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Russlands "beispielloses Staatsdoping"

10. Dezember 2016, 00:05 Uhr
Russlands "beispielloses Staatsdoping"
Aufdecker Richard McLaren hat sich durch den "Dopingsumpf" gearbeitet. Bild: APA

MOSKAU/LONDON. Das russische Dopingsystem war noch viel größer als gedacht. Der 150 Seiten umfassende McLaren-Report deckt auf: Mehr als 1000 Sportler griffen zu unerlaubten Mitteln.

Doping und kein Ende. Mit einem gigantischen Betrugssystem hat Moskau nach Ermittlungen der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA jahrelang Sportbetrüger beschützt. Mehr als 1000 russische Sportler sollen zwischen 2011 und 2015 zu unerlaubten Mitteln gegriffen haben. Alleine bei den Winterspielen 2014 in Sotschi war mehr als ein Drittel der russischen Medaillen-Gewinner gedopt. Das besagt der Endbericht des McLaren-Reports. Es seien damit auch alle bereits im Juli durch Fakten erhobenen Vorwürfe bestätigt, sagt der Kanadier.

1. Das Ausmaß: Gestern, 11.15 Uhr Ortszeit, im Londoner St. Pancras Renaissance Hotel: Der von der WADA eingesetzte Chefermittler Richard McLaren trat vor die Weltpresse: "Das russische Team hat die Spiele von London in einer Weise korrumpiert, die nie dagewesen ist. Das ganze Ausmaß dessen wird wohl nie bekannt werden", sagte der Rechtsprofessor aus Kanada. Die Manipulationen betreffen die Spiele 2012 in London, die Universiade und die Leichtathletik-WM 2013 sowie die Winterspiele 2014.

2. Der Vorwurf: Die Athleten sollen entweder selbst gedopt haben oder von "der systematischen und zentralisierten Vertuschung und Manipulation des Dopingkontrollprozesses profitiert" haben. Auf Seite eins des 150-seitigen Berichts des kanadischen Rechtsprofessors McLaren wurde von einer "institutionellen Verschwörung" gesprochen. Auch der Fußball ist davon nicht ausgenommen.

3. Das "Team-Work": Die Sportler hätten mit russischen Offiziellen im Sportministerium und dessen Behörden wie der Nationalen Anti-Doping-Agentur, mit dem Moskauer Kontrolllabor und dem Inlands-Geheimdienst FSB gemeinsame Sache gemacht, um Dopingtests zu manipulieren. Es seien Beweise gefunden worden, dass Dopingproben von insgesamt zwölf Medaillengewinnern der Olympischen Winterspiele in Sotschi 2014 manipuliert worden seien.

4. Erst die Spitze des Eisbergs: Der Bericht untermauerte, dass Doping in Russland "in beispiellosem Umfang" stattgefunden habe. Die Ermittler haben nach eigenen Angaben zahlreiche Interviews mit Zeugen sowie Datensätze, E-Mails und über 4000 Excel-Dokumente ausgewertet. Und dennoch scheinen die ersten Erkenntnisse erst die Spitze des Eisbergs zu sein. "Das Bild ist noch nicht komplett. Wir hatten nur Zugriff auf einen kleinen Teil der Daten und des Beweismaterials, das möglicherweise existiert", sagte McLaren.

5. Wie reagiert das IOC? Durch die Enthüllungen könnte Russland nun der im Sommer noch vermiedene Ausschluss von Olympischen Spielen drohen. Der deutsche IOC-Präsident Thomas Bach forderte als erste Reaktion einen lebenslangen Olympia-Bann für alle Dopingsünder – "in welcher Funktion auch immer". Das IOC kündigte noch gestern Nachtests von russischen Olympia-Startern an.

6. Warum werden die Dopingsünder nicht genannt? Im Bericht tauchen keine Namen von dopenden Sportlern auf. McLaren führte aus, dass es nicht seine Aufgabe gewesen sei, Einzelpersonen Doping nachzuweisen. Das obliege den Fachverbänden und dem IOC.

7. Wie reagiert Russland: Es gebe kein staatlich unterstütztes Doping-Programm, hieß es gestern aus dem Sportministerium in Moskau. "Es gibt keine Verschwörung", sagte Minister Pawel Kolobkow. "Wir werden weiter mit null Toleranz gegen Doping kämpfen." Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte, der Bericht werde genau geprüft.

 

McLaren-Report

150 Seiten umfasst der McLaren-Report. Die Ermittler werteten Interviews mit Zeugen, Datensätze, E-Mails und mehr als 4000 Excel-Dokumente aus. 1166 Datensätze veröffentlichte McLaren bei einer Pressekonferenz in London. Das Ergebnis: Unter den Gedopten sind 15 Medaillengewinner der Olympischen Sommerspiele 2012 in London, vier Teilnehmer an der Leichtathletik-WM in Moskau sowie zwölf Medaillengewinner der Winterspiele 2014 von Sotschi – darunter sogar vier Olympiasieger.

 

Reaktionen

„Die Erkenntnisse der letzten Monate sind ein Tiefschlag für den gesamten Sport. In einigen Ländern muss ein grundlegender Bewusstseinswandel hin zum eindeutigen und klaren Bekenntnis gegen Doping vollzogen werden. Alle Personen, die gemäß dem McLaren-Bericht nachweislich in Verstöße gegen die Anti-Doping-Bestimmungen verwickelt sind, müssen zur Verantwortung gezogen werden. Unrechtmäßig erworbene Medaillen und Preisgelder müssen neu vergeben werden.“
Michael Cepic, Geschäftsführer der Anti-Doping Agentur Österreich

„Es ist alarmierend zu lesen, dass 1000 Athleten als involviert identifiziert werden können, weil sie an den Manipulationen beteiligt waren oder davon profitiert haben.“
Craig Reedie, Präsident der Welt-Anti-Doping-Agentur

„Es gibt kein staatlich unterstütztes Doping-Programm, es gibt keine Verschwörung. Wir fordern konkretere Beweise, als bisher vorgelegt wurden. Wir werden weiter mit null Toleranz gegen Doping kämpfen.“
Pawel Kolobkow, Russlands Sportminister

„Die Organisatoren wollen russischen Sportlern den Sieg stehlen, damit sie nicht unter der wehenden Fahne Russlands ganz oben auf dem Treppchen stehen.“
Sergej Markow, kremlnaher Politolog

 

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