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Tour de Mur

Von Edmund Brandner, 23. Mai 2015, 00:04 Uhr
Tour de Mur
Geschichtsträchtige Kulturlandschaften entlang der Mur Bild: Tom Lamm

Von den Hohen Tauern bis zu den Auwäldern an der slowenischen Grenze: Der Murradweg erschließt die Steiermark in ihrer ganzen Vielfalt. Nur bergab geht es nicht immer.

Wie jeder weiß, teilen wir Oberösterreicher uns mit den Steirern den Dachstein und die Enns. An der Mur lassen sie blöderweise andere Länder mitnaschen (Salzburg, Slowenien, Kroatien). Aber was man nicht hat, das lässt sich erobern. Am besten mit dem Fahrrad.

Also fuhren wir den Murradweg hinab. Die Reise führte uns von St. Michael im Lungau (1075 Meter Seehöhe) bis Bad Radkersburg (209 Meter) an der Grenze zu Slowenien. Man kann es auch so sagen: vom Nationalpark Hohe Tauern über das obersteirische Industrierevier und die Metropole Graz bis zur zweitgrößten Aulandschaft Österreichs an der slowenischen Grenze. Oder von Kasnocken bis zum Kernöl. Oder von Murauer Bier über Gösser (Leoben), Puntigamer (Graz) bis zum Heckenklescher an der Grenze zu Slowenien. Wir sehen: Dem Pedalritter wird nicht fad entlang der Mur.

Tour de Mur
Immer dem Wasser nach, lautet die Devise.

Immer dem Wasser nach, lautet die Devise.

Kalt allerdings auch nicht, denn der Murradweg geht keineswegs nur bergab. Weil der Fluss am Oberlauf die Radfahrer oft auf die Hänge hinaufdrängt, gilt es bis Bruck (an der Mur, versteht sich) etliche Höhenmeter zu erstrampeln.

Dennoch zählt der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (adfc) den Murradweg zu den drei schönsten Radwegen in Österreich. Weil er perfekt ausgebaut ist, weil Radreisende eine vorzügliche Infrastruktur vorfinden, weil die Route abwechslungsreich wie kaum eine andere ist (viel kontrastreicher etwa als der Donauradweg). Und weil so viele Attraktionen am Wegesrand zum Verweilen einladen.

Murauer Brauerei

Die Brauerei in Murau und das angeschlossene Brauereimuseum zum Beispiel. Seit 1495 wird mitten in der historischen Altstadt Bier gebraut. Aber nicht nur deshalb sind die Murauer stolz auf ihre Brauerei. Als Genossenschaftsbetrieb konnte sich das Traditionsunternehmen seine Unabhängigkeit bis heute bewahren. Und noch etwas ist besonders am Murauer Bier:

Als erstes in Österreich wird es ausschließlich mit Hilfe von Energie aus Hackschnitzel gebraut. "Murau lebte zwar immer vom Holz", sagt Martin Bacher, Umweltbeauftragter der Brauerei. "Aber als wir auf Biomasse umstiegen, betraten wir technisches Neuland. Jetzt sparen wir damit 750.000 Liter Heizöl pro Jahr ein."

Tour de Mur
Martin Bacher von der Murauer-Brauerei

Martin Bacher von der Murauer-Brauerei

105 Kilometer weiter flussabwärts, in Bruck an der Mur kann der Radreisende erleben, wie eine krisengeschüttelte Industriegegend sich neu erfindet. Der Absturz der Staatsbetriebe in den 1980er-Jahren zwang die Menschen zum Umdenken. Anstelle der trägen Industriemoloche gibt es jetzt pfiffige High-Tech-Firmen, die in alle Welt exportieren. Aber auch ihre Liebe zum Fluss entdeckten die Leute neu. "Früher war die Mur eine Kloake", sagt Stadtmanager Andreas Steininger. "Heute hat der Fluss wieder Trinkwasserqualität und wird als Lebensader neu entdeckt." Das ehemalige Scherbenviertel am Ufer verwandelt sich gerade in eine feine Wohngegend – ein stilles Refugium mitten in der Stadt.

Fahrrad-Dorado

In Graz fühlten wir uns sofort pudelwohl, denn dort wimmelt es nur so von Radfahrern. 14 Prozent aller Verkehrswege werden in der steirischen Landeshauptstadt mit dem Velo zurückgelegt. In Linz sind es nur halb so viel. Grund für den Unterschied: Die Grazer Stadtpolitik nimmt Radfahrer ernst, Verkehrspolitik ist nicht nur Autopolitik. Es gibt ein klug austariertes Nebeneinander aller Verkehrsteilnehmer, das ständig weiterentwickelt wird.

Aber die Grazer Radfahrer setzten sich auch ein für ihre Interessen und legten sich dabei durchaus mit dem Establishment an. 1893 gründeten mutige Grazerinnen den ersten "Damen-Bycicle-Club" am Kontinent. Zur Empörung sittenstrenger Kreise zeigten die Pionierinnen damals Waden.

