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Klingender Wolkenturm

Von Herbert Schorn, 03. September 2011, 00:04 Uhr
Wo Natur die Kultur wachküsst
Moderne Kunst mitten in den Weinbergen: Daniel Spoerri stellt in Hadersdorf aus. Bild: Schorn

NIEDERÖSTERREICH. Eine extravagante Open-Air-Bühne, ein ausgetüftelter Konzertsaal, ein uraltes Märchenschloss: Die Verbindung von Natur, Architektur und ausgesuchter Orchesterkonzerte lockt die Besucher zum Musik-Festival nach Grafenegg. Und inspiriert damit eine ganze Region.

Die Sonne brennt vom Himmel, das Thermometer zeigt 37 Grad. Doch im Schlosspark erwacht an diesem Freitagnachmittag das Leben. Leute sitzen auf Decken neben ihren Picknickkörben im Schatten der bis zu 300 Jahre alten Bäume, andere kosten an der Vinothek unter dem Sonnenschirm Weine aus der Region. Manche nützen den 32 Hektar großen Park zu einer Wanderung.

So entspannt wie in Grafenegg, das etwa anderthalb Autostunden von Linz nahe Krems liegt, können Besucher sonst kaum in ein klassisches Konzert starten. Seit 2007 ziehen von Mitte Juni bis Mitte August der „Musik-Sommer“ und von Mitte August bis Anfang September das „Musik-Festival“ Klassik-Fans in das sonst eher verschlafene Kamptal – im Vorjahr immerhin 33.000.

Möglich machte dies ein 25-Millionen-Euro-Kraftakt des Landes Niederösterreich. Damit wurde eine 2000 Zuseher fassende Open-Air-Bühne, der „Wolkenturm“, errichtet, die mit ihrer kühnen Erscheinung nicht nur einen Kontrapunkt zum neogotischen Schloss setzt, sondern durch ein ausgeklügeltes Akustik-Konzept optimales Zuhören ermöglicht. Star-Dirigent Zubin Meta soll den Wolkenturm gar als „beste Open-Air-Bühne der Welt“ bezeichnet haben.

2008 öffnete mit dem „Auditorium“ zusätzlich ein Konzertsaal mit knapp 1400 Sitzplätzen. Seither muss kein Konzert mehr wegen schlechten Wetters abgesagt werden.

Doch die Qualität endet in Grafenegg nicht bei den Bauten: Festivalchef Rudolf Buchbinder, selbst gefeierter Pianist, holt weltweit gefragte Künstler, heuer etwa Anne-Sophie Mutter, die Wiener Philharmoniker unter Franz Welser-Möst und das Amsterdamer Concertgebouworchester.

Doch von all dem lässt sich das Schloss Grafenegg, das märchenhaft inmitten des Parks thront, nicht die Show stehlen. Wobei – auch beim Anwesen selbst, dessen Wurzeln ins 13. Jahrhundert reichen, ist vieles Show: Mitte des 19. Jahrhunderts ließ es Graf August Breuner-Enckevoirth völlig umgestalten – und machte aus dem Renaissance-Schloss ein neogotisches. Damals war es beliebt, historische Baustile nachzuempfinden. Was im Grafenegger Schloss jahrhundertealt aussieht, ist nicht älter als 150 Jahre.

Weinbau und Kunstmeile

Erst als dem Grafen nach dem Börsencrash des Jahres 1873 das Geld ausging, musste er notgedrungen den Umbau stoppen. So stehen jetzt „alt-alt“ und „neu-alt“ einander gegenüber. Heute wird das renovierte Schloss für Veranstaltungen genutzt, und Besitzer Tassilo Metternich-Sándor führt von hier aus sein Agrar-, Forst- und Immobilienunternehmen.

