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Slow Katalonien

Von Philipp Braun, 13. September 2014, 00:04 Uhr
Slow Katalonien
Einfach zurücklehnen Bild: phil

Eine kulinarische Reise, die durch reizvolle und hügelige Landschaften führt. Alles beginnt mit Wein und endet letztendlich surreal am Meer - fernab von Stress und städtischem Trubel. Dont cry for me Barcelona.

Katalonien lebt und profitiert von seiner Hauptstadt und den urbanen Impulsen, vom Chic und der Dynamik der Metropole. Aber die Region auf Barcelona zu reduzieren, wäre grob fahrlässig.

Denn Katalonien ist mehr. Sei es die Wiege des spanischen Weinbaus, die beeindruckenden Landschaften, unzählige Naturparks, romantische Küstenorte oder einfach nur Plätze, wo man zur Ruhe kommt und den Alltag einer Stadt hinter sich lassen kann.

Katalonien ist einfach anders. Auch wenn es aufgrund der Sprache Catalàn (Katalonisch) Verständnisschwierigkeiten gibt, beim Essen und beim Trinken werden die letzten Probleme beseitigt.

In Spanien, dem weltgrößten Weinbaugebiet, wird auf circa 1,17 Millionen Hektar Rebfläche Wein produziert. Aufgrund viel Sonne und Trockenheit sowie Frost in den Höhenlagen fällt der Ertrag mit 35 Hektolitern jedoch gering aus. Der Qualität tut das keinen Abbruch. Gerade in den letzten Jahrzehnten setzte man auf der iberischen Halbinsel immer mehr auf Qualität und fördert Weinregionen mit Herkunftsbezeichnung (DOP), die strikte Regeln, wie Höchstertrag im Weinberg, Alkoholgehalt oder Zusammensetzung der Rebsorten befolgen müssen.

Eines der 70 DOP Gebiete Kataloniens ist das Priorato, neunzig Fahrminuten vom Flughafen Barcelona entfernt.

Der Wein rettet eine Region

Nach einer Stunde Meerblickfahrt zweigt die Straße ab und die Landschaft wird immer hügeliger und wildromantisch. Über kurvige Straßen mit Blick auf das beeindruckende Monsant-Gebirge geht es nach Gratallops, ein kleines Weindorf, wo Geschichte geschrieben worden ist.

Bereits im Mittelalter zählte es zu den bekanntesten und begehrtesten Weinbaugebieten. Ende des 19. Jahrhunderts setzte sich jedoch eine Abwanderungsbewegung in Gange. Die Bevölkerung schrumpfte zwischen 1879 und 1979 von 95.000 auf 12.000 Leute.

René Barbier (Clos Mogador) und Carles Pastrana (Clos de l’Obac) entdeckten das Potential der alten Weinberge, die Kraft der Schieferböden und des Vulkangesteins und starteten mit der Kultivierung von Wein. Ein Jahrzehnt später wurde die erste Ernte eingefahren. Seither machten deren Weine international Furore, das Priorato wohl zu einem der beliebtesten Rotweinregionen.

Die Landflucht hat ein Ende gefunden, immer mehr Spanier wollen zurück in die Weinproduktion. Der Winzer Carles Pastrana ist sichtlich darüber froh: "Es war ein Desaster, überall nur Wüste und keine Pflanzen." Stolz ist er auf seine Weingärten, die sich schön in die Landschaft einfügen: "Wir kaufen keine Trauben zu. Die Selektion beginnt bereits im eigenen Weingarten. Wir produzieren daraus edlen Wein, der über Dekaden genießbar sein muss und nicht nur auf ein Jahr beschränkt ist. Streng genommen kann ich niemandem Genuss geben, das ist eine persönliche Sache, aber ich kann einen sehr guten Wein produzieren, der das Terroir widerspiegelt."

Sichtlich entspannt und glücklich sitzt Carles mit seiner ebenso sympathischen Frau Mariona, einer Önologin, bei Tisch und philosophiert über die Zukunft des Weins, des Essens und betont die zunehmende industrialisierte Lebensmittelproduktion.

