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Ein großes Leckerli

Von Christian Schreiber, 18. Februar 2018, 00:04 Uhr
Ein großes Leckerli
Ein Dutzend Hunde unterm Kreuz.Die interessieren sich zwar nicht für die Aussicht auf die österreichischen Berge, aber auch nicht für den Fotografen. Da kann es schon mal dauern, bis so ein Bild im Kasten ist… Bild: Schreiber

Bei einer geführten Tour lernen Hundebesitzer die wichtigsten Regeln für gemeinsame Bergabenteuer – und überqueren dabei schier nebenbei den Alpenhauptkamm.

Die Gruppe ist bunt zusammengewürfelt: Zwei Teilnehmer haben spanische Wurzeln, einer belgische Vorfahren, der nächste ungarisches Blut, ein anderer Eltern aus Tibet. Und trotzdem ist schnell klar, wer die Ansagen macht und wer sich unterordnet. Das ist wichtig, andernfalls würde die Alpenüberquerung vom österreichischen Kleinwalsertal ins Engadin gründlich in die Hose gehen. Schließlich sind es elf Hunde, die die Tour gemeinsam antreten. Die entsprechenden Besitzer haben sich einer geführten Fünf-Etappen-Wanderung mit dem Spezialveranstalter Lex Lupo angeschlossen. Die Hütten sind vorgebucht, und zur Halbzeit kommt ein Versorgungsfahrzeug, das Futter-Nachschub für die Vierbeiner bringt.

Die größten Hürden sind also aus dem Weg geräumt. Dafür warten aber andere Herausforderungen für die Herrchen-Tier-Beziehung: zwischen Hundeschule und Lebensschule; von Selbsterkenntnis bis Gruppentherapie. Der Wandertrupp nähert sich am späten Nachmittag der Tübinger Hütte im Montafon. Waren Blutblasen, kleine Schürfwunden und schmerzende Gelenke die Hauptprobleme der letzten Stunden, so rückt jetzt eine andere Sorge in den Mittelpunkt: Halten sich die Hunde an die Regeln und führen sie sich ordentlich auf? Ist gar ein Bell-Jaul-Heul-Konzert zu befürchten, das alle Übernachtungsgäste um den Schlaf bringt?

Ein großes Leckerli
Ankunft in der Schweiz. Die Hunde wittern Wasser im Engadiner Bergdorf, die Menschen ein kühles Bier Bild: Schreiber

Getrennte Schlafzimmer

Hütten sind ein heikles Thema für Hundebesitzer. Mit offenen Armen wird man nirgendwo empfangen, viele Wirte lehnen Vierbeiner kategorisch ab. Zu allem Überfluss haben die Schweizer noch dunkle Regenwolken über die nahe Grenze geschickt und den Hunden einen nassen Pelz beschert, der die Kontaktfreudigkeit anderer Wanderer nicht gerade erhöht. Aber Hüttenwirt Thomas Amann nimmt die Sache gelassen und schickt die Gruppe ins Winterlager. Die Regeln sind klar: abgetrennte Schlafräume für die Gruppe, keine Vierbeiner in den Betten, keine Hunde im Gastraum. Die Wanderer rubbeln zunächst Haare trocken. Der eigene Kopf kommt bei vielen an zweiter Stelle, erst einmal soll sich der Hund wohl fühlen, wenn er heute Abend schon allein mit den anderen Vierbeinern bleiben soll.

"Viele Menschen können ihren Liebling nicht alleine lassen", berichtet Lex-Lupo-Gründer Christoph Rüscher, der die Tour führt. Das Tier habe sich eine Position an der Spitze der Familie erarbeitet. "Dabei kommen erst die Erwachsenen, dann die Kinder, dann ganz lange nichts und zum Schluss der Hund." Rüscher arbeitet mit kleinen psychologischen Tricks, um Teilnehmer auf etwaige Fehlentwicklungen in der Mensch-Hund-Beziehung aufmerksam zu machen. Oft genügen Statements wie: "Meinem Hund ist klar, wer bei uns die Hosen anhat." Wer sich angesprochen fühlt, tastet sich in ein Problemgespräch mit Rüscher hinein. Ein ganzes Hundeleben wird durchgekaut, und irgendwann kommt der Mensch dran. Trennung, Scheidung, Alltagsängste – Rüscher hatte schon viele verletzte Seelen an seiner Seite. "Ich bin kein Therapeut, aber den meisten genügt es schon, wenn sie jemanden haben, der zuhört."

