Winterstimmung auf Rügen
Die deutsche Ostseeinsel bietet in der kalten Jahreszeit ein Erlebnis zwischen Sturm und Stille, zwischen Natur pur und Verwöhnprogramm.
Rollkragenpulli, Daunenjacke, Schal, Mütze. Das ist die Kleiderordnung, denn es kann stürmisch werden im Herbst und Winter in Binz. Dort ist es jetzt besonders erholsam, und das Ostseebad wie die ganze Insel bezaubert mit wildromantischem Charme, zu günstigeren Preisen.
"Herbst und Winter bei uns schätzen immer mehr Leute, die Ruhe und Entspannung suchen", sagt Tina Pellegrin. Die 26-Jährige mit den langen blonden Haaren muss es wissen, stammt sie doch aus einer alteingesessenen Familie; ihre 95 Jahre alte Urgroßmutter hat den Job als letzte Leuchtturmwärterin Rügens versehen. Die Urenkelin und ihre Mutter Yvonne sind die einzigen weiblichen Bernsteinfischer hier. Jetzt beginnt "ihre" Jahreszeit. "Dafür braucht man gute Stürme, die mit den Wellen den Bernstein an den Strand treiben." Diese Schatzsuche ist auch ein Extra-Vergnügen für Gäste. Wer öfter hier war, der weiß: Wer fündig werden will, muss früh aufstehen. Wind und Kälte lassen sich im Bernsteinfieber leicht vergessen.
Tagsüber ist die vier Kilometer lange Strandpromenade Meditationsstrecke, in der man ungestört seinen Gedanken nachhängen kann. Tief einatmen. Gedanken in den Wind schicken. Gesund ist das.
Ein Muss ist die Aufwartung beim blaublütigen "Rügen-Erfinder" Fürst Wilhelm Malte I. zu Putbus in seinem Jagdschloss Granitz mit der berühmt-berüchtigten Wendeltreppe bis unters Turmdach. Nichts für nicht Schwindelfreie. Aber wer den Aufstieg geschafft hat, wird mit Panoramablick belohnt. Der Fürst hatte 1830 die Idee, blaublütigen Gästen Naturerlebnisse zu bieten; Initialzündung für den Tourismus. Denn alsbald entdeckten auch "Bürgerliche" den Reiz. 1876 eröffnete das erste Hotel. 1902, damals eine Sensation, ragte die erste Seebrücke fast einen halben Kilometer weit ins Wasser der Ostsee, elektrisch beleuchtet. Von hier ist der Blick auf die Perlenkette schneeweißer Strandvillen entlang der Promenade besonders eindrucksvoll.
Nach langem Spaziergang kommen ein paar Entspannungsrituale in einem der zahlreichen Wellness-Tempel gerade recht. Wer’s exotisch mag, wählt Shea-Butter-Peeling, eine hawaiianische Lomi-Lomi-Massage oder andere exklusive Behandlungen. Aus Tiefen von mehr als einem Kilometer unter dem Küstenwald sprudelt die Binzer Thermalsole-Quelle. Sie gilt als die reichhaltigste Seeküsten-Jodquelle Europas. Anfang der 1990er Jahre hat man das heilsame warme Wässerchen erschlossen.
Rügener Natur-Heilkreide
Auch die Anwendungen mit Rügener Natur-Heilkreide (Foto) sind eine Sensation. Mit Wasser vermischt, wird sie auf den Körper aufgetragen. Solch eine cremige, warme Packung soll von Schlacken befreien. Wird der Mix durch Stutenmilch, Rapshonig und ätherische Öle aufgepeppt, fördert das die Durchblutung, hilft bei Verspannungen und Hautproblemen.
Und wer zuvor ein Stückchen Bernstein gefunden hat, ist wieder bei Tina an der richtigen Adresse. In ihrem Laden werden die privaten Fundschätze zu Anhängern oder anderen Schmuckstücken verarbeitet. Vorausgesetzt, die Steine sind groß genug.