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Zauberhand im Prosecco-Land

Von Josef Lehner, 25. Oktober 2015, 00:04 Uhr
Zauberhand im Prosecco-Land
Auf der Terrazza in den Hügeln zwischen Valdobbiàdene und Guia: Prosecco und Salsicce vom Bauern ums Eck. Bild: OÖN/lehn

Rekordernte: In der norditalienischen Provinz Treviso herrscht Feierstimmung, weil es nächstes Jahr mehr und besseren Prosecco denn je geben soll. Doch dann taucht eine Sondereinheit der Carabinieri auf.

Im Spätherbst glänzt die vielgliedrige Landschaft der Vulkankegel zwischen Valdobbiàdene und Conegliano in vielen Farben. Die beiden Städtchen verbindet die älteste Weinstraße Italiens, jene des Prosecco. In 90 Ländern der Welt wird die Weißweintraube in Form von Schaumwein oder Spumante genossen, doch in diesem abgelegenen Winkel Italiens, wo er produziert wird, verlieren sich noch immer verhältnismäßig wenige Touristen.

Deshalb gibt es noch urige Dorfwirtshäuser mit Casalinga, also Hausmannskost. Bei Angelina in Guia werden heute Wildschwein-Ragout, Trippa (Kutteln), Baccalà vicentina (Stockfisch nach Art der Stadt Vicenza) gereicht, und natürlich einige hausgemachte Paste, saisonbedingt vorzugsweise mit Pilz- oder Wildsauce. Saisonales Kochen ist hier keine zeitgeistige Mode, sondern selbstverständlich. Dazu gibt es natürlich Prosecco aus dem Krug: duftig, süffig, erfrischend.

Die Fälscher-Polizei

Ausnahmsweise ist heute bei den Einheimischen der Hauswein, das internationale Exportwunder, Hauptgesprächsstoff. Die NAS ist unterwegs, wissen sie. Das ist die Nuclei Antisofisticazione e Sanità dei Carabinieri, eine Sondereinheit gegen Fälscher. Die regionale Zeitung hat von Razzien berichtet. Sie seien sogar bei Promi-Winzern gewesen, erzählt unser Gastgeber, Weinbauer Massimo. Natürlich hätten sie rein gar nichts gefunden. Die Zeitung berichtet dagegen, mehr als eine Million Flaschen des berühmten Spumante seien beschlagnahmt worden.

Hier oben in den Hügeln ist eine Weinbauregion der Kategorie DOCG, also kontrollierte und garantierte Qualität. Wein vom vorgelagerten Flachland, das nur als DOC eingestuft ist, sei wie von Zauberhand mit anderen Etiketten versehen und plötzlich als hochwertigeres DOCG-Produkt verkauft worden. Der Grund liegt auf der Hand: 2014 hat es im DOCG eine miserable Ernte gegeben. Seit Jahren steigt der Durst nach Prosecco um rund 20 Prozent. Ist es Zauberei, dass die Verkaufsmengen größer sind, als es Rebflächen gibt?

Auf der Terrazza ist das alles kein Thema, denn da gibt es nur den Rebensaft, den der Vater der jungen Wirtin selbst produziert. Es wird der ungefilterte Prosecco in Karaffen ausgeschenkt, dazu werden fantastische Salsicce gereicht, eine unheimlich zarte und würzige Wurst des Bauernhofs, der gleich unterhalb der Terrasse liegt. Lokaler Käse und Prosciutto, luftgetrocknet oder gekocht, sind weitere Spezialitäten, ebenso exzellent wie selbstverständlich in diesem Winkel. Die Osteria alla Terrazza liegt am Ortsausgang von Valdobbiàdene, am westlichen Ausgangspunkt der Weinstraße, und ist ein Pflichttermin. Geöffnet ist allerdings nur gegen das Wochenende hin und ab dem Nachmittag. Der Genießer muss sich sehr zurückhalten, denn am Abend lädt auch so manches Top-Restaurant. Das La Cima gleich ums Eck, das Da Lino oder das Al Caminetto in Follina sind nur einige Namen. Es gibt Fischgelage mit dem Besten aus der Adria ebenso wie Fleischspezialitäten – und Paste über Paste.

