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Dunkle Wolken über Zundert

Von Yvette Polásek, 30. Mai 2015, 00:04 Uhr
Dunkle Wolken über Zundert
Bild: Mike Bink fotografie

Am 29. Juli jährt sich der Todestag des Malers Vincent van Gogh zum 125. Mal. Die OÖN haben sich auf Spurensuche in seinen Geburtsort Zundert begeben, wo das Genie Inspiration gefunden hat.

Es herrscht Gewitterstimmung im verschlafenen niederländischen Städtchen Zundert. Vor allem der rüstige Rentner Ad van Hassel tobt. Und das, obwohl über ein halbes Jahrhundert vergangen ist. Denn weder er noch die meisten Einheimischen können verstehen, dass 1959 der Gemeinderat ein sensationelles Angebot der Familie Van Gogh einfach in den Wind geschlagen hat.

Ad van Hassel, früher einmal Getränkelieferant, will gar nicht daran denken. Allein der Gedanke treibt ihm die Zornesröte ins Gesicht: "Ja, seinerzeit hat der Gemeinderat nicht nachgedacht, sondern wieder einmal nur gepflügt." Mit grimmiger Stimme erzählt er, dass die Familie van Gogh 1959 viele der wertvollen Bilder der Stadt schenken wollte, unter der Bedingung, dass Zundert ein Museum errichte. Die damalige Gemeinde aber zeigte kein Interesse, und so verkaufte der Neffe des Malers die Bilder um rund neun Millionen Euro an das Van Gogh Museum in Amsterdam, das heute Scharen von Van-Gogh-Liebhabern anlockt.

Dunkle Regenwolken

Auch damals, am 30. März 1853, als Vincent van Gogh das Licht der Welt erblickte, standen dunkle Regenwolken am Himmel über Zundert. "An diesem Tag nahm ein dramatisches Malerleben seinen Lauf, ein bitteres Leben voller Schicksalsschläge, geprägt von Krankheiten und Unruhe, von Leidenschaft und Zerrissenheit." So beginnt Ad van Hassel seine Stadtführung durch das im Herzen der niederländischen Region Brabant gelegene Städtchen Zundert, das heute rund 20.000 Einwohner zählt und direkt an der Grenze zu Belgien liegt.

Seine Augen blitzen schelmisch auf, als er von "seinem Idol" spricht. Stolz weist er darauf hin, dass er auf derselben Schulbank wie der große Meister das Schreiben und Lesen gelernt hat, nur halt viel, viel später.

Pastor Van Gogh

Dann führt er seine Zuhörer zur Dominante des rund 40 Kilometer von Antwerpen entfernten Städtchens. In die aus roten Backsteinen erbaute evangelische Kirche am Vincent van Goghplein. Dort war Theodorus van Gogh, der Vater von Vincent, 22 Jahre als Pastor für das Seelenheil seiner damals 3997 großen Gemeinde zuständig.

125 Jahre danach ist hier alles – bis auf die Orgel – original erhalten geblieben. Sogar das Taufbecken, in dem Vincent getauft worden ist, steht noch.

Während man versunken von der Gebetsbank aus das karge Interieur der kleinen Kirche betrachtet, gewährt Ad einen Einblick in die tragische Familiengeschichte der Van Goghs: Von sechs Kindern haben zwei Selbstmord begangen, eines starb in einer Nervenheilanstalt. Und auch die Geburt des Malgenies war von einem bösen Omen überschattet: Ein Jahr zuvor, auf den Tag genau, hatte seine Mutter ihr erstes Kind tot zur Welt gebracht und es auch damals schon Vincent genannt.

Draußen vor der Kirche zieht eine glänzende Bronzeskulptur Aufmerksamkeit auf sich. Sie zeigt Vincent mit seinem Lieblingsbruder Theo, mit dem ihn eine innige Beziehung und finanzielle Abhängigkeit verbunden haben. Von dort ist es nur mehr ein Katzensprung entlang der gering befahrenen Straße bis zum Markt 26, wo das Geburtshaus Vicents steht. Kein klassisches Museum, sondern ein lebendiges Kunstzentrum, das mit Hilfe eines raffinierten technischen Hör- und Schauspiels seine Besucher in die eigene Welt des Vincent van Gogh entführt.

Das malerische Städtchen Zundert prägte das Leben und Schaffen des Malers. Hier entwickelte er seine unerschöpfliche Liebe zur Natur und zum bäuerlichen Leben, aber auch für die Armut und das einfache Leben der Bauern. Wann immer er konnte, zog es ihn aus dem Elternhaus ins Grüne. Die Rückseite des Van GoghHuises führt auf die Molenstraat, wo vor 150 Jahren das Dorf endete und von wo der schüchterne Vincent seine ersten Streifzüge in die umliegende Naturidylle begann.

"Vincent van Gogh war mehr als nur der verrückte Maler der weltbekannten Sonnenblumen. Er war kein Genie, das nur wild in der Landschaft herummalte", weiß der Ausstellungschef des Amsterdamer Van Gogh Museums zu berichten. "Vincent hatte ein großes Thema – den Trost. Er wollte mit seiner Kunst die Menschen trösten und berühren."

Ein rastloser Geist

Das spiegelt sich auch in den rund 200 Gemälden, Aquarellen und Zeichnungen wider, die während seines Aufenthaltes im niederländischen Nuenen entstanden sind. In diesen Ort nahe Eindhoven zog sich der introvertierte Einzelgänger im Dezember 1883 nach Jahren eines rastlosen Lebens ins Elternhaus zurück.

Während seines zweijährigen Aufenthalts in Nuenen nahe Eindhoven verbrachte der Maler viel Zeit unter Bauern und Webern.

In der Hütte der Familie De Groot holte er sich Inspiration für sein berühmtes Bild "Die Kartoffelesser". Im November 1883 schrieb Vincent voller Enthusiasmus an seinen Bruder Theo: "Nur zu, Bursche, komm mit malen in die Heide, auf den Kartoffelacker, komm einmal mit, den Pflug und den Hirten begleiten, komm mit in die Glut schauen, lass dich zerzausen vom Sturm, der über die Heide weht."

Für Van-Gogh-Fans bietet es sich an, diese Aufforderung wörtlich zu nehmen und sich durch die Weiten Brabants treiben zu lassen. Am besten mit dem Fahrrad entlang der vom Museum Vincentre ausgesteckten 21 Stationen.

Der erste Zeichenunterricht

Doch nicht nur hier, auch an anderen Schauplätzen in den Niederlanden kann man auf den Spuren von Vincent van Gogh wandeln und die Motive der weltbekannten Kunstwerke aus nächster Nähe kennen lernen. So zum Beispiel in Tilburg, wo der 13-jährige Vincent in der dortigen Schule seinen ersten Zeichenunterricht bekam. Zahlreiche Originalgemälde hängen außerdem – abgesehen vom Van Gogh Museum in Amsterdam – im privaten Kröller-Museum in Gelderland oder im Noordsbrabants Museum in Den Bosch.

Je länger man die Farben der Sonnenblumen und der Felder auf der Leinwand bestaunt, desto besser bekommt man ein Gefühl für die Landschaft Brabants. Man beginnt sie so zu sehen, wie sie einst Vincent van Gogh wahrgenommen haben muss. Und langsam beginnt man Ad von Hassel und seinen Zorn zu verstehen. Denn was in dieser Idylle Zunderts fehlt, ist ein kleines, authentisches Van-Gogh-Museum mit den Originalwerken des Künstlers.

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