomas Muster (1995) das Einzel-Endspiel eines Tennis-Grand-Slam-Turniers erreicht.
Um 15.23 Uhr riss Dominic Thiem die Arme in die Höhe: Soeben hatte er österreichische Sportgeschichte geschrieben. Als erst zweiter Österreicher nach Thomas Muster (1995) steht er im Einzel-Endspiel eines Tennis-Grand-Slam-Turniers. Der als Nummer 7 gesetzte Thiem bezwang am Freitag in seinem dritten Roland-Garros-Halbfinale en suite den Italiener Marco Cecchinato mit 7:5,7:6(10),6:1.
Am Sonntag (15.00 Uhr/live ORF2) spielt er gegen Rafael Nadal (ESP-1). Dieser besiegte den Argentinier Juan Martin del Potro mit 6:4,6:1,6:2.
"Ein wunderschönes Gefühl"
"Es ist ein wunderschönes Gefühl, ich freue mich riesig, dass ich im Finale bin. Es ist noch ein Spiel zu absolvieren, das nicht schwerer sein könnte. Zeit zum Träumen ist danach. Aber jetzt fühle ich mich gut, jetzt bin ich sehr, sehr glücklich", sagte Dominic Thiem im ORF-Interview. Der Schlüssel zum Erfolg sei der enge zweite Durchgang gewesen, obwohl er davor im Tiebreak einen Volley zum Satzball vergeben habe.
"Das war der große Türöffner", so Thiem. Er müsse nun bestmöglich regenerieren, werde sich das zweite Semifinale anschauen, um seinen nächsten Gegner zu beobachten. "Und dann volle Kraft am Sonntag."
Thiem hat damit ein Final-Preisgeld von 1,12 Mio. Euro sowie 1.200 Zähler für die ATP-Weltrangliste sicher. Im Ranking ist ihm Platz 7 ab Montag gewiss. Den bisher einzigen Einzel-Major-Titel hatte der mittlerweile 51-jährige Thomas Muster 1995 ebenfalls in Paris geschafft.
Auch auf dem Platz hatte Thiem zum Publikum im Court Philipp Chatrier gemeint, dass ein verlorenes Tiebreak im zweiten Satz zu einem "richtig engen Match" hätte führen können. Gegen Ende des Spiels wurde der 14.911 Zuschauer fassende Centercourt auch richtig voll.
Perfekter Start
Thiem startete gleich mit ein Break perfekt in sein drittes Halbfinale beim größten Sandplatz-Turnier der Welt und ging dann in der Folge dank einer ausgezeichneten Aufschlagleistung mit 4:2 in Führung. Bei 4:3 gelang Cecchinato mit einem etwas glücklichen "Kunstschlag"-Return das 0:30 und Thiem ermöglichte dem Italiener mit einem Doppelfehler drei Breakchancen. Die wehrte er zwar allesamt ab, musste dann aber doch das 4:4 hinnehmen. Cecchinato stellte von 2:4 auf 5:4, doch Thiem drehte noch einmal auf und ihm gelang das neuerliche Break zum 6:5. Nach 46 Minuten stellte er die 1:0-Satzführung her.
Satz zwei verlief ganz ähnlich. Sehr ausgeglichene, lange Grundlinienduelle, ein ausgefuchster Cecchinato, der mit einer Fülle von Stoppbällen immer wieder punktete. Thiem vergab zunächst bei 2:2 zwei Breakbälle, danach ging es mit dem Aufschlag ins Tiebreak. Und dieses verlief ebenfalls hochklassig und hatte auch vorentscheidenden Charakter. Cecchinato gelang es immer wieder mit Stopps direkt zu punkten, dennoch erarbeitete sich Thiem bei 6:3 drei Satzbälle. Zwei vergebene Netzangriffe und ein weiterer Punkt des Italieners später war wieder alles gleich. Den vierten Satzball wehrte der (noch) Weltranglisten-72., der ab Montag in den Top 30 stehen wird, erneut mit einem Stopp-Winner ab.
Bei 7:6, 9:8 und 10:9 hatte der Außenseiter drei Satzbälle, einen davon wehrte Thiem mit dem zweiten Aufschlag, der hauchdünn noch die Linie kratzte, ab. Es war Thiem, der seinen fünften Satzball nutzte. Und diese 2:0-Satzführung war beinahe gleichbedeutend mit einem Sieg. Das Level des zuvor großartigen Sandplatz-Matches ließ deutlich nach, Cecchinatos Widerstand war doch beträchtlich gebrochen. Thiem ging rasch mit 5:0 in Führung und nach 2:17 Stunden nutzte Thiem seinen ersten Matchball zu seinem bisher größten Erfolg.
"Der Rest ist Draufgabe"
Thomas Muster, der bisher einzige Grand-Slam-Sieger im Einzel aus Österreich, hat sich via seinem Manager auf APA-Anfrage zum Finaleinzug von Dominic Thiem geäußert: "Er hat sein hochgestecktes Ziel erreicht, der Rest ist Draufgabe", meinte der 51-jährige Steirer in einem Statement.
"Natürlich ist es ihm zu wünschen, dass er gewinnt, aber sollte es heuer nicht passieren, dann wird es eben nächstes Jahr sein. Es ist einmal Tatsache, dass er sein größtes Potenzial auf Sand hat. Wenn man sich Rafa Nadal wegdenkt, dann ist er unumstritten die Nr. 1 auf diesem Belag."
Für Muster hat Thiem das gesamte Turnier "auf sehr hohem Niveau" gespielt. "Das kam nicht unüberraschend für mich, denn ich habe von Anfang an gesagt, dass ihm hier sehr viel zuzutrauen ist. Auch die Auslosung war günstiger als bei Turnieren in Rom oder Madrid. Er hat diese Chance perfekt genutzt und läutet den Generationswechsel ein."
"Es ist natürlich gut fürs österreichische Tennis und auch die beiden Herren-Turniere Wien und Kitzbühel", schloss Muster.
Tolle Leistung!
Der Sportler des Jahres, egal wie das Finale am Sonntag ausgeht!! Mich fasziniert diese unglaubliche Dichte an der Weltspitze, wahnsinn mit welcher Dynamik und Power hier teilweise gespielt wird. Ob jetzt #101 oder #5 spielt, ist für den Laien nicht zu erkennen. Umso beeindruckender dass sich Thiem jetzt schon seit 2 Jahren in den Top10 befindet, wird leider immer noch zu wenig respektiert und gewürdigt...in Österreich zählt halt nur das Schifahren (soll Hirschers Leistung aber keinesfalls schmälern...)
Ja, das sehe ich genauso wie Sie.
So lange Top Ten in einer Weltsportart, da gibt es nicht viele die das geschafft haben.
Hoffentlich schnallt es auch der ORF mal und zeigt wieder mehr Tennis. Als Tennisfan bleibt einem gar keine andere Wahl als auf Pay TV zurückzugreifen.
Sehe ich genauso. Der ORF überträgt nur sporadisch, viel zu selten. Es beeindruckt mich, dass er sich seit zwei Jahren konstant in den Top Ten hält. Leider höre ich es allzu oft, der Thiem wird kein Muster. Meine Antwort darauf immer: Welch ein Spieler ist so lange ganz vorne dabei? Also Mund zu und Dominik kann man nur gratulieren! TOP!
super geschrieben