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Abmarsch zur letzten Etappe. Die Schweiz ist nicht mehr weit. Bild: Schreiber

Der Single-Anteil bei Rüschers Wanderungen ist relativ hoch. Einsamkeit ist für viele der Grund, sich einen Hund anzuschaffen. "Aber nicht jeder traut sich mit seinem Tier dann in Berge." Aus körperlicher Sicht muss man sich nach Aussage von Rüscher keine Sorgen machen. Im Normalfall sei jeder Hund ab dem zwölften Monat berg- und sogar alpenüberquerungstauglich. Erst ab elf oder zwölf Jahren sollte man auf lange Wanderungen verzichten.

Was viele Besitzer aber genauso umtreibt, ist die Sorge, ob sie ihr Tier auf dem Berg im Griff haben. Eine geführte Tour beseitigt die Hemmschwellen. Wer die Lex-Lupo-Truppe begleitet, merkt alsbald: Hunde funktionieren in der Gruppe besser denn als Einzelgänger. Die soziale Kontrolle durch andere Vierbeiner und Hundehalter greift, und einige wenige Regeln helfen, dass nichts aus den Fugen gerät. Sobald Kühe kreuzen, Wanderer nahen oder Murmeltiere das schrille Warn-Piepsen ausstoßen, mit dem sie erst recht den Jagd-Drang von Ernesto, Emmi und Bijou wecken, bricht ein kurzes Pfeif- und Rufkonzert der Teilnehmer aus, und die Lieblinge traben brav zu ihren Besitzern. Das funktioniert bis auf wenige Ausnahmen und ist umso verwunderlicher, als sich die Vierbeiner die meiste Zeit frei bewegen dürfen.

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Pause tut gut. Zumindest die menschlichen Wanderer müssen regelmäßig wandern. Die Ausdauer der Hunde ist eindeutig besser. Bild: Schreiber

Unklare Gesetzeslage

Es gibt weder in Österreich noch in der Schweiz eine eindeutige Gesetzeslage, wie man die treuen Begleiter über die Berge führen darf. Es finden sich nur wenige Regionen, wie im Schweizerischen Nationalpark im Engadin, wo ein generelles Hunde-Verbot herrscht. "Wir wollen unseren Tieren viel Freiheit geben", sagt Rüscher. Die Leine kommt aber sofort raus, wenn die Truppe auf Menschen oder Kühe trifft.

Mittlerweile wird das Abendessen in der Tübinger Hütte serviert. Man spürt, dass mancher Teilnehmer gerne ein Stück Schnitzel unter den Tisch werfen würde, um seinen Liebling am Mahl teilhaben zu lassen. Aber die Tiere warten brav und geräuschlos im Lager, wo sie bereits eine frische Futterladung bekommen haben, die die Besitzer gestern Abend beim Stopp an der Silvretta-Hochalpenstraße in Empfang genommen haben. Als später eine erste Gassigeh-Fraktion zurückkehrt, berichtet sie von "total erschlagenen Hunden". Der Trip über die Alpen macht selbst vierbeinige Dauerläufer müde. Ganz anders die Zweibeiner, die zwar allesamt sportlich, aber nicht an Bergetappen mit sechs Stunden Gehzeit gewöhnt sind. Die Anzahl der Schnäpse hat der Bedienung mittlerweile ein breites Lächeln auf die Lippen gezaubert. Aber es sind nicht die hochprozentig gefüllten Gläschen, die dafür sorgen, dass die Wanderer die Welt mit anderen Augen sehen. Eine Teilnehmerin offenbart: "Das ist der schönste Urlaub meines Lebens. Ich lerne mich ganz neu kennen, meinen Körper spüren, meinen Hund verstehen."

Ein großes Leckerli
Hunde vor dem Silvretta-See. Wer ist hier der Star? Bild: Schreiber

Gruppentherapie ohne Arzt

Nacheinander erläutert man die schönsten Erfahrungen in den Bergen. Alle sitzen zusammen, obwohl der Trupp mit 15 Leuten nur schwer überschaubar ist. Es gibt keine Grüppchenbildung wie bei normalen Alpen-Touren, weil alle die Gemeinsamkeit als Tierhalter stark verbindet. Wieder kreist das Thema darum, wie man auf den Hund gekommen ist. Trennung, Trauer, Tränen. Gruppentherapie. Und das Lachen ist zurück.

