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Wo geht‘s hier ins Himmelreich?

Von Bert Brandstetter, 04. Juli 2015, 00:04 Uhr
Wo geht‘s hier ins Himmelreich?
2500 Kilometer Radwege lassen sich im Burgenland befahren. Dazu gibt‘s Romantik und Ausblicke. Bild: Burgenland-Tourismus

Die Hölle, das ist ein Flecken im burgenländischen Seewinkel; das Himmelreich liegt knapp bei Purbach. Das war schon immer so. Egal, von welchen Mächten das Burgenland beherrscht wird.

Darf man im Burgenland nach der jüngsten Landtagswahl noch danach fragen? Himmel oder Hölle, wo sind die beiden Begriffe seither zu verorten? Gemeint wäre wohl der Sitz der burgenländischen Regierung in Eisenstadt, für die einen seit dem Wahltag Himmel, für andere die Hölle. Viel leichter tut man sich abseits der Politik. Die Hölle ist ein Flecken im Seewinkel (am Ostufer des Neusiedler Sees); das Himmelreich liegt bei Purbach.

Politisch mag sich Österreichs jüngstes Bundesland gar arg gedreht haben: das Land, in dem die Leute leben, ist geblieben wie eh und je. Und doch bietet es immer wieder ungeahnte Seiten. Jenen vor allem, die die Tage langsamer angehen, als man es üblicherweise tut: per Rad zum Beispiel oder, wer es leichter will: per E-Bike, dem Fahrrad mit elektrischer Unterstützung.

Rad fahren kann jeder. Selbst jemand, der viele Jahre keinen Drahtesel getreten hat. Aber E-Bike fahren? Wie startet man so ein Ding, das schwerer wiegt als ein altes Waffenrad von früher? "Wer redet denn von starten", klärt mich die Servicedame auf. "Setz dich drauf, wähl einen Gang und eine Antriebsstärke und fahr los". Aha.

Das mit den Gängen ist noch klar, aber was soll ich mit der Antriebsstärke? Eins bis drei ist möglich. Null auch. Also wähle ich zwei, mal schauen, was das Rad dann mit mir macht. Es fährt und es surrt leicht und ich spüre, dass meine Unterschenkel wenig davon spüren. Sie treten, aber lockerer als je zuvor. Natürlich, das Burgenland, windstill heute und kein Berg in Sicht. Da lässt sich auch ohne Unterstützung trefflich radeln. Nächster Gang, Antriebsstufe drei. Ich merke, wie mein Fahrzeug schneller wird. 25, 30, 35 km/h. Dann aber Stopp: betörender Duft zieht in meine Nase. Es sind die Hollerstauden, die am Rand des Radwegs jetzt in vollster Blüte stehen.

Holler, er erinnert an Sauvignon blanc, die Weinsorte, die grad hier im Burgenland so gut gedeiht. Doch wo sind wir eigentlich und wo geht unsere Reise hin? Das erste Ziel ist Mörbisch, wo gerade die Bühne für die Seefestspiele vorbereitet wird. Die "Nacht in Venedig" lässt sich schon erahnen, und damit sich die Bühne auch jeden Abend richtig dreht, besteigen wackere Männer unter der Bühne acht fix montierte Fahrräder, um mit ihrer Muskelkraft über zwei Autoreifen die tonnenschwere Last locker in Bewegung zu setzen. Kein Stromausfall der Welt kann die Aufführung noch stoppen.

Viele Radwege gibt es hier im Burgenland, 2500 Kilometer sollen es sein, ziemlich viel für so ein kleines Bundesland, und alle locker zu befahren in einem flachen Land, wo kleine Anhöhen die Namen von Bergen und Gebirgen tragen. Freilich, der manchmal starke Wind mache selbst ebene Strecken zu einem nicht zu unterschätzenden Widerstand, klärt mich einer auf, den ich mit meinem E-Bike eben locker überhole.

Der Kirschblüten-Radweg führt uns nach Donnerskirchen und dort zur neuen Genuss-Akademie. Angelehnt an die längst bewährte Ruster Weinakademie, sollen in dem alten Esterhazyschen Gutshof, in dem schon Joseph Haydn gesessen und getafelt haben soll, Liebhaber von gutem Essen zu professionellen und auch selbst kochenden Genießern ausgebildet werden.

Weiter auf der nordwestlichen Seite des Neusiedler Sees nach Purbach, das mit der einzigen Kellergasse am See aufzuwarten hat. Die Winzer des Leithagebirges geben sich hier ein Stelldichein im "Haus am Kellerplatz", einer beachtlich großen Vinothek mit einer noch beachtlicheren Schankanlage. 64 Flaschen stehen darin zur Verfügung, von jedem Winzer eine. Die Chipkarte wird zuvor geladen, in den gewünschten Sektor gesteckt und je nach Lust entschieden, wie groß die Füllmenge sein soll: schon fließt der perfekt temperierte Wein ins Glas. Nur in Moskau gebe es eine noch größere Schankanlage dieser Art, sagen uns die rührigen Betreuerinnen dieser Vinothek.

Bei Lammzüngerl und Hirn

Inzwischen wartet schon Zwei-Hauben-Koch Max Stiegl im Gut Purbach auf seine Gäste. Sein Markenzeichen sind die Innereien. Hirn, Beuschel, Lammzüngerl und sogar Hoden und Kutteln bietet der 35-Jährige schon seit neun Jahren mit Überzeugung an.

Ähnlich originell und unverwechselbar wie der Mann am Herd sind seine Kellner. Laszlo zum Beispiel, dessen elendslange Pfeffermühle fast jedem Gericht vor den Augen des Gastes den allerletzten Schliff verleiht. Wo also geht’s hier ins Himmelreich?

Irgendwo zwischen Purbach und Donnerskirchen muss es sein. Nach einigem Hin und Her und etlichen Versuchen ist der Seitenweg entdeckt. Steil geht’s hinauf, die surrenden Akkus der E-Bikes lassen hören, dass sie jetzt voll gefordert sind, während unsere Unterschenkel nach wie vor gemütlich, wenn auch etwas schneller ihre Runden drehen.

Oben, im Himmelreich, wird uns dann klar, dass der Name gut gewählt ist.

Endlich im Himmelreich

Der sagenhafte Ausblick hinunter auf den See, schemenhaft zu sehen auch das ungarische Land. Den Abschluss bietet uns Fritz Tösch am Nyikospark in Neusiedl. Der ZweiHauben-Koch gilt als der Grandseigneur am See. Früher gingen in seinem Haus Offiziere ein und aus, deren ehemaliges Casino dient ihm und seinen Gästen jetzt als gefragte Einkehrstätte.

Fast schweren Herzens trennen wir uns von den Elektrorädern. Sie haben uns das Gefühl gegeben, durchaus sportlich unterwegs zu sein, wenngleich…, wenn die Alternative wäre, gar nicht zu radeln, sind sie doch wärmstens willkommen.

 

Gute Tipps

Sieben Radrouten gibt es durchs Burgenland. Die jüngste wird mit der Österreich-Rundfahrt dieses Wochenende eröffnet: der Festivalradweg, vorbei an Mörbisch und St. Margarethen und über Eisenstadt. Er ist 65 km lang. Seit 16. Mai schon in Betrieb ist der längste Radweg (260 km) im Südburgenland. Die Paradiesroute streift drei Naturparks und die Flusslandschaften der Raab und Lafnitz.

Burgenland-Card: Um 59 Euro bietet das Burgenland seinen Gästen (Kinder 29 Euro) eine Gästekarte, die fast 100 Attraktionen kostenlos oder stark verbilligt zugänglich macht.

Guide: 400 Top-Adressen rund um den Neusiedler See bietet der neue Genuss-Guide der Zeitschrift „Vinaria“ um 4,60 Euro. Hotels, Restaurants, Buschenschänken, Winzer und Erzeuger sowie Vermarkter von Genuss-Produkten sind darin aufgeführt. www.vinaria.at

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