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Im Waldviertel lebt das pure Handwerk

Von Monika Raschhofer, 14. Oktober 2017, 00:04 Uhr
Im Waldviertel lebt das pure Handwerk
Die Burg in Österreichs kleinster Stadt Hardegg Bild: mora

Volles Holz, veredelte Wolle, echtes Öl, lila Stein, fremdes Perlmutt, feiner Lebkuchen Touristen können schauen, erleben, begreifen und auch selber ausprobieren. Im herbstlichen Waldviertel war Monika Raschhofer auf handwerklicher Walz.

Wirtschaftsberater in England und Irland war Ölmüller Georg Gilli in seinem ersten beruflichen Leben. Jetzt presst er "a Ö" – genau gesagt fünf Öle aus regionalen Saaten – und vermarktet es mit dem Slogan: "Iss Dialekt". Er brennt ebenso für seine Sache wie Barbara Schmidt, früher Nationalbank-Juristin, die jetzt im ehemaligen Saustall eines Häusls in Nonndorf bei Gars am Kamp Teppiche webt und sie mit Zöpfen und Nadelfilz beblümt und verziert.

Und die anderen Handwerker, die ihr Können und die Firma von den Vätern geerbt haben und das Unternehmen mit Überzeugung und Bodenständigkeit in die Zukunft führen, gibt es auch: den Vollholztischler Roman Lechner, der auf sein Holzlager stolz und mit der Natur sanft ist; oder den Lebzelter Martin Schmidt, der auf händisches Verzieren von Backwerk und Osterkerzen setzt.

Vom lilafarbenen Halbedelstein, der geädert Jahrmillionen unter Maissau verborgen war, lebt die noch junge Amethyst-Welt, in der auch das Lebenswerk des Innviertler Mineraliensammlers Josef Sparrer eine angemessene Heimat gefunden hat – im Edelsteinhaus. Die Muscheln in der Thaya waren nur der Anfang für die Perlmuttmanufaktur in Felling. Firmenchef Rainer Mattejka importiert das Rohmaterial heute aus allen Weltmeergegenden, verwendet Lasertechnik und will Besuchern Erlebnisse bieten. Schillernde Knöpfe sind noch immer sein Handwerk.

"Entdecken. Ausprobieren. Erlernen." Das ist das Motto eines jungen Tourismusschwerpunkts im Waldviertel, der in fünf Bereichen unterteilt ist: traditionelle Spezialisten, Textil, Glas, Holz und Stein. Schauräume, Hofläden und Ausstellungen stehen Touristen offen, zeitweise wird auch Einblick in die Produktionsabläufe gewährt und wer sich ein, zwei Tage Zeit nimmt, kann auch selber ausprobieren – das Weben, Tischlern, Seifensieden, Kettenfädeln, Glasschleifen und mehr.

Dass auf den Fahrten die Waldviertler Natur verzaubert, besonders im Herbst mit dem buntem Laub, ist eine Draufgabe, die einem das Lächeln gar nicht mehr aus dem Gesicht weichen lässt. Hellere Wäldchen gen Osten, dunkle Nadelbaumhügelrücken im Westen, Hochebenen, Alleen, viel Weitsicht, Felder mit Kürbissen, aufgereiften Sonnenblumen, warmbrauner Erde, da und dort ein Dorf mit dicht an dicht gebauten Häusern. Hardegg ist einen Abstecher wert, die kleinste Stadt Österreichs, direkt an der Staatsgrenze mit wieder begehbarer Brücke und Burgblick. In Eggenburg erklärt der Nachtwächter, dass der Platz noch viel größer war, bevor das Häusergeviert in die Mitte gebaut wurde, dass die Stadtmauer noch immer schützender Rahmen ist – für Mittelalterfeste und Konzerte halt, nicht mehr vor Feinden.

