Im Land der bunten Steine

"Haltet den Dieb", ruft ein aufgeregter Gesetzeshüter seinem Freund zu und deutet aufgeregt nach rechts, bevor er die Verfolgungsjagd aufnimmt. Ein realistischer Banküberfall in einer Millionenmetropole oder doch nur der sonntägliche Tatort-Abendkrimi?

Weder noch. Hauptakteure sind zwei junge Männer, die gerade einmal 1,2 Meter hoch sind. Schauplatz ist das Spiegellabyrinth der Polizeistation im Legoland Deutschland. "Wir müssen die Diebe finden, helft uns!" lautet die Mission, die Besucher in der neusten Attraktion des beliebten Themenparks im bayrischen Günzburg erwartet und die zur Verfolgungsjagd mit Hindernissen einlädt.

Genauso laut geht es etwas weiter am Münchner Flughafen zu, obwohl dieser rund 1,5 Autostunden von Günzburg entfernt liegt. Hier im Miniland haben Baumeister den Münchner Terminal 2 und einen Airbus A380 im Maßstab 1:20 nachgebaut. Auf Knopfdruck setzt sich der Flugkoloss, der aus unzähligen blauen und weißen Klötzen besteht, in Bewegung. Langsam zieht er, monoton dröhnend, einen weiten Bogen über das Rollfeld. Insbesondere fesselt ein quer durchgeschnittenes Flugzeugmodell die Betrachter, gewährt Einblicke in das Innenleben.

Lego-Steine faszinieren seit Generationen – exakt seit 1932. Das Spiel der unbegrenzten Möglichkeiten bringt seit über 80 Jahren Eltern dazu, den gemütlichen Platz vor dem Fernseher aufzugeben und mit dem Nachwuchs Städte, Flughäfen und Bahnhöfe, Spitäler, und Häfen, Steinbrüche und vieles mehr entstehen zu lassen. Dabei lässt so manchen die Freude am Spiel vergessen, wie schmerzhaft es erst unlängst in der Nacht war, als man mit bloßem Fuß auf einen vergessenen Lego-Stein getreten ist.

Werk eines dänischen Tischlers

Zu verdanken hat die Welt diesen Spielspaß einem dänischen Tischler namens Ole Kirk Christiansen, der selbst fünf Kinder hatte und der die ersten Lego-Steine aus Abfallholz in seiner Heimatstadt Billund bastelte. Der rasante Aufstieg kam erst nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Siegeszug des Kunststoffs, der auch vor dem Spielzeug-Unternehmen mit dem Namen "Leg godt", was auf Deutsch "spiel gut" bedeutet und das bis heute in der Hand der Gründerfamilie ist, nicht Halt machte.

Heute gehört Lego zu den größten Mitbewerbern am Spielzeugmarkt, gar zu den bestplatzierten Marken weltweit. Kaum zu glauben, dass Lego in seiner Firmengeschichte etwa 600 Milliarden Bausteine abgesetzt haben soll. Das sind mehr als 80 Stück für jeden Erdenbewohner. Von den Männchen mit den gelben Köpfen existieren rund fünf Milliarden auf der Welt und in ein paar Jahren dürften sie die Anzahl der Menschen sogar überrundet haben.

Doch so beeindruckend diese Zahlen sind, umso faszinierender ist die Tatsache, dass Lego-Steine nicht nur Kinderherzen im Sturm erobern, sondern auch Erwachsene. Es stellt sich die Frage, wen es von den Familienmitgliedern wohl mehr in den Legopark zieht.

Während das erste Legoland bereits 1968 im dänischen Billund eröffnet wurde, gingen in Bayern die Tore zu der farbenfrohen Erlebniswelt 2002 auf. Auf 140 Hektar, von denen 20 Hektar Parkfläche für Besucherautos einnehmen, taucht man hier in acht Themenwelten mit mehr als 50 Attraktionen ein. So wurden alleine im "Miniland" über 25 Millionen Originalsteine verbaut, um Venedig, Berlin, den Hamburger Hafen, die Niederlande und die Schweiz näher zusammenrücken zu lassen. Wobei es sich nicht um starre Konstruktionen handelt, sondern um lebendige Stadtszenerien.

Ebenso beliebt ist auch das "Land der Piraten", wo sich kleine Kapitäne heftige Wasserschlachten liefern. Teenager zieht es in die "Hero Factory", wo sie meist nach einer kurzen Wartezeit von riesigen Lego-Roboterarmen durch die Lüfte gewirbelt werden. Luftig geht es auch am 50 Meter hohen Aussichtsturm zu, von wo Parkbesucher einen Überblick bekommen, wie groß das Freizeitareal ist, das alljährlich rund 1,5 Millionen Gäste begrüßt und dem ein eigenes Burg-Hotel angeschlossen ist.

Bei der Feuerdrachenburg

Adrenalin-Fans bevorzugen je nach Alter entweder den "Flying Ninjago", etwas jüngere die Feuerdrachenburg mit integrierter Hochschaubahn, ganz kleine Lego-Fans die schwarz-weiß gestreiften Jeeps, die sie auf eine Tier-Safari entführen. Hier kann so mancher Elternteil neidisch werden, denn wer würde nicht gerne an lebensgroßen Elefanten und Giraffen aus Legosteinen vorbeirattern.

Natürlich darf auch eine klassische Legosteinfabrik nicht fehlen, wo man den Weg eines Legosteins bis zur Auslieferung verfolgen kann und wo man nach dem lehrreichen Rundgang einen besonderen Baustein zur Erinnerung mitbekommt. Ebenso besteht die Möglichkeit, in eine Lego-Werkstätte einzutauchen, wo jeder Besucher einen Bausatz erhält und seine Fantasie nach Herzenslust ausleben kann. Vielleicht sollte man hier rasch ein Gefängnis bauen, um die Diebe, die in der Polizeistation ausgebrochen sind, dingfest zu machen?

 

Deutsche Zentrale für Tourismus, Tel. 01/513 27 92, www.germany.travel; Legoland Deutschland, www.legoland.de; Eintrittspreise: Tageskarte für Erwachsene: 41,40 Euro, für Kinder bis 11 Jahre: 37 Euro; Familienkarten für 4 Personen: 38,50 Euro pro Person.