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Idylle am Schwarzen Meer

Von Bärbel Schwertfeger, 22. September 2014, 00:04 Uhr
Idylle am Schwarzen Meer
Bild: B. Schwertfeger/www.srt-bild.de

Im Hinterland von Trabzon an der türkischen Schwarzmeerküste erwarten den Besucher nicht nur das Sumela Kloster in atemberaubender Lage, sondern auch eine saftig grüne "Alpenlandschaft" mit glücklichen Kühen und dem besten Milchreis der Türkei.

Das Tal wird immer enger. Die Straße schlängelt sich an einem plätschernden Gebirgsbach entlang, umgeben von dichten Mischwäldern, die sich bis in die Wolken hinauf ziehen. Es ist noch früh am Morgen und wir sind allein auf der Straße. Auch der große Parkplatz für die Touristenbusse ist noch leer.

Wir sind auf dem Weg zum berühmten Sumela Kloster rund 50 Kilometer südlich von Trabzon, der größten Stadt an der östlichen türkischen Schwarzmeerküste. Hinter dem Parkplatz wird die Straße einspurig und schraubt sich in engen Kurven durch den dichten Nebel den Berg hinauf. Nur wo ist das Kloster? Dann endlich, an einer Ausweichstelle eröffnet sich der Blick ins Tal und auf das Kloster.

Wie eine Trutzburg

Wie eine uneinnehmbare Trutzburg klebt der fünfstöckige Bau an den senkrechten Felswänden auf 1200 Metern Höhe. Kurz darauf ist die Straße zu Ende. Von hier geht es zu Fuß über einen Waldweg und zahlreiche Stufen hinauf zur Eintrittskasse. Vom Kloster ist noch immer nichts zu sehen. Noch einmal müssen etliche steile Stufen erklommen werden, bis sich der Blick in den zwischen überhängenden Felsen und Gebäudekomplex eingeklemmten Klosterhof eröffnet.

Vorbei an leeren Räumen, in denen einst die Bibliothek und die Bäckerei untergebracht waren, geht es hinunter zur Felsenkirche. Mauern und Decken sind über und über mit kunstvollen Fresken bemalt. Man erkennt die Genesis, die Heiligen Drei Könige – eine Art steinernes Bilderbuch bekannter Bibelgeschichten. Doch die Fresken sind in einem erbarmungswürdigen Zustand. Gesichter wurden ausgekratzt, manchmal fehlen ganze Brocken und überall haben Besucher ihre Namen eingeritzt.

Regenreichstes Gebiet der Türkei

Für ein paar Minuten brechen einige Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke und lassen die zerschundenen Malereien der Grottenkirche erstrahlen. Doch schon kurze Zeit später fängt es wieder an zu nieseln. Schließlich gehört das Pontinische Gebirge hinter Trabzon, dessen Gipfel bis zu 4000 Meter hoch sind, zu den regenreichsten Gebieten der Türkei.

Um die Geschichte des Klosters ranken sich zahlreiche Legenden. Sie soll bis ins vierte Jahrhundert zurückgehen, als Mönche aus Athen an diesem abgelegenen Ort eine Stätte für ein von dem heiligen Lucas gemaltes Marienbild errichteten. Im Laufe der Jahrhunderte wuchs das Kloster und wurde so Aufbewahrungsstätte für wertvolle Manuskripte und Kunstschätze.

Immer wieder wurde es von Räuberbanden angegriffen oder von Bränden zerstört und immer wieder wurde es neu aufgebaut. Bis 1923 lebten die griechischen Mönche hier unter dem Schutz der Osmanen. Dann mussten sie das Land verlassen. Das Kloster stand leer und verfiel. Erst 1972 stellte es die türkische Regierung unter Schutz.

Heute ist es ein Museum und die meist besuchte Touristenattraktion an der Schwarzmeerküste. Um zehn Uhr drängen die ersten Touristengruppen bereits in der engen Felsenkapelle, wo noch einige intakte Bibelmotive die Decke zieren. Vor der Kirche klettern junge Frauen auf den Mauern herum, um das beste Selfie zu schießen, andere posieren in ihren engen Jeans für ihre Freundinnen. Die Gruppe kommt aus Georgien. Schließlich sind es gerade mal rund 150 Kilometer von Trabzon bis zur Grenze. "Für die meisten ist das Kloster heute nur noch ein Stopp auf ihrem Ausflug, nur die wenigsten haben noch ein echtes Interesse an seiner Geschichte", erzählt Murat, der in dem Café neben dem Kloster arbeitet, das neben Postkarten auch allerlei Kloster-Kitsch anbietet.

Vom Städtchen Maçka fahren wir weiter in die Berge. Die Bergroute wird gerade zur vierspurigen Schnellstraße ausgebaut und gleicht einem Hindernislauf. Immer wieder wechselt die Fahrspur, ohne Vorwarnung geht es auf einer holprigen Piste weiter. Wir biegen ab nach Hamsiköy. Der Ort ist berühmt für seinen Milchreis, der so gut sein soll, dass er sogar bis ins mehr als tausend Kilometer entfernte Istanbul geliefert wird.

Die Straße durchquert ein tiefes Tal und führt auf der anderen Seite durch kleine Dörfer, vorbei an saftig grünen Wiesen, auf denen Kühe grasen. Es sieht aus wie in den Alpen. Nur die spitzen Minarette der Moscheen passen nicht so recht. Schon am Ortseingang von Hamsiköy weist ein Schild auf den berühmten Milchreis hin. Hamisköy entpuppt sich als ein recht tristes Straßendorf.