Ein Tsunami und das Waldviertel

„Den ersten Tsunami haben wir überlebt, einen zweiten überleben wir nicht mehr“, sagt Rainer Mattejka. Der Waldviertler ist direkt betroffen, wenn am anderen Ende der Welt das Wetter durchdreht, weil ihm dann der Rohstoff, Perlmutt, fehlt. Damals seien die Zuchtmuscheln allesamt fortgeschwemmt worden, erklärt er.

Im Waldviertel lebt das pure Handwerk
Rainer Mattejka mit Muschel und Perlmuttknöpfen

Das Schillern sei ein Indiz für einen echten Perlmuttknopf. Und alle Besucher nehmen die Knöpfe an ihrer Kleidung in Augenschein. „Echt“, bestätigt Mattejka. Puuhh ... 13.000 Besucher hat er jährlich, es sollen noch mehr werden, weshalb der Knopfexpere auf Barrierefreiheit und Erlebniswelt setzt.

Georg Gilli wirkt wie zusammengewachsen mit der 460 Jahre alten Mühle. Viel Herzblut, eine bewegende Familiengeschichte und echte Naturverbundenheit stecken dahinter. Im Hofladen verkauft er Hanföl, Leindotteröl („schmeckt wie Erbsenschalen“), Sonnenblumenöl, Leinöl und Färberdistelöl. „Jeder Acker schmeckt anders“, begründet er, warum er die Rohstoffe regional bei Biobauern einkauft.

Im Waldviertel lebt das pure Handwerk
Georg Gilli mit Schneckenpresse Bild: mora

„Das Holz ist in der Gegend geschlägert worden, liegt Jahre in der freien Luft zum Trocknen und behält so die ätherischen Öle“, erklärt Vollholztischler Lechner. Altes Wissen ist ihm bei der Verarbeitung wichtiger als Technik und Chemie. „Der Rest wird verheizt.“ Er ist stolz auf seinen abfalllosen Betrieb.

Es ist wie Zeichnen, nur in 3D, wenn Barbara Schmidt mit ihrer Widerhakennadel Schicht um Schicht Wollvlies in einen selbstgewebten Teppich verdichtet. „Für einen Quadratmeter stehe ich ungefähr vier Stunden am Webstuhl“, sagt sie.

Mit Papierstanitzel, Zuckerguss und geschickten Händen wird in der Lebzelterei Schmid in Maissau das Backwerk verziert. Maschinen helfen nur beim Teigkneten. „Wir mischen unser eigenes Lebkuchengewürz“, betont Schmid, verrät das Rezept aber nicht.

Die nahe Amethyst-Welt verzaubert mit Glitzern, die freigelegte Ader erweckt Staunen. Im Edelsteinhaus kann man sich zum Schluss der Reise noch eine Waldviertelkette aus Amethyst, Granit und Perlmutt als Erinnerung mit nach Hause nehmen.

 

Wald/4

Handwerk: Traditionelle Spezialitäten (von Sonnenuhr-Schlosserei bis Papiermühle); Textil (von Frottierweberei bis Strickwarenerzeugung); Glas (von Kristallglasschleiferei bis Glasschmuck); Holz (von Kreativtischlern bis Drechslerei); Stein (Granit, Lapidärie); Führungen und Kurse möglich; waldviertel-handwerk.at

Amethyst-Welt: größter freigelegter Bänderamethyst der Welt, 40 Meter mit Führung begehbar; Edelsteinhaus mit der Sammlung des Miningers Josef Sparrer (Führung), Sonderausstellungen (aktuell Diamanten); Schatzgräberfeld zum Schürfen (bei Kindern beliebt, Gummistiefel!); Erlebnis-Paradies; Amethyst-Welt geöffnet täglich von 10 bis 17 Uhr (eingeschränkt im Jänner und Februar: amethystwelt.at).

Essen und schlafen: Hotel zur Schonenburg, Schönberg am Kamp; Graselwirtin Mörtersdorf (nahe Maissau); Stadthotel Eggenburg

 

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