Drüben, im Wolkenturm, hat unterdessen bei Sonnenuntergang das Konzert begonnen. Heute spielen das Philadelphia Orchestra und Solo-Geigerin Janine Jansen Tschaikowski. Während auf den Plätzen vorwiegend Besucher in nobler Abendrobe die virtuose Akrobatik der Geigerin bestaunen, sitzt am Rand des Amphitheaters die Picknick-Fraktion. Genossen wird hier wie dort: Die Spannung zwischen Natur und Kunst, zwischen alt und neu, zwischen Abendkleid und Jeanshose erzeugt ein besonderes Flair.

Langsam wird es dunkel, der Wind rauscht in den Bäumen, schlüpft durch das blaue Kleid der Geigerin, bringt so manches Notenblatt der Musiker durcheinander. Während die einen gefühlvoll musizieren, lauschen die anderen hingebungsvoll.

Der nächste Morgen: Gelegenheit, die Gegend zu erkunden. Wer zum Musik-Festival nach Grafenegg kommt, muss nicht bei der Musik bleiben. So lockt das vier Kilometer entfernte Weinstädtchen Langenlois mit einem pittoresken Stadtkern und einem spektakulären Weinbaumuseum, dem Loisium. Im nahen Krems steht an der Kunstmeile zeitgenössische Kunst auf dem Programm, witzig im Karikaturmuseum, provokant und mitunter herausfordernd in der Kunsthalle. In der Ausstellung „Lucas, Bosch, Gelatin“ wird derzeit fantastische Kunst unserer Tage von Sarah Lucas und der Künstlergruppe Gelatin Werken von Hieronymus Bosch aus dem 15. Jahrhundert gegenübergestellt.

Skurriles in Hadersdorf

Ein Geheimtipp ist dagegen in Hadersdorf, einem Nachbarort von Grafenegg, versteckt. Mitten auf dem Ortsplatz prangt an einem Haus ein Transparent mit der Aufschrift „Ausstellungshaus“. Skurril, was es drinnen zu sehen gibt: Eine Sammlung von zahllosen Schuhlöffeln hängt fein säuberlich in Rahmen an der Wand, im nächsten Raum werden zwei Dutzend Hut-Modelle von Macheten durchschnitten, im Stadel wackeln Spazierstöcke von der Decke, im Garten steht ein Knäuel voller verschlungener Gartensessel.

Die Lösung: Vor zwei Jahren kaufte der unter anderem für seine „Fallen-Bilder“ international bekannte Künstler Daniel Spoerri zwei Häuser am Ortsplatz. Seither wird hier Kunst von Weltruf ausgestellt: Mehrmals pro Jahr wechseln Werke von Spoerri und befreundeten Künstlern. Im ersten Jahr fanden so rund 5000 Besucher den Weg in das von Weinbergen umringte Dörfchen.

Zurück in Grafenegg steht bereits das nächste Konzert auf dem Programm. Auch wenn es dieses Mal wegen des schlechten Wetters in das Auditorium verlegt werden muss, tut das dem Kunstgenuss keinen Abbruch. Grafenegg ist immer eine Reise wert.

Informationen: Das Musik-Festival Grafenegg läuft noch bis 7. September mit Konzerten des NÖ. Tonkünstler-Orchesters und des Concertgebouworchesters, für die es noch Karten gibt. Informationen unter Tel. 02735 / 55 00, www.grafenegg.at. Die Ausstellung „Lucas, Bosch, Gelatin“ in der Kunsthalle Krems (Tel. 02732 / 90 80 10, www.kunsthalle.at) ist bis 6. November täglich von 10 bis 18 Uhr zu sehen. Die Ausstellungshäuser von Daniel Spoerri (Hauptplatz 16/23, Hadersdorf am Kamp) haben bis 30. Oktober jeweils donnerstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Tel: 02735 / 20 194, www.spoerri.at

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1  Kommentar
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landler42 (188 Kommentare)
am 04.09.2011 11:59

Es waere langsam an der Zeit diese absolut unnoetigen Anlizismen zur Seite zu legen. Was ist falsch mit Freilichtbuehne? Ist
"Offene Luft Buehne" wirklich so im Trend und soviel mehr
Beeindruckend? Dies den Journalisten und anderen Schreiberlingen
ins Stammbuch!!

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