Das Frühstück am nächsten Tag fällt knapp aus. Andere Hüttengäste loben die "braven, ruhigen Hunde" und merken an: "Aber eure Gruppe hat ganz schön gefeiert." Plötzlich haben die Teilnehmer den schwarzen Peter und trollen sich nach draußen, um die Hunde startklar zu machen. Es steht bereits die finale Etappe an: ein letzter Anstieg zum Garnerajoch, anschließend nur noch bergab bis ins schweizerische Klosters. Die Tour führt durchs Schlappintal, das so etwas wie das Hunde-Wunderland sein dürfte. Weite Wiesenflächen, weicher Boden, schmale Bäche.

Ein großes Leckerli
So sieht es aus, wenn Hunde Freude beim Wandern haben. Bild: Schreiber

Die Tiere dürfen sich noch einmal richtig austoben. Nur beim letzten Stopp in einem Gasthof gibt es Tumult. Der Platzhirsch, ein mittelgroßer Schäferhund, geht auf die Hundegruppe los. Die elf vierbeinigen Alpenwanderer lassen sich aber nicht in einen Streit hineinziehen. Ein Teilnehmer bilanziert zum Schluss: "Mein Hund ist durch die Tour ruhiger, entspannter und ausgeglichener. Und irgendwie gilt das auch für mich."

 

Wandern mit Hunden

Anfangsfragen: Man muss sich vor einer individuellen Tour fragen, ob der Hund längere Anstiege schafft. Welche Übernachtungsmöglichkeiten sind für Hunde geeignet? In jedem Fall vorher bei Hütte oder Pension anfragen. Für Schweizer (SAC-)Hütten gibt www.roxi.ch einen guten Überblick.

Wichtige Verhaltensregeln: Hunde anleinen, sobald Wanderer oder andere Tiere in Sicht sind. Im Frühling und Frühsommer herrscht in vielen Waldgebieten (in Talnähe) Leinenzwang.
Hundehäufchen vom Wanderweg entfernen. Abseits des Weges: Stein drauf. Rund um die Hütte: in Tütchen packen und mitnehmen. Hunde dürfen aus Viehbrunnen trinken, aber nicht darin baden.

Ausrüstung für Vierbeiner:
Im schwierigen Gelände sind Drei-Punkt-Geschirre empfehlenswert. . Auf Schotterstrecken können Pfotenschuhe (Neopren) hilfreich sein. Faltbarer Napf, Hundehandtuch (Mikrofaser) und -apotheke (Wundsalbe, Desinfektionsmittel, Verbandsmaterial, Pinzette, Zeckenzange, Vaseline) gehören ebenso in den Rucksack.

Alpentouren mit Hund:
- Lex Lupo: Kontakt, Programm, Touren – Anfrage per Mail: christoph.ruescher@lexlupo.com -Die Vereinigung der Wanderhotels hat spezielle Hundeangebote
www.wanderhotels.com

- Hoteltipp: Hotel Pfösl (Dolomiten) mit Extra-Restaurantbereich für Hundebesitzer, Service für Vierbeiner, speziellen Wanderungen. www.pfoesl.it

- Tourentipps etc.: www.wandern-mit-hund.tips

Die Reise wurde unterstützt von Lex Lupo.

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2  Kommentare
2  Kommentare
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Puccini (9.519 Kommentare)
am 22.02.2018 21:27

Lass mers halt.
Ein paar Bissige Viecher mehr in der Landschaft ...

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Selten (13.716 Kommentare)
am 22.02.2018 20:33

Diese beiden Geschäftemacher werden´s noch so weit treiben, dass man mit seinem gut erzogenen Hund nicht einmal mehr auf die Alm gehen kann.

Und hier wird noch Gratiswerbung für die beiden Nutznießer einer immens gestiegenen Anzahl idiotischer hundegestützter Seelenkrüpel, die offensichtlich nur in der Gruppe existenzfähig sind, gemacht.

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