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Woll-Lust: Stricken ist in und macht schlau

Von Christina Tropper, 04. Februar 2012, 00:04 Uhr
Woll-Lust: Stricken ist in und macht schlau
Die Schülerinnen der Linzer Fadingerschule haben einen Baum umgarnt. Bild: Weihbold

Sie tun es in der Straßenbahn, treffen sich auf öffentlichen Plätzen und umgarnen ganz im Geheimen Bäume oder Parkbänke: Die Strickistinnen wollen mit ihren gestrickten Botschaften den öffentlichen Raum verschönern und auf ein traditionelles Handwerk hinweisen.

160 Knäuel Wolle haben die Schülerinnen der dritten Klassen der Linzer Fadingerschule in den vergangenen Wochen verstrickt. Damit wurde die schuleigene Rotbuche ummantelt. Sie wärmt jetzt, in der kalten Jahreszeit, ein orange-rosa Wollkleid. Doch warum das Ganze? „Es gibt derzeit eine Renaissance des Strickens“, sagt Lehrerin Katharina Starmayr und weist damit auch auf das sogenannte Guerilla Knitting der Strickistinnen hin. Gemeint ist damit eine Bewegung, die aus der Graffiti-Szene kommt. Statt Botschaften und Kunstwerken mit Sprühflaschen landen Strickkunstwerke im öffentlichen Raum. Ein weibliches Statement für das Handwerk.

„Wir wollen mit einer sehr traditionellen Technik, die sich über Jahrhunderte bewährt hat, den öffentlichen Raum verschönern und zeitgemäß ein Zeichen setzen“, sagt Starmayr. Heimlich. Denn so gut wie keine Stickistin sucht um Genehmigung an, wenn sie die Nadeln schwingt. Nur bei den fleißigen Schülerinnen gab der Direktor das OK.

Rekordumsätze in Geschäften

Über den Strick-Trend freuen sich besonders Handarbeitsgeschäfte. Irmgard Mayrhofer vom Linzer Handarbeitsstadl: „Wir sind heuer fast überlaufen worden. Die Leute stricken für den privaten Gebrauch, aber auch für den öffentlichen Raum. Am beliebtesten ist die Merino-Wolle.“ Mayrhofer hat in dieser Saison so viel Wolle verkauft wie noch nie. „Das liegt auch sicher daran, dass das Handwerk wieder auflebt. Heute kann sich ja jeder alles kaufen. Handgemachte Kleidungsstücke sind einzigartig und jeder kann seiner Persönlichkeit ein eigenes Kleid verpassen.“

Obwohl das Stricken traditionell weiblich besetzt ist, gibt es immer mehr Männer, die sich auf den Tanz mit den Nadeln einlassen. Etwa Roland Mair, Medizinstudent aus Aschach an der Donau: „Ich habe in diesem Winter sicher 30 Knäuel verstrickt: Hauben, Handschuhe, was man eben so braucht“, sagt der sympathische 21-Jährige. Zum Stricken ist er gekommen, indem er seiner damaligen Freundin zu Weihnachten ein persönliches Geschenk machen wollte. „Das Stricken blieb, die Freundin ging“, sagt der junge Mann lachend. Wie Freunde und Kollegen reagieren, wenn er die Nadeln auspackt? „Die sind überrascht, dass ich das kann – blöde Bemerkungen habe ich noch keine bekommen.“ Zumal der Wahlwiener nicht nur das Stricken als Hobby hat: „Ich bin auch Rudertrainer und gehe regelmäßig laufen.“

Was die Wissenschaft sagt

Da das Handarbeiten derzeit so im Trend liegt, hat sich nun auch die Wissenschaft damit beschäftigt: Wer regelmäßig strickt anstatt fernzusehen, hat ein um 40 Prozent reduziertes Risiko für pathologische Gedächtnisverluste, eine Vorstufe der Alzheimer-Demenz, besagen aktuelle Studien. Die Theorie dahinter: Wenn man eine Tätigkeit immer wieder ausübt, kommt man in den Zustand vollkommener Entspannung wie bei Meditation.

In diesem Sinne: Ran an die Nadeln!

Die Masche mit der Masche

• 105 Kalorien: Stricken macht nicht nur schlau, sondern auch schlank. In einer Stunde verbraucht man 105 Kalorien.

• 100 Gramm dicke Wolle hat in etwa 66 Meter, ein dünneres Garn hat auf 