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Natur vom Feinsten

Von Maria Kapeller, 09. Februar 2016, 00:04 Uhr
Natur vom Feinsten
Abkühlung im Wasserfall bei Uvita Bild: Kapeller

Manche von Costa Ricas Naturschätzen muss man sich hart erarbeiten. Zum Beispiel bei einer schweißtreibenden Tour durch den Nationalpark Corcovado, einen der artenreichsten Orte der Welt. Entspannen ist im Anschluss im "Regenwald der Österreicher" angesagt.

Alvaro, grünes Hemd, kurze schwarze Hose, die bloßen Füße in Crocs gesteckt, ist wenig amüsiert. Mit strengem Blick hält er unsere Tagesrucksäcke in Händen und hebt sie hoch, als würde er sie abwiegen. "Die könnt ihr so nicht mitnehmen. Sind zu schwer. Ich kann sonst nicht landen."

Erst glauben wir an einen Witz, aber der Pilot der sechssitzigen Propellermaschine verzieht keine Miene. Während ein Mitarbeiter per Schlauch den Tank befüllt, raucht Alvaro noch schnell eine. Dann wird das Flugzeug per Hand auf die Rollbahn geschoben. Wir befinden uns im südlichen Costa Rica, auf der Halbinsel Osa.

Viele Reisende lassen diesen Landstrich aus, die Anfahrt per Bus oder Auto zieht sich in die Länge. Wer den Weg auf sich nimmt, hat aber meistens ein Ziel: den Nationalpark Corcovado, ein majestätisches Wunderwerk der Natur aus Regenwald und Küste. Die immense Artenvielfalt Costa Ricas – das Land beherbergt rund fünf Prozent der weltweiten Biodiversität – ist hier in sehr konzentrierter Form zu finden. Dank der Lage weitab vom Schuss blieb die Halbinsel lange Zeit ungenutzt, erst in den Sechzigerjahren kamen die Holzfäller. 15 Jahre später wurde die Region zum Schutzgebiet erklärt, in dem noch heute Pumas und Jaguare in freier Wildbahn leben.

Seit einiger Zeit dürfen Touristen den Nationalpark nur mehr in Begleitung eines Guides betreten. Eine beliebte Variante ist es, in den Park zu fliegen, dort zu übernachten und am nächsten Tag hinauszuwandern.

Tierische Begegnungen

Bereits kurze Zeit nach dem Start steuert Alvaro seine Propellermaschine über dichten Dschungel und blitzblaues Meer. Zwölf Minuten später folgt die holprige Landung auf der nur 150 Meter langen Graspiste, die von Erdrinnen zerfurcht ist. Jetzt wird klar, warum der Pilot mit so wenig Gepäck wie möglich fliegen muss.

Ankunft im Herzen des Nationalparks bei der Rangerstation La Sirena. Es ist erst sieben Uhr morgens, aber die Hitze des Tages setzt bereits ein. Begrüßt werden wir von den kilometerweit zu hörenden Rufen der Brüllaffen. Das Brüllen ist nicht nur einfaches Kommunizieren, sondern dient auch der Revier-Abgrenzung.

Wenn es braune Schalen regnet

Tagsüber folgen wir Guide Oscar durch die Dschungelpfade. Er zeigt uns im Schlamm dösende Tapire, mehrere Gruppen von Nasenbären, verschiedene Affenarten, Tukane und andere Vögel. Mancherorts scheint es kleine braune Schalen zu regnen. Diese Fährte führt abermals zu Affen, die sich hoch oben in den Baumwipfeln die Bäuche vollschlagen. "Der Regenwald ist wie ein riesiger Supermarkt für Tiere", sagt der sonst etwas redefaule Oscar.

Wir zücken unser Fernglas, denn nur so können wir die tierischen Waldbewohner aus nächster Nähe betrachten.