Tour de Mur
Vorbildlich beschildert

Im Juni 1980 griffen Radfahrer zur Selbsthilfe. Weil die Stadtgemeinde eigene Fahrradspuren auf den Straßen verweigerte, markierten Aktivisten in einer illegalen Nachtaktion den Asphalt mit Hilfe gebastelter Schablonen selbst. Der motorisierte Mob schäumte, und es setzte eine Anzeige, doch der damalige Planungsstadtrat Erich Edegger (VP) reagierte genial: Er kaufte den Aktivisten ihr Werkzeug demonstrativ ab und band sie in die Verkehrsplanung ein. "Das war der Beginn einer wunderbaren Entwicklung", sagt Irmgard Pferzinger, eine Grazer Fahrradaktivistin, die Touristen spezielle Fahrradführungen durch die Stadt anbietet und sie dabei auch über den "Erich-Edegger-Steg" führt – eine Radbrücke über die Mur, die an den visionären Förderer der Grazer Radfahrer erinnert.

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Attraktion in Mureck: Eine der letzten Schiffsmühlen

Attraktion in Mureck: Eine der letzten Schiffsmühlen

Hinter Graz wird die Landschaft flach – aber nicht eintönig. Wir fuhren an endlosen Kürbisfeldern vorbei und in Gralla am Haus des Bombenlegers Franz Fuchs. In Mureck aßen wir in der Buschenschank Kolleritsch die schärfsten Sauren Käferbohnen außerhalb Mexikos, weil der Padrone Chilis züchtet und auf Wunsch gerne auch zur Anwendung bringt. In der Gemeinde Obervogau stießen wir mitten im Auwald auf den einsamsten Imbissstand der Welt: Hannes Rath (56), der Betreiber des "Murstadls", bereitet sich dort seit 15 Jahren mental auf seine Pension vor.

Mur zu Mura, Puh zu Puch

Und schließlich kamen wir nach einer Woche in Bad Radkersburg an. Hier wechselt die Mur ihre Staatsbürgerschaft und nimmt den slowenischen Namen Mura an.

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Johann Puchs Erbe ist auf den Straßen von Graz dauerpräsent.

Johann Puchs Erbe ist auf den Straßen von Graz dauerpräsent.

In der Thermenstadt stießen wir in der Langgasse auch auf eine ehemalige Schlosserei, in der vor mehr als 140 Jahren ein junger südsteirischer Slowene namens Janez Puh eine Schlosserlehre absolvierte. Später ging er nach Graz, trat dort einem Fahrrad-Club bei und baute ab 1889 eigene Drahtesel. Seinen Nahmen übersetzte er ins Deutsche: Johann Puch. Später konstruierte er auch Autos. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.

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Alle Infos auf einen Blick

Die Strecke

Die Mur lässt sich von Muhr (Bezirk Tamsweg) bis zu ihrer Mündung in die Drau in Kroatien mit dem Fahrrad befahren. Die klassische Route endet aber in
Bad Radkersburg an der Grenze zu Slowenien und ist 458 Kilometer lang.

Schwierigkeitsgrad

Bis auf wenige Ausnahmen ist die gesamte Strecke asphaltiert, gut befestigt und ideal für Touren- und Trekkingräder. Auch für Kinder ist die Tour gut geeignet, weil sie abseits viel befahrener Straßen verläuft. Am Oberlauf gibt es zwischendurch allerdings einige schweißtreibende Steigungen.

Reisezeit und -dauer

Ideal von Ende April bis Ende Oktober. Wer nicht nur Kilometer fressen will, sondern sich auch Zeit für die Attraktionen am Wegesrand nimmt, sollte eine Woche für den Murradweg einplanen.

Orientierung

Kein Problem! Der Fernradweg ist vorbildlich beschildert und folgt in der Steiermark dem Namen „R2“. GPS-Daten für Fahrrad-Navis gibt es auf Anfrage beim Autor (e.brandner@nachrichten.at).

An- und Abreise

Am einfachsten mit dem eigenen Auto, falls die Drahtesel rauf- oder reinpassen. Für die Rückreise von Bad Radkersburg gibt es private Shuttlebusdienste – beispielsweise das Unternehmen Touristik Partner Oberkofler oder Bacher Reisen. Beide Reiseunternehmen bieten auch individuelle Transportlösungen an. Nähere Informationen und Anfragen unter www.fahrrad-transport.com oder www.bacher-reisen.com
Schwieriger ist die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln – zumindest aus oberösterreichischer Sicht. Es gibt zwei Möglichkeiten, und alle beide sind kompliziert:

Variante 1: Mit der Bahn Bahn nach Radstadt im Ennstal und von dort mit dem Postbus nach Obertauern. Letzterer nimmt Fahrräder mit. Von der Tauernpasshöhe geht es dann bergab bis St. Michael. (Ganz sportliche können den Pass selbst mit dem Rad überqueren, aber die Schinderei ist nicht ohne!)

Variante 2: Mit den ÖBB nach Unznmarkt und von dort mit der Murtalbahn nach Tamsweg (nahe St. Michael).
Einfacher ist die öffentliche Abreise: Von Bad Radkersburg aus fahren Züge in Richtung Graz und Linz.

Reiseführer

„Mur-Radweg – Von der Quelle bis zur Mündung“, Verlag Esterbauer, 160 Seiten, 13,90 Euro. Das Buch aus regenfestem Material beinhaltet nicht nur das vollständige Kartenmaterial, sondern auch Stadtpläne, ein Übernachtungsverzeichnis, ein Höhenprofil und per Download auch GPS-Daten.
Nützliche Adressen im

Internet:
www.murradweg.com
www.steiermark.com

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