Ein Lokal kämpft ums Essen

Die macht auch vor Katalonien nicht halt. Ramon Schiebel kann davon ein Lied singen. Der stets gut gelaunte Koch hat mehrere Jahre in der deutschen Sternengastronomie verbracht, wollte aber wieder zurück in seine Heimat, denn die "Ziege gehört zum Berg". In der bezaubernden Altstadt von Tarragona betreibt Ramon mit seiner Frau Astrid nun das Bistro El Llagut, welches sich auf Fisch spezialisiert hat.

Unkompliziert, ohne Schnickschnack, leistbar und nur aus den besten Zutaten der unmittelbaren Umgebung sollen die Gerichte hergestellt werden. Das Brot kommt vom Bäcker aus der Nachbarschaft, die Fische direkt vom befreundeten Fischer, der Reis aus dem naheliegenden Ebro-Delta. Beim Reis kommt der Koch ins Schwärmen. "Wir benutzen die Sorte Bomba, ein kleiner Rundkornreis, der in der Sonne getrocknet und in einer alten Holzmühle entkernt wird. Genauso wichtig ist aber die Paella, die Pfanne, wo der Reis zubereitet wird.

Die Größe muss optimal sein, damit nicht zu viele Reiskörner übereinander liegen. Maximal zwei bis drei Körner sollen es sein und sie brauchen eine gleichmäßige Hitze. In der Mitte wie am Rand. Dann schmeckt das Gericht vorzüglich."

Voller Genuss lächelt Ramon beim Erklären des Gerichts. Doch plötzlich verdüstert sich seine Mine. Es geht um die Fische vor der Küste. "Das Meer spielt verrückt. Eigentlich hätten wir Anfang Sommer Sardellen bekommen müssen. Jetzt im September sind sie erst da. Die Natur ist vollkommen aus dem Gleichgewicht. Nicht zuletzt weil die Fischindustrie vor Ort mit ihren Fangmethoden manche Arten, etwa Thunfisch, beinahe ausrottet."

Ramon lässt sich aber nicht aus der Ruhe bringen und unterstützt kleine Handwerksbetriebe aus der Umgebung, die einen großen Beitrag zum Erhalt der Vielfalt leisten, wie zum Beispiel das Weingut Sicus in Bonastre.

Amphorenwein

Der Betrieb bewirtschaftet fünf Hektar. Dem milden mediterranen Klima sei Dank, reifen die Trauben meistens ohne nennenswerte Schwierigkeiten zur besonderen Qualität heran. Hauptsächlich sind es weiße Sorten, die zu Bio-Wein verarbeitet werden. Der Jungwinzer Eduard Pié Palomar ist gerade einmal 30 Jahre alt aber schon jetzt zeigt sich, wie viel Gespür er für die Natur mitbringt. Neben Fachwissen als ausgebildeter Sommelier und Önologe schwingt auch eine Portion Forschungsdrang mit.

Amphoren werden im Weingarten vergraben, die Trauben direkt eingefüllt und alles wird dem Gärverlauf überlassen. Das Ergebnis ist einzigartig. Eine Dichte, ein harmonisches Zusammenspiel verschiedenster Aromen und eine breite Palette an Gerüchen prägen die Weine. Von Fehltönen keine Spur. Edu ist begeistert und nimmt einen Schluck mit Blick in die Weingärten. Selbst als er ein Loch sieht, welches von einem Wildschwein gebuddelt worden ist, schmunzelt der Winzer: "Eigentlich fressen sie nur die süßen Tempranillotrauben, die anderen lassen sie mir übrig, der Verlust hält sich in Grenzen."

Vom Massenwein zur Qualität

Etwa 50 Kilometer entfernt befindet sich mit Rocadas das nächste biologisch wirtschaftende Weingut. Direkt in der Hauptstadt der spanischen Schaumweinproduktion Sant Sadurni d’Anoia haben sich Augusti Torello Junior und Senior vor zwei Jahren entschlossen, einen Gegenpol zur herkömmlichen stark industrialisierten Cavaproduktion zu bilden, die vorwiegend auf Quantität setzt.

Der Seniorchef und Önologe bringt es auf den Punkt: "Wir wollen gute Qualität statt Masse erzeugen, bewusst klein bleiben, die Weine zu einem vernünftigen Preis anbieten. Man soll schmecken und erkennen, dass es unsere Weine sind." Die Familie selbst besitzt keine eigenen Weingärten, hat dafür aber Zehn-Jahresverträge mit den Bauern aus der Umgebung abgeschlossen.

