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"So sexy wie noch nie"

Von Sabine Glaubitz, 29. Oktober 2014, 00:04 Uhr
"So sexy wie noch nie"
Das Moulin Rouge machte Toulouse-Lautrec berühmt und umgekehrt. Bild: Corel

Das Moulin Rouge ist das älteste Cabaret von Paris. Als Ort der Boheme und der Dekadenz hat es lange ausgedient. Heute verkaufen halbnackte Tänzerinnen Träume von gestern.

Das Haus mit dem rotierenden Mühlrad auf dem Dach glänzt noch immer in sündigem Rot, obwohl die Zeiten, in denen es symbolhaft für das frivole Paris stand, längst vorbei sind. Auch das Publikum des Vergnügungstempels auf dem Montmartre hat sich gewandelt. Die Boheme von einst ist Touristen aus aller Welt gewichen, die 60 halbnackten Tänzerinnen ziehen nicht mehr nur Männer in Scharen an. Mittlerweile gehört das vor 125 Jahren, am 6. Oktober 1889, eröffnete Moulin Rouge zur Stadt der Liebe wie der Eiffelturm, der im selben Jahr eingeweiht wurde. Ein Relikt aus verruchten Zeiten.

Die eiserne Dame auf dem Marsfeld und die "Doriss-Girls" des Moulin Rouge, die Abend für Abend Po und Busen zeigen, zählen zu den meistbesuchten Attraktionen von Paris. "Wir sind jeden Abend zu 97 Prozent ausverkauft", sagt die Sprecherin des Hauses, Fanny Rabasse. Und das seit Jahren. Von der Krise spüre man hier nichts, das Moulin Rouge sei "so sexy wie nie".

Die Eröffnung der "Roten Mühle" brachte das bürgerliche Paris in Aufruhr, denn die kreischenden Tänzerinnen warfen ihre Beine so hoch in die Luft, dass man unter ihre Röcke schauen konnte. In dem Etablissement auf dem Place Blanche wurde der Cancan eingeführt, damals anstößig und obszön. Hier wurde auch der Maler Henri de Toulouse-Lautrec (1864–1901) berühmt. Die Plakate, die er für das Moulin Rouge entwarf, verhalfen ihm zum künstlerischen Durchbruch.

Das Cabaret bedient schon lange nicht mehr das Klischee von Frivolität und Dekadenz. Das älteste Revuetheater der Stadt ist zu einer Zeitreise in die Vergangenheit geworden, die im Foyer mit den roten Velourstapeten beginnt. Ein Hauch von Belle Epoque, der den Besuchern auch in dem 850 Plätze fassenden Vorführungssaal entgegenweht: Lampen und Spiegel im Jugendstil und Litfaßsäulen mit Toulouse-Lautrec-Bildern.

In der Anfangszeit wurde nur getanzt, heute wird im Moulin Rouge auch gesungen, gezaubert und mit einer Pythonschlange in einem riesigen Aquarium getanzt, wie bei der jetzigen Show "Feerie".

Hauptattraktion sind jedoch die 60 "Doriss-Girls" von Dorothea Haug. Die Deutsche, die im August 87-jährig gestorben ist, hatte die ständige Cancan-Truppe des Hauses 1957 aufgebaut und 1999 die Show "Feerie" kreiert – wie auch die Choreografien zuvor.

French Cancan, blau-weiß-rote Unterröcke und Belle-Epoque-Kulisse: Im Moulin Rouge fühlt man sich der Tradition verpflichtet. "Wir verkaufen einen Traum, eine Reise in die Vergangenheit", sagt Rabasse.

Ausstellung in Wien

Die auffälligen Plakate für die Vergnügungslokale des Montmartre waren es, die Toulouse-Lautrec Anerkennung und Ruhm gebracht und finanzielle Sorgen genommen haben. Unter dem Titel "Der Weg in die Moderne" zeigt das Wiener Kunstforum den Franzosen auch von einer anderen Seite und präsentiert mit Gemälden und Zeichnungen sein schwerer zugängliches Werk. So war Toulouse-Lautrec durch und durch Künstler des 19. Jahrhunderts, "ein Chronist seiner Zeit", der seinen Protagonisten auf Augenhöhe begegnete und "ein Abbild der modernen, lebendigen Großstadt" schuf, sagt Kuratorin Evelyn Benesch.

Beginnend mit dem Umzug in die Metropole Paris Anfang der 1880er Jahre, changierte Toulouse-Lautrec zwischen den Klassen und Szenen, freundete sich mit Malern wie Vincent van Gogh oder Émile Bernard an, ehe er sich ins Nachtleben stürzte und sich mit den Stars des Montmartre umgab. Schillernde Größen verewigte er auf Plakaten, Lithografien und Gemälden. Das Moulin-Rouge-Plakat machte ihn schließlich schlagartig berühmt, wurde 3000 Mal dupliziert und ließ ihn 30 weitere Plakate dieser Art anfertigen, von denen eine Auswahl zu sehen ist.

Schon in seinen frühen Gemälden, die er als Kind eines der ältesten französischen Adelsgeschlechter in der südfranzösischen Provinz Tarn in gedeckten Farben malte, studierte er den Menschen in seiner Komplexität genau. Später waren es verspielte Plakate und zarte Zeichnungen mit Feder und Stift, in denen er die Figuren in der vibrierenden Metropole Paris zur Zeit des Fin de Siècle festhielt. So ist ein Raum im Kunstforum jenen Lebensjahren gewidmet, die Toulouse-Lautrec in Pariser Bordellen fernab des Montmartre verbrachte. Hier lebte er mit den "Halbweltdamen", porträtierte sie "außer Dienst" mal beim Kaffeetrinken oder Waschen, zeichnete sie "auf Augenhöhe und ohne jeglichen moralistischen Zusatz", so Benesch.

Toulouse-Lautrec sollte schließlich auch ausbrennen: Übermäßiger Alkoholkonsum ließ ihn zusammenbrechen. Während seines Aufenthalts in einer Nervenheilanstalt im Pariser Vorort Neuilly im Jahr 1899 entstanden 39 Zirkuszeichnungen.

Die Ausstellung von Henri de Toulouse-Lautrec "Der Weg in die Moderne", ist bis 25. Jänner im Bank Austria Kunstforum Wien, Freyung 8, 1010 Wien zusehen. Täglich 10 bis 19 Uhr, Freitag 10 bis 21 Uhr.

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