Für die Nacht empfiehlt sich ein Agriturismo. Viele Weinbauern bieten hohen Wohnkomfort. Die Zahl der Hotels ist knapp. Nach einem italienischen Frühstück bringt eine Wanderung durch die Weinberge oder eine Radtour auf der kupierten Weinstraße den kalorienbeladenen Körper wieder in Schwung. Der Blick schweift über die harmonischen Bergkuppen. Beeindruckend sind die Weinstöcke steilste Hänge hochgezogen. Es verlangt viel Fleiß, die Reben zu betreuen und abzuernten. Die Menschen haben die Zauberhände, diese Kulturlandschaft zu bewahren.

Tankwagen und Dose tabu

Längst haben sie auch Hand angelegt, damit ihr Schatz nicht mehr unverschämt kopiert wird. Prosecco ist seit 2010 eine regional geschützte Marke, die hier produziert und abgefüllt sein muss. Exporte in Tankwagen sind verboten, auch das Abfüllen in Dosen, mit dem US-Starlet Paris Hilton am Spumante-Erfolg mitnaschen will.

Massimo steht hoch über Guia in seinem Weingut La Rondine und ist glücklich über die neue Ernte. Nächstes Jahr wird das Consorzio alle Kunden problemlos bedienen können. Drei Millionen Hektoliter sollen heuer produziert werden. 20 Prozent dürfen als Most in Reserve gehalten werden; sollte der Durst nach dem perlenden Rebensaft weiter steigen, wird die Gärung vollendet. Das geht per Hand.

 

Die Schätze im Hinterland der Adria-Küste

Zwischen Po und Alpen liegen die Perlen der italienischen Wirtschaft. Das bringt eine dichte, sehr schlecht organisierte Verbauung und unheimlich viel Verkehr. Zwischen Verona im Westen, Padua und Venedig im Süden, Udine im Osten und den Dolomiten im Norden stoßen wir aber auf viele kulturelle und landschaftliche Edelsteine. Wer wochenlang durch diese Provinzen zieht, sieht und erlebt viel und kennt noch immer wenig.

Bassano und Monte Grappa: In vielen Orten stoßen wir auf die Schauplätze des schrecklichen Ersten Weltkriegs, als die österreichisch-ungarische Monarchie nahe daran war, Italien zu besiegen. Der Monte Grappa nördlich der lieblichen Brenta-Stadt Bassano mit ihrer Alpini-Holzbrücke birgt viele Erinnerungen an die Schlachten und herrliche Ausblicke, an schönen Tagen bis hinaus zur Adria. Gleich nebenan liegt Marostica, mit seinen Festungsmauern und dem Stadtplatz, auf dem mit historisch gekleideten Figuren Schach gespielt wird. Über die Weinberge von Breganze geht es hinunter bis Vicenza. K.u.k. Flair verströmen die alten Festungsstädte Castelfranco und Cittadella. Ein Erlebnis für sich ist Treviso.

In die Hügel: Das Land geht nach Norden über in stimmungsvolle Hügel, den Montello und die Vulkankegel von Asolo. Caterina Cornaro, die Königin von Zypern, residierte hier. Die Region ist so reich an bunten Geschichten. Viel mehr als die Habsburger haben zuvor die Dogen von Venedig prägend gewirkt. Ihr Baumeister Palladio hat ihre Villen für die Sommerfrische gebaut – heute die stärksten kulturellen Werke zwischen Po und Alpen. Die Herrschaft der Habsburger hat unrühmlich geendet, mit dem Waffenstillstand von Vittorio Veneto. Die nette Stadt ist östliches Eintrittstor zur Prosecco-Straße.

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