Die Nacht verbringen wir auf der einfachen Holzplattform der Rangerstation, als Matratze dient ein Schaumstofffetzen, über dem Kopf hängt ein Moskitonetz. Die nächtlichen Dschungel-Laute lassen einen kaum ein Auge zudrücken, die Schnarchgeräusche von manch anderem Reisenden tun ihr Übriges. Der Schlaf ist ohnehin kurz.

Kurze Nacht und heißer Tag

Um halb fünf Uhr morgens sind die Wanderschuhe geschnürt, ein mindestens achtstündiger Tagesmarsch vom Park zurück in die Zivilisation liegt vor uns. Wir leuchten den Weg durchs Halbdunkel mit Taschenlampen aus, um nicht versehentlich auf eine Schlange zu steigen. Es geht über die grasige Landepiste zum Strand, wo sich das Rauschen des Meeres zu dieser Tageszeit unheimlich anhört. Oscar gibt ein rasantes Tempo vor, viel Zeit zum Staunen und Fotografieren bleibt nicht. Dafür gibt es einen Grund: Bis die Flut ganz angestiegen ist, müssen wir die Strandpassagen gemeistert haben – sonst gibt es kein Weiterkommen.

Beim Überqueren des ersten Flusses steigt der Adrenalinspiegel. Der Rio Claro mündet an dieser Stelle vom Regenwald in den Pazifik. Oscar hat uns schon am Vorabend zur Vorsicht gewarnt, im Fluss gibt es Krokodile und sogar Bullenhaie, die vom Meer ins Süßwasser schwimmen. Zum Glück ist das Wasser um diese Zeit noch relativ seicht.

Weiter geht es über Stock und Stein, immer wieder kreuzen Affen und Nasenbären unseren Weg. Ab acht Uhr morgens brennt die Sonne erbarmungslos herab, Sonnencreme, Hut und Sonnenbrille sind unsere Retter. Besonders die Wegstücke direkt am Strand sind anstrengend. Nach fast sieben Stunden wandern folgt die Abkühlung in einem Bach, in dem man auch keine Angst vor Krokodilen haben muss. Kurz vor dem Ziel lässt sich ein Faultier blicken, das sich am Baum festkrallt und wie in Zeitlupe bewegt.

Ausgeklügeltes Öko-System

Wer nach Costa Rica reist, sollte sich vor solchen schweißtreibenden Ausflügen nicht scheuen. Die Anstrengung wird mit wildromantischen Landschaftskulissen belohnt – die Tourguides wissen viel über die Tier- und Pflanzenwelt zu erzählen, sofern sie nicht so schweigsam sind wie der gute Oscar. Viele Lebewesen existieren in einer ausgeklügelten Symbiose miteinander. Manche Palmen fangen herabfallende Blätter wie in einem Korb auf und erzeugen daraus ihren eigenen Dünger.

Bemerkenswertes leisten auch die Blattschneideameisen. Wie Mini-Autobahnen durchziehen ihre Routen den Boden. Von weitem sieht es aus, als würden kleine, grüne Blattstücke durch den Wald laufen. Erst bei genauerem Hinsehen erkennt man, dass unter jedem Blatt eine Ameise steckt. Die Blätter werden im Bau zu Humus für jene Pilzkulturen verarbeitet, die den Ameisen als Nahrung dienen.

Ein Drittel kleiner als Österreich

Neben artenreichen Regenwäldern prägen mystische Nebelwälder, Trockenwälder, Flüsse, Wasserfälle, Vulkane, Mangroven und von Palmen umsäumte Strände das Landschaftsbild Costa Ricas. Das Land liegt eingebettet zwischen Pazifik und Atlantik und verbindet Nord- und Südamerika wie eine Landbrücke. So beherbergt der Staat, der um ein Drittel kleiner ist als Österreich, Pflanzen und Tiere aus zwei Kontinenten und zwei Weltmeeren. Rund ein Viertel des Landes steht heute unter Naturschutz. Wo nicht wilde Natur sprießt, reihen sich auf Kaffee-, Bananen- und Ananasplantagen nicht weniger tropische Pflanzen aneinander.

