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Über Kuba weht der "wind of change"

Von Martin Duschek, 20. September 2014, 00:04 Uhr
Über Kuba weht der "wind of change"
Das Kapitol von Havanna ist exakt einen Meter höher als jenes in Washington. Auf der Hauptstraße davor wimmelt es von "Coco-Taxis", den kubanischen Tuk-Tuks. Bild: Duschek

Wer einzigartige karibische Leichtigkeit gepaart mit dem morbiden Charme des letzten sozialistischen Wohlfahrtsstaates erleben will, sollte sich beeilen. Der "Wind der Veränderung" weht bereits über Kuba.

Havanna präsentiert sich bunter, fröhlicher und ausgelassener denn je. Private Restaurants wie das Paladar "La Guarida" bieten karibische Speisen fast schon auf Gourmetniveau an. Das Hähnchen im Honigmantel schmeckt dabei ebenso lecker wie die Riesengarnelen oder das hausgemachte Kokoseis. Zum Digestiv besuchen wir das "El Cocinero", neben einem jungen Zentrum für Modern Art.

Das Lokal ist - wie die Kunstgalerie - in einer aufgelassenen Fabrik untergebracht. Die Bar unter freiem Himmel betreten wir über eine Wendeltreppe im ehemaligen Schlot. Aus der Bose-Anlage rieselt Loungemusik à la "café del mar", und das Ambiente unter tropischem Sternenhimmel würde auch in Berlin oder Paris als "megacool" gelten. Havanna ist im 21. Jahrhundert angekommen.

Die Gäste hier sind Ausländer oder zählen zur neuen kubanische Mittelschicht, die auf den privatwirtschaftlichen Zug aufspringen konnten. Bezahlt wird ausschließlich mit CUC, Pesos Convertible, wie die an den US-Dollar gebundene Währung heißt. Diese existierte ursprünglich nur für Touristen, hat aber den CUP, den Kubanischen Peso, in den letzten Jahren praktisch völlig verdrängt. Höchstens am ländlichen Gemüsemarkt bezahle man noch mit der "Revolutions-Währung", erzählt Bobby, unser einheimischer Guide, in Havanna bekäme man nichts mehr dafür. Die lukrativste Möglichkeit, um an die begehrten CUCs zu kommen, besteht in der Privatzimmervermietung. Die "Casa Particular", die kubanische Version von Bed & Breakfast, sind seit 1995 erlaubt und seit einigen Jahren auch steuerlich attraktiv.

Das hat zur Folge, dass in touristischen Regionen wie im nordwestlichen Vinales-Tal mehr als 90 Prozent der Bewohner auch Zimmeranbieter sind. In Qualität und Sauberkeit übertreffen die Privaten die staatlichen Hotels bei weitem. Deshalb bringt Cuba Real Tours, der führende Anbieter für Rundreisen auf Kuba, seine Gäste auf manchen Touren vollständig in Casa Particular unter. Wir testen die kubanische Gastfreundschaft in einem der schönsten Kolonialstil-Städtchen der Insel, im UNESCO-Weltkulturerbe Trinidad.

Noemi und Otto, unsere Gastgeber, sprechen nur ein paar Fetzen Englisch, aber mit Händen und Füßen gelingt eine reibungslose und herzliche Kommunikation. Stolz posieren sie für ein Foto unter dem blauen Anker, dem Symbol, das private Vermieter am Haus anbringen müssen. Auch in Trinidad, das heuer sein 500-Jahr-Jubiläum feiert, lacht der Anker von fast jedem der Altstadthäuser, die sich an mit groben Steinen gepflasterten Straßen um Stadt- und Domplatz schlängeln.

Kuba bietet weit mehr als karibischen Badeurlaub. Auf Schritt und Tritt begegnen wir der spanisch-französisch-britischen Vergangenheit. Stadtzentren wie jenes von Cienfuegos überraschen mit wunderschönen Plätzen und historischen Gebäuden wie dem Terry Theater, wo einst Caruso auf der Bühne stand.

Die Fahrt über das grüne, fruchtbare Land erinnert aber auch an die dunkle Vergangenheit, als Sklaven auf den Zuckerrohrfeldern Frondienste leisteten. Als Mahnmal steht noch der Sklaventurm "Torre Manaca Iznaga". Einst zur Einschüchterung der Leibeigenen und Überwachung der Plantagen in der Macizo de Guamuhaya errichtet, dient er heute Touristen als Aussichtsplattform. An seinem Fuße verkaufen Nachfahren der Sklaven bestickte Tisch- und Bettwäsche – natürlich gegen harte CUCs.

Glorifizierter "Che"

Die Geschichte Kubas ist eine mehr oder weniger brutale Form der Ausbeutung. Unter diesem Gesichtspunkt wird die Verehrung der Person Ernesto Rafael Guevara de la Serna oder Che Guevara verständlich. Die Ikone "Che" verfolgt Besucher überall, blickt mit immer gleicher, stierer Miene von Hauswänden, Schildern, Kühlschrankmagneten und Plunder der Souvenirindustrie. Umso ergreifender ist der Besuch seiner monumentalen Gedenkstätte in Santa Clara. Auf dem mächtigen, breiten Altar steht sein alt wirkendes Bronze-Abbild, das trotz der Maschinenpistole eher an den 70-jährigen Reinhold Messner erinnert, als an den jungen, idealistischen Arzt. Das kleine Museum unter der Plattform erzählt erfrischend neutral die Lebensgeschichte des "Che", bevor der Besucher das Mausoleum betreten darf.

Zurück in die Gegenwart bringt uns der Besuch einer Tabakplantage. Die Seele einer kubanischen Zigarre besteht aus vier in unterschiedlichen Lagen getrockneten, ungeschnittenen Blättern der Tabakpflanze sowie aus einem Deckblatt, das unter Sonnenschutz heranwächst.

"Das habe ich von Fidel"

Während der Zigarrendreher uns alle Handgriffe vorführt, steht ein schüchternes Mädchen abseits. Die Tochter des Tabakbauern, so erklärt uns Bobby, war taub geboren. Aber sie hat ein Gerät, mit dem sie nun hören kann und sprechen gelernt hat. Auf einen Blick erkenne ich das ältere Cochlea-Implantat und erzähle, dass ich aus dem Land komme, wo dies hergestellt werde. "Nein", verbessert mich die Kleine, "das habe ich von Fidel bekommen!"

Den Ausklang einer aufregenden Reise über mehr als 1800 Kilometer kreuz und quer durch Kuba gönnen wir uns auf Varadero. Auf der rund 20 Kilometer langen Halbzunge hinaus ins türkis schimmernde Meer reihen sich Clubanlagen internationaler Anbieter, die hier im Joint-Venture mit der Regierung den Traumstrand für den Tourismus erschließen. Spitzenreiter ist die spanische Hotelkette Meliá, die mit dem "Paradisus Princesa del Mar" und dem Jachthotel "Meliá Marina Varadero" internationale Maßstäbe setzt. Natur, Meer, Kultur, Musik – mit einer Mischung aus karibischer Lebensfreude und dem lasziven Charme des sozialistischen Systems verzaubert Kuba – die berechtigte Frage lautet: "Wie lange noch?"

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