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Am Gipfel der weltalten Majestät

Von Martin Dunst, 17. September 2016, 06:44 Uhr
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Jubiläumstour auf den Großvenediger am 10. September 2016 anlässlich 175 Jahre Erstbesteigung – der Stich, der die alpine Heldentat der Erstbesteiger zeigt, stammt von dem Oberösterreicher Franz Pacher. Bild: privat

In Neukirchen am Großvenediger wurde Anfang September groß das 175-Jahre-Jubiläum der Erstbesteigung des höchsten Berges von Salzburg gefeiert. Heute ist diese Hochtour technisch einfach, aber kräftezehrend. Martin Dunst hat sich zum Gipfel gekämpft.

Die Nacht war kurz, die Schritte sind tapsig. Mit Bergführer Manfred Reitsamer an der Spitze geht es von der Kürsingerhütte (2558 m) auf den Großvenediger, mit 3660 Metern der höchste Berg Salzburgs.

Noch ist von dem Berg nichts zu sehen, es ist 5 Uhr früh und stockdunkel. Im Lichtkegel der Stirnlampe stolpert die Gruppe über Stock und Stein Richtung Gletscher. Jetzt wird es ernst. Vor wenigen Stunden war es auf der Kürsingerhütte bei herrlichen Spinatknödeln noch sehr gemütlich. Das Quartett "Handmade" sang von wackeren Bergsteigern und vom exotischen Cafe Oriental. Die kuschelige Hüttenatmosphäre ist jetzt in aller Herrgottsfrühe so weit weg wie der Gipfel – eine gefühlte Ewigkeit.

Die Erstbesteiger rund um Ignaz von Kürsinger, Pfleger in Mittersill, und den Wiener Geografen Anton von Ruthner, später Mitbegründer des Alpenvereins, hatten es am Vorabend des Gipfelsturms gemütlich. Zu gemütlich. Die Gruppe brach eine Stunde später als geplant auf. Nicht um Mitternacht, sondern erst gegen 1 Uhr früh. Das machte den Aufstieg im weichen Schnee noch beschwerlicher.

An der Gletscherzunge angekommen, hat sich der Körper an die frühmorgendliche Anstrengung gewöhnt. Jetzt heißt es Steigeisen anlegen, die Gore-Tex-Jacke anziehen und sich in die Seilschaft einzureihen. "Der Großvenediger ist technisch nicht schwierig, aber der Berg hat schon seine Tücken und jede Menge Spalten", hat Hüttenwirt und Chef-Bergführer Emil Widmann am Vorabend berichtet. Mit 10 Grad plus ist es schon angenehm warm, zaghaft graut der Morgen. Der Schnee ist kompakt und fest – vorläufig zumindest. Beste Bedingungen für den Aufstieg. Noch ein Blick zurück: Wie eine Herde Glühwürmchen nähern sich einzelne Wandergruppen dem Gletscherfeld.

Vierzig Köpfe zählte die große Gruppe der Erstbesteiger des Großvenedigers. 26 Bergsteiger sollten es bis zum Gipfel schaffen. Unter ihnen befand sich der zähe Pinzgauer Paul Rohregger im stolzen Alter von 70 Jahren. Er hatte am 9. August 1828 eine Gruppe mit Erzherzog Johann in Richtung Gipfel geführt. Das Unternehmen scheiterte. Ein Teil der Gruppe wurde von einer Lawine erfasst. Rohregger wurde schwer verletzt.

Am Gipfel der weltalten Majestät
Bergsteigen anno dazumal. Bild: Hochkoge-Arena

Wie John Wayne

Heute ist die Venedigergruppe ein beliebtes Ausflugsziel und nicht mehr die unzugängliche Eis- und Schneelandschaft wie vor 175 Jahren.

Schritt für Schritt im Stil eines John Wayne. Mit den ungewohnten Steigeisen an den Füßen empfiehlt es sich etwas breitbeinig zu steigen, um sich nicht ständig in der Kletterhose zu verheddern oder auf das Seil zu treten.

So eine Hochtour ist nicht nur Abenteuer und Fitnessprogramm, sondern auch eine Reise zu sich selbst. Ein permanenter Kampf mit der Höhe, dem inneren Schweinehund und gegen die schwächer werdenden Beine. Die Bergsteiger-Lieder im Hinterkopf sind längst verklungen, der Puls dröhnt im Techno-Beat in den Ohren. Das Gehen in der Seilschaft hilft. Immer weiter. Schritt für Schritt auf die nächste Anhöhe. Den Blick stur auf die Fersen des Vordermanns gerichtet. Während die eigene Kondition schwindet, steigt der Respekt für die Erstbesteiger, die sich hier heraufgekämpft haben in ihren schweren Mänteln und Schuhen und mit groben Seilen. Kürsinger, Ruthner und Rohregger würden sich wundern, wie leicht die Ausrüstung geworden ist, Trans-Tex-Unterwäsche, Softshelljacken, atmungsaktive und doch regen- und windabweisende Sportjacken. Da wird Bergsteigen zum Vergnügen, würden Sie vermutlich sagen.

Am Gipfel der weltalten Majestät
Die Kürsingerhütte beherbergt heute bis zu 140 Gäste und ist ein gemütliches Basislager für die Großvenediger-Tour. Bild: Hochkoge-Arena

Die Erstbesteigung des Großvenedigers fand vor 175 Jahren nicht zum Selbstzweck statt. Vielmehr war der steile Weg eine patriotische Mission. Das einst so stolze fürsterzbischöfliche Salzburg wurde in jener Zeit von Linz aus regiert und wie das sprichwörtliche fünfte Rad am Wagen behandelt.

Die erfolgreiche Erstbesteigung sollte dazu beitragen, dass Salzburg von den Habsburgern eine eigene Landesverwaltung zugesprochen wird. Dazu hielt sich Mitte des 19. Jahrhunderts hartnäckig die Mär, der Großvenediger sei der höchste Berg Österreichs. Der tatsächlich höchste Berg, der Großglockner (3798 m), war zu diesem Zeitpunkt schon längst bestiegen. Vor allem Geograf Ruthner wollte Gewissheit und umfangreiche Messungen am Berg vornehmen. Aus diesem Vorhaben wurde allerdings nichts, weil die meisten Instrumente nicht funktioniert haben oder kaputt gegangen sind.

Kürsinger wiederum war ein Mann mit breitem Wissen, der viel für die Entwicklung des Pinzgaues getan hat. Er hat damals schon erkannt, dass der Großvenediger bald mehr Menschen in seinen Bann ziehen könnte und es eine Infrastruktur in Form von Schützhütten braucht. So ließ Kürsinger auch den Grundstein für die heute nach ihm benannte Hütte legen.

Die Sonne brennt jetzt gnadenlos auf die Bergflanke. Jeder Schritt tut weh. Der Schnee ist weich, gibt nach – das macht den Aufstieg beschwerlich. Bergführer Manfred zieht sein gleichmäßiges Tempo durch. "Noch eine halbe Stunde", motiviert er seine Seilschaft. Sicher gut gemeint, aber eine halbe Stunde am Limit kann eine sehr lange Zeit sein.

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OÖN-Redakteur Martin Dunst auf dem Gipfel.   Bild: Dunst

Auf dem Grat ist es fast geschafft. Das Gipfelkreuz, das schon auf Osttiroler Grund und Boden steht, ist im Blickfeld. Alle Anstrengung ist fast vergessen. Ein gewaltiges Panorama breitet sich aus. Großglockner, Hochkönig, Dachstein, viele weitere bekannte Gipfel sind zu sehen. Ein Mythos bestätigt sich nicht: Vom Großvenediger sieht man auch bei Sonnenschein und klarer Sicht nicht bis nach Venedig. Der Name stammt eher von italienischen Kaufleuten, die damals durch den Pinzgau gezogen sind. Auch die Erstbesteiger standen ehrfurchtsvoll auf dem Gipfel, noch einige Meter höher als heute, weil der Venediger schrumpft. Sie beteten ein "Vater unser". Kürsinger prägte den Begriff "weltalte Majestät".

Nicht ganz so erhaben geht es in der Gegenwart zu: Bergführer Manfred wünscht allen "Berg Heil". "Könnt’s stolz sein, Ihr seid brav gegangen." Kürsinger, Ruthner und die übrigen Erstbesteiger wurden im Tal jubelnd empfangen. So eine Begrüßung zurück auf der Hütte ist unserer Seilschaft nicht vergönnt, niemand, aber allein das anerkennende Nicken von Hüttenwirt und Bergführer Emil Widmann ist viel wert.

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   Bild: Dunst

Hohe Tauern

266 Dreitausender, 342 Gletscher und 551 Bergseen warten im Nationalpark Hohe Tauern auf Entdecker. In der Wildkogel-Arena haben Wanderer Salzburgs höchsten Berg, den Großvenediger, stets im Blick. Für Gipfelstürmer bietet sich die zweitägige Pauschale des Bergführer-Büros in Neukirchen an. Mit Bergführer und am Seil wird die technisch einfache, aber konditionell anspruchsvolle Tour sicher bewältigt. Die Übernachtung auf der Kürsingerhütte und ein Zubringerdienst sind im Preis von 208 Euro enthalten.

Das Habachtal bietet sich für Familien an und für Menschen, die es etwas gemütlicher angehen lassen wollen. Eine gemütliche Wanderung auf dem Smaragdweg ist ein Genuss und liefert viel Wissenswertes über die Umgebung. Mit etwas Glück stößt man beim Smaragdschürfen auf edles Gestein. Egal ob Hochtour oder Spaziergang, als Basislager ist das Wanderhotel Gassner in Neukirchen optimal.

Näheres unter www.wildkogel-arena.at

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