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Bike-Touren auf den Spuren des 1. Weltkriegs

Von Edmund Brandner, 18. Juli 2015, 06:04 Uhr
Bike-Touren auf den Spuren des 1. Weltkriegs
180.000 Soldaten – hier ein Kaiserjäger – starben im Alpenkrieg. Bild: Archiv

Vor 100 Jahren zog der Krieg ins Hochgebirge ein. Italiener und Österreicher legten für ihre Heere einzigartige Straßen an, auf denen einsame Mountainbiker heute in ein trauriges Geschichtskapitel eintauchen können.

Vor 100 Jahren, im Frühjahr 1915, erklärte Italien Österreich-Ungarn den Krieg – und die Alpen wurden plötzlich Weltkriegsfront. In den Lehrbüchern der Generäle waren Schlachten im Hochgebirge bis dahin nicht vorgesehen gewesen. Aber der 1. Weltkrieg stellte auch hier neue Regeln auf.

Vom Brenner-Grenzkamm bis zum Oberlauf des Isonzo (heute Slowenien) entbrannte ein grausamer Stellungskrieg, bei dem eine Übermacht italienischer Alpini gegen kaum einnehmbare Stellungen österreichischer Kaiserjäger anlief. Beide Seiten setzten auf schwere Geschütze, Sturmangriffe und Giftgas. Doch man sprengte gegnerische Stellungen mit Hilfe geheimer Tunnels auch einfach weg. Ganze Bergspitzen verschwanden auf diese Art.

Um Waffen und Nachschub an die oft mehr als 3000 Meter hoch gelegene Front schaffen zu können, wurden fieberhaft Straßen angelegt – manchmal einfach nur in die Wände gesprengt. "Dynamite Trails" nennen Mountainbiker heute diese Routen – und die meisten von ihnen wissen gar nicht, wie bitter-ernst die Entstehungsgeschichte dieser Karrenwege ist. Historiker schätzen, dass zwischen 1914 und 1918 rund 180.000 Soldaten im Alpenkrieg ums Leben kamen. Man geht davon aus, dass ein Drittel von ihnen der rauen Bergwelt zum Opfer fiel – also an Erfrierungen, Steinschlag, Lawinen oder Abstürzen starb.

Es ist eine absurde Laune der Geschichte, dass die Soldaten mit ihren Straßen damals eine Grundlage für den heutigen Mountainbiketourismus schufen. Wer mit offenen Augen auf Stollenreifen die Bergwelt durchstöbert, stößt in vielen Gebieten noch heute auf Spuren der großen Katastrophe.

1. Die Dolomiten

In den "bleichen Bergen" – so nennen die Italiener die bizarre Gebirgsformation – wurde fast überall gekämpft. Ein berührender Klassiker für Mountainbiker mit guter Kondition ist der Stoneman Trail über 120 Kilometer und 4560 Höhenmeter, die sich am besten in drei Tagesetappen absolvieren lassen. Angelegt wurde die Route vom Ex-MTB-Profi Roland Stauder, der die (bis dahin nicht freigegebenen) Strecken in seiner Pustertaler Heimat mit Steinmandln markierte.

Der Stoneman Trail überschreitet die Grenze zwischen Osttirol und Südtirol, idealer Ausgangspunkt aller drei Touren ist das Dorf Innichen / San Candido. Auf dem Markinkele auf mehr als 2500 Meter Höhe finden sich schaurige Überreste italienischer Kasernen. Beim Kniebergsattel steht der Biker plötzlich vor einem kleinen Soldatenfriedhof in der Einsamkeit des Hochgebirges. Atemberaubend ist die Demut-Passage: ein kilometerlanger Singletrail auf einem 2400 Meter hoch gelegenen Berggrat.

2. Der Gardasee

Der Gardasee ist das Ibiza der Mountainbiker. Hier ist die touristische Wertschöpfungskette voll ausgereizt. Schicke Freizeitsportler mit edlen Drahteseln übertünchen die traurige Vergangenheit. Auf dem berühmten Tremalzo-Downhill und auf der Ponale-Straße geht es zu wie auf Skipisten.

Dennoch: Wer das Treiben im Tal hinter sich lässt, kann hoch oben in eine faszinierende Kulturlandschaft eintauchen, die einst die Südgrenze Österreichs markierte. Im Ledrotal gab es unzählige Dörfer, die 1915 von den Österreichern geräumt und durch Wehranlagen ersetzt wurden. Die kaiserlichen Strategen vertrieben die Bevölkerung und siedelten sie um. An der trentinischen Grenze verloren in Summe rund 70.000 Menschen ihre Heimat. Die Spuren ihrer Dörfer sind heute noch sichtbar.

3. Der Isonzo

Der Fluss Isonzo wird von den Slowenen Soca genannt. Am Oberlauf des türkisfarbenen Naturjuwels fanden zwischen 1915 und 1917 die zwölf Isonzo-Schlachten statt. Mehr als eine Million Soldaten warf allein Italien dabei ins Gefecht. Von der Munition, die damals verschossen wurde, ist der Boden im Socatal bis heute mit Schwermetallen belastet.

Für Mountainbiker war diese Gegend lange Zeit ein weißer Fleck auf der Landkarte. Erst nach dem Zerfall Jugoslawiens entdeckten zwei deutsche Autoren und Mountainbiker die alten Karrenwege des Weltkriegs. Peter Immich und Michael Kemmler stellten 30 Touren in einem empfehlenswerten Buch zusammen. Der Bike-Führer mit dem Titel "Slowenien – 30 Mountainbiketouren im Soca-Tal" machte das Revier zu einem Geheimtipp und gehört zur Grundausrüstung für Entdeckungsreisende.

Die geschichtsträchtige Gegend rund um die Dörfer Bovec, Kobarid und Tolmin ist das exakte Gegenteil vom Gardasee: eine touristisch unverbrauchte Region mit viel Authentizität, urigen Gastgärten, hemdsärmligen Menschen und einsamen Routen.

Zugegeben: Die Julischen Alpen sind weniger schroff und spektakulär als die Dolomiten oder die Berge am Gardasee. Doch sie sind auch unberührter. Und vor allem Freunde von Singletrails kommen hier voll auf ihre Rechnung. Historisch Interessierte erst recht. Alte Festungen, Stacheldrahtreste und verwachsene Kriegspfade begegnen dem Biker hier auf Schritt auf Tritt. Aus den umkämpften Stellungen von einst wurden Gedenkstätten. Im Museum Kobarid werden der Wahnsinn der Isonzoschlachten, unter dem auch die ansässige Bevölkerung unsäglich litt, aber auch Gräueltaten wie der österreichische Einsatz von Giftgas vorbildlich in Erinnerung gehalten.

 

Die Reiseroute:

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Reise Dolomiten - Isonzo

PDF-Datei vom 17.07.2015 (56,39 KB)

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