Dank stabiler politischer Situation, funktionierendem Sozialsystem und guter Wirtschaftslage ist das Land einfach und sicher zu bereisen. Die Regierung setzt immer mehr auf Nachhaltigkeit, aktuell werden zwei Drittel der Energie aus Wasserkraft erzeugt – es soll noch mehr werden. Das Abholzen von Bäumen ist mittlerweile streng reglementiert.

Im Regenwald der Österreicher

Das war nicht immer so. Hätten sich Vor- und Querdenker in den vergangenen Jahrzehnten nicht aktiv für den Umweltschutz eingesetzt, wäre der Regenwald heute größtenteils abgeholzt. Einer von ihnen ist der Wiener Musiker Michael Schnitzler. Er startete vor 25 Jahren eine österreichweite Kampagne, um ein Stück bedrohten Waldes – ebenfalls im Süden des Landes – vor der Abholzung zu retten.

Die einzige Möglichkeit damals: Land aufkaufen und es der Regierung schenken. "Ich war immer Naturliebhaber und wusste, dass dieses Gebiet gefährdet ist", erzählt Schnitzler bei einem Treffen im Piedras Blancas Nationalpark, "damals gab es bereits eine Genehmigung zum Schlägern." Vielen Österreichern ist der Ausgang der Geschichte vielleicht noch im Hinterkopf: Schnitzler mobilisierte die Öffentlichkeit, sammelte Geld und kaufte 40 Quadratkilometer Regenwald frei, der als "Regenwald der Österreicher" bekannt wurde.

Ein Tropfen auf den heißen Stein

Ein Tropfen auf den heißen Stein? "Ich kann nicht den ganzen Regenwald retten", sagt Schnitzler heute, "aber was wäre, wenn das jeder sagen würde?" Mittlerweile haben sich weitere Naturschützer und die Regierung eingeschaltet, ein großer Teil des betroffenen Esquinas-Regenwaldes ist in den Nationalpark eingegliedert.

Spenden werden weiterhin benötigt, etwa um die Wildhüter zu finanzieren. Und um einen biologischen Korridor zwischen Regenwald und nahe gelegenem Gebirge zu schaffen. So sollen Monokulturen verhindert und das Überleben der Tiere gesichert werden. Und Costa Rica das vielfältige Naturparadies bleiben, das es heute ist.

Information & Spenden im Internet unter: www.regenwald.at

 

Gute Tipps

Hotel-Tipp: Die Esquinas Lodge ist ein Umwelt- und Entwicklungshilfeprojekt des Vereins Regenwald der Österreicher. Das Öko-Hotel ist von Wald und einem tropischen Garten umgeben und zu 100 Prozent CO2-neutral. Der Pool wird mit Bachwasser gespeist, die Küche setzt auf Gemüse und Früchte aus der Region.
www.esquinaslodge.com

Anreise: Costa Rica liegt zwischen Panama und Nicaragua. Anreise von Wien über Madrid mit Iberia nach San José. Viele Airlines fliegen über die USA (Achtung: ESTA-Visum). Der internationale Flughafen ist in Alajuela. Von dort kann man das Land gut bereisen, ohne die als gefährlich geltende Hauptstadt San José zu passieren.

Im Land: Öffentlicher Bus oder Mietauto – beides ist möglich. Für Ersteres solle man genügend Zeit einplanen. Beim Wagen nicht sparen, viele Nebenstraßen sind unasphaltiert.

Nationalpark Corcovado: Der größte Nationalpark liegt im Süden. Die Anreise per Bus oder Auto ist möglich, dauert aber lange. Nature Air fliegt ab San José den nächstgelegenen Flughafen in Puerto Jimenez an. Für Touren in den Nationalpark am besten direkt in der Unterkunft anfragen oder an die Agentur Osa Wild (osawildtravel.com) wenden.

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