Der Erzeuger bekommt dadurch die Garantie, dass ihm ein Betrieb die Trauben abnimmt und die Torellos erhalten im Gegenzug die beste Qualität aus den besten Lagen. Augusti gibt sich bescheiden: "Der Boden, das Klima, die Trauben entscheiden letztendlich wie der Wein wird. Es ist nicht so sehr die Person im Vordergrund, sondern vielmehr die Natur."

Zurück zur Wiege des Weinbaus

Salvador Dalí hingegen formuliert es spitz wie sein Bärtchen: "Ich bin der einzige Künstler, den die Natur kopiert." Der exzentrische Künstler wurde in Figueres nahe der französischen Grenze geboren, wo sich auch die Anfänge des spanischen Weinbaus befinden.

Heute hinkt man hinter den Regionen wie Priorato oder Penedès hinterher, erzeugt aber durchaus ansprechende Qualitäten von Roséweinen. Im Vordergrund steht eindeutig das Fischerdorf Cadaqués mit seinen malerischen kleinen Gassen, den romantischen, einsamen Buchten im Nationalpark Cap de Creus und den bizarren Felsformationen sowie dem sehenswerten Casa-Museu Dalí.

Der ideale Ort, um den Urlaub gebührend ausklingen zu lassen, sich ein Glas Wein zu gönnen und auf den nächsten Urlaub freuen.

Rezepte aus Katalonien

Schwarzer Reis mit Tintenfisch
Zutaten: Zwiebel, Tomaten (fleischige und reife Sorte), Fischabschnitte, Lorbeer, Thymian, Knoblauch, kleiner Rundkornreis, Salz, Olivenöl

Zubereitung:
Tomaten-Zwiebelconfit herstellen. Zwiebel in Olivenöl langsam karamellisieren lassen (schön dunkelbraun) und leicht mit Salz würzen. Die Tomaten schälen, entkernen und in kleine Würfel schneiden. Beides bis an die Grenze anschwitzen lassen, damit sich ein schönes Zwiebel-Tomatenmark ergibt. Kurz bevor die Zwiebel-Tomatenconfit anfängt anzubrennen, mit Wasser ablöschen. Diesen Schritt drei bis vier Mal wiederholen. Dadurch bekommt man einerseits ein immer dunklereres Mark und anderseits verliert die Tomate an Säure und die ganze Masse wird geschmeidiger und geschmackvoller.
In Katalonien dauert dies bis zu sechs Stunden!!!

Fischfond ansetzen. Die Fischabschnitte ohne Weißwein mit Lorbeer, etwas frischem Thymian und Knoblauch ansetzen und kurz (5 Minuten) köcheln lassen, da es sonst zu tranig werden kann.

Tintenfisch (Sepia) putzen. Dabei vorsichtig den Tintenbeutel aufheben, den Magen entfernen, aber den goldbraunen „Beutel“ behalten, alles in Würfel schneiden. Es gibt Sepiatinte auch im Fachhandel zu kaufen. Für die Reiszubereitung den Reis in einer großen Pfanne erhitzen und glasig werden lassen. Dann die Fischstücke hinzufügen, bei gleichmäßiger Hitze kurz anrösten und mit heißem Fischfond, der Tinte und der Zwiebel-Tomatenconfit kurz untermischen. Wichtig! Die Tinte sofort nach dem Fischfond zum Reis geben, sonst wird er nicht schwarz. Danach das Gericht etwa 17 Minuten köcheln lassen. Besonders schmackhaft wird es, wenn es die letzten zwei bis drei Minuten im heißen Ofen zu Ende gekocht wird. So kann das Fett, welches über dem Fischfond schwimmt, karamellisieren

Allioli
ist der Katalanische Klassiker, bedeutet übersetzt „Knoblauch-Öl“ und wird traditionell in einem Mörser zubereitet. Die Knoblauchzehe mit etwas Salz zerdrücken, langsam das Olivenöl einrühren, bis eine feste Masse entsteht; wird gerne mit dem schwarzen Reis gemischt.

Tipp vom Spitzenkoch Schiebel: Gut schmeckt folgende Variante der Mayonnaise. In einem Behälter zwei geschälte Knoblauchzehen, einen Löffel Rotweinessig, Salz, zwei Eier und 700 Gramm Sonnenblumenöl vorsichtig mixen.

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