Milchreis-Restaurants

Es gibt ein typisches Teehaus, vor dem alte Männer sitzen, ein paar Läden und drei Milchreis-Restaurants. Im Restaurant Niyazit sind wir die einzigen Gäste. Der Kellner serviert uns Tonschälchen mit dem kurz im Ofen gebräunten Milchreis und streut noch eine Ladung gehobelter Nüsse darüber. Er schmeckt ungewöhnlich cremig und intensiv nach Milch. Worin das Geheimnis des hochgelobten Nachtisches liegt, erfahren wir leider nicht. Der Kellner spricht nur türkisch.

Auch Fasli Seker zuckt nur mit den Schultern. "Die Luft, die gute Milch und die Art der Zubereitung, aber die ist ein streng gehütetes Geheimnis", erklärt der ältere in fließendem Deutsch. Mit 25 Jahren ist Fasli von hier nach Deutschland gegangen, hat im Anlagenbau und als Taxifahrer gearbeitet und schließlich ein eigenes Restaurant gehabt. Frau und Kinder blieben in Hamsiköy.

Am Ende der Karawanenstraße

Heute lebt er in Istanbul, nur im Sommer kommt er wieder zurück in sein altes Heimatdorf. Mit seinem viel zu großen Sakko, dem gestreiften Hemd, der psychedelisch gemusterten, orangen Krawatte wirkt er ein bisschen wie aus der Zeit gefallen. "Früher war hier die Hauptroute nach Persien und Afghanistan und jeder hat hier angehalten und den Milchreis gegessen", erzählt er. "Heute ist die Schnellstraße auf der anderen Seite des Tals und wir sind abgeschnitten von der Welt."

Der Endpunkt der einstigen Karawanenstraße war in Trabzon. In der bereits im 7. Jahrhundert vor Christus gegründeten Hafenstadt wurden die Waren aus Persien über das Schwarze Meer in die Mittelmeerregion verschifft. Ihre zahlreichen Kirchen verdankt die Stadt den pontinischen Griechen. Heute ist Trabzon eine moderne Stadt. Man trifft sich zum Tee auf dem weitläufigen Atatürk-Platz im Zentrum, bummelt durch die Fußgängerzone oder bestaunt die großen Laibe Türkischen Honig in der Konditorei mit dem schönen Namen "Beton Helva".

Trabzons bekannteste Attraktion liegt am westlichen Stadtrand. Die im 13. Jahrhundert erbaute griechisch-orthodoxe Kirche Aya Sofia war erst Kirche, dann Moschee – so ging es noch ein paar Mal hin und her. Heute ist sie Moschee und Museum zugleich, was zu einer ziemlich bizarren Lösung geführt hat.

Weil das Hauptschiff als Moschee fungiert, verdecken Stoffbahnen die Bibelszenen in der großen Kuppel, um die gläubigen Moslems vor den sündigen biblischen Darstellungen zu schützen. Um die Mosche zu betreten, müssen sie allerdings durch die über die gesamte Breite reichende Vorhalle mit ihren farbenkräftigen und erstaunlich lebensecht wirkenden Fresken.

Bildliche Versuchungen

Noch stärker sind die Frauen den bildlichen Versuchungen ausgesetzt. Um in den für sie bestimmten Gebetsraum zu gelangen, müssen sie auch noch das – ebenfalls zum Museum gehörende – Seitenschiff mit seinen Fresken durchqueren.

Die Region rund um Trabzon 

Das Sumela-Kloster (Muttergottes von Sumela) ist ein ehemals griechisch-orthodoxes Kloster aus byzantinischer Zeit. Der Name stammt vom griechischen Melas (Schwarz), nach dem griechischen Namen des Berges, auf dem das Kloster steht. Es liegt etwa 45 Kilometer südlich von Trabzon im Pontischen Gebirge in 1071 Metern Höhe. Das Kloster ist etwa 270 Meter oberhalb einer Schlucht in den Fels gebaut.

Anreise: Flug über Istanbul nach Trabzon mit Turkish Airlines oder Pegasus.

Rundfahrt: Am besten mit einem Mietwagen.

Ausflüge: In Trabzon bietet die Agentur Flandra Tours am Atatürk-Platz (Tel. 0462 3231332, www.flandratours.com) täglich verschiedene Ausflüge mit Minibussen an. Eine vierstündige Tour zum Sumela-Kloster kostet rund zehn Euro.

Umschlagplatz: Trabzon hat rund 250.000 Einwohner, ist Hauptstadt und wirtschaftliches Zentrum der gleichnamigen Provinz am Schwarzen Meer, ferner Umschlagplatz für den Export von im Umland angebauten Haselnüssen, Tee und Tabak.

Geschichte: Um das 7. Jahrhundert v. Chr. von griechischen Siedlern gegründet, ließ der römische Kaiser Hadrian Anfang des 2. Jahrhunderts einen künstlichen Hafen anlegen und die Stadt ausbauen.

Übernachtung: Zentral hinter dem Atatürk-Platz liegt das Dreisternehaus Otel Horon (www.otelhoron.com), DZ ab 64 Euro mit Frühstück.

Pauschal: Ikarus Reisen (www.ikarus.com) bietet eine elftägige Reise an der Schwarzmeerküste von Trabzon nach Istanbul ab 1310 Euro pro Person im Doppelzimmer an.

Reiseführer: Michael Bussmann; Gabriele Tröger: Türkei. Michael Müller Verlag, 2012, 26,90 Euro.

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