Zwei Ströme, ein Weg
Eine kleine Zeitreise: Eine Fahrradtour entlang der Moldau und der Elbe von Prag nach Dresden bringt vor allem Ruhe abseits des Großstadttrubels.
Das Kopfsteinpflaster ist brutal. Dicke Steine, große Lücken – ein paar Meter vom Prager Bahnhof entfernt wird deutlich, dass Tschechien kein Radfahrerland ist. Zumindest nicht die Hauptstadt mit ihren breiten Straßen, teils heftigen Steigungen und einer Verkehrsdichte, die an Linz im Stau erinnert. Mitten durch dieses urbane Labyrinth führt die Route auf dem parallel zur aufgestauten Moldau führenden Radweg mit der Nummer A2. Das Gewusel der Goldenen Stadt weicht nach wenigen Kilometern einer ländlichen Idylle. Mit dem satten Grün setzt auch das Vogelgezwitscher ein, das Radfahrer ab nun ständig begleitet. Amseln, Finken und all die anderen Singvögel quatschen von früh bis spät links und rechts des Weges, unaufhörlich. Ein Konzert, nicht nur für Ornithologen.
Mit Gegenverkehr auf dem perfekt asphaltierten Moldau-Radweg muss gerechnet werden: Viele Skater düsen mit hohem Tempo dahin. Radfahrer? Fehlanzeige!
Vorbei am Prager Zoo und an einer künstlichen Wildwasserstrecke für Kanuten steht die erste Klettertour an. Mehr als 100 Höhenmeter müssen vor Rez erklommen werden. Der Radweg entlang der Moldau ist unterbrochen und für die Durchfahrt gesperrt. Bleibt nur der 12-Prozent-Anstieg.
Als Belohnung führt die Abfahrt durch einen wunderschönen Wald, ein paar Kilometer weiter, gegenüber von Nelahozeves, beschränkt sich die Route auf einen romantischen Trampelpfad direkt neben dem Strom mit faszinierenden Felsformationen.
Wo sich Moldau und Elbe treffen
Die Burg des ersten Etappenzieles Melnik ist weithin sichtbar. Eine Übernachtung auf dem Plateau zahlt sich aus – auch wenn am Ende des Tages noch einmal kräftig in die Pedale getreten werden muss. Der Blick nach Süden auf den Zusammenfluss von Moldau und Elbe ist jedenfalls ein Muss auf dieser Radtour.
Die Hauptroute führt nach Litomerice, empfehlenswert ist freilich auch der Weg über Theresienstadt (Terezin). Die Wehranlage, die einst als Gestapo-Gefängnis genutzt wurde, ist gut erhalten. An mehreren Punkten wird der vielen Menschen gedacht, die im KZ Theresienstadt ermordet wurden. Ein Stopp lohnt sich, es gibt viele deutschsprachige Führungen.
Zwei Bahnlinien links und rechts der Elbe dominieren vor allem akustisch das Geschehen bis Usti (Aussig), danach geht’s gemächlich auf eigenen Radwegen Richtung Deutschland. Etliche Fähren pendeln zwischen den Ufern. Und überall erinnern Hochwassermarken an die Katastrophenjahre. Unterkunftgeber erzählen ausführlich über die Fluten, die sich über die Dörfer ergossen haben. Nach knapp 220 Kilometern steht der vorletzte Fixpunkt an: das Blaue Wunder, die markante Brücke über die Elbe. Der Endpunkt, die Frauenkirche, folgt 20 Minuten später.