Seilschaften statt profunder Analyse: Schöttel und Herzog stehen vor der Tür

Von Harald Bartl   06.Oktober 2017

Stell dir vor, Österreich spielt gegen Serbien – und kaum jemanden interessiert’s. So lautet (leider) das Motto vor dem heutigen Abschluss-Heimspiel der Nationalmannschaft in der laufenden WM-Qualifikation (20.45 Uhr, ORF eins). "Wir sind eigentlich nur ein Nebenschauplatz. Das ist schade", sagte gestern ÖFB-Teamkapitän Julian Baumgartlinger, der auch im Namen der Mannschaft sprach – und zu hundert Prozent die Aussagen seines Teamkollegen Marc Janko ("beschämend") unterstrich. "Man kann sich davon nicht frei machen. Es müssen jetzt schnell Entscheidungen getroffen werden", sagte Baumgartlinger.

Geht es nach dem "Gangfunk" beim ÖFB, soll man sich im Gegensatz zu allen Ansagen ja ohnehin bereits entschieden haben. Peter Schöttel soll der Posten als Sportdirektor bereits versprochen worden sein. Um das am Samstag bei der Abstimmung der Landespräsidenten auch formell durchzuziehen, würden zum Beispiel die drei Stimmen aus dem Osten (Wien, Niederösterreich, Burgenland), die drei Stimmen aus der Fußball-Bundesliga sowie eine weitere aus Salzburg oder Tirol und Salzburg genügen. Es wäre dann keine Rede mehr davon, dass die vor einem Monat vom bisherigen Sportdirektor Willi Ruttensteiner geforderte Analyse noch irgendeinen Sinn oder Bestand für die Zukunft hätte. Gleichzeitig hätte man aus der Hüfte heraus geschossen und damit einen Mann bestellt, der sich um den gesamten Nachwuchs inklusive Akademien, die Trainerausbildung, Frauenfußball kümmern muss. Das Nationalteam noch gar nicht eingerechnet.

Das Bild, das man abgibt, wäre freilich desaströs. Es geht dabei gar nicht um die Namen. Egal, wie viel Erfolg Schöttel zuletzt gehabt hat, oder ob Ruttensteiner noch der richtige Mann ist: Es ist einzig und alleine die amateurhafte Vorgangsweise, die an graue Vorzeiten des österreichischen Fußballs erinnert. Die sieht eher nach Beruhigung des sogenannten "Ost-Flügels" denn nach einer profunden Analyse aus.

Leitartikel: Harald Bartl über die "Landesfürsten" im ÖFB-Präsidium

Aus einer Position mach zwei

Bei der Präsidiumssitzung am Samstag wird vorerst einmal nur die Sportdirektoren-Ebene entschieden. Ebenfalls noch nicht ganz ausgeschlossen: Dass die Position auf zwei Personen aufgesplittet wird.

Ruttensteiner war ja von den Landespräsidenten auch dafür kritisiert worden, sich zu sehr im Nationalteam zu engagieren. Für einen der beiden Posten ist auch der frühere Ried-Manager Stefan Reiter in Wiener Medien ins Spiel gebracht worden. Das ist zwar nicht auszuschließen, aber es dürfte eher ein taktisches Geplänkel sein. Reiter wird wegen seiner Direktheit in Wien zwar respektiert – aber auch gefürchtet. Er wehrte sich gestern auch. "Mit mir hat niemand gesprochen. Ich will nicht, dass mit meinem Namen Spielchen gespielt werden."

Der am Samstag präsentierte Sportdirektor soll mit der Suche nach einem Teamchef beauftragt werden. Die Hoffnung auf ein echtes, profundes Hearing, ist nach den jüngsten Ereignissen allerdings stark gesunken. Dass der Teamchef im Falle der Bestellung von Peter Schöttel nicht Andreas Herzog heißt, ist auszuschließen. Auch hier geht es nicht um die Person, sondern um das Prozedere.

Die Präsidiumssitzung morgen wird auf jeden Fall spannender als das heutige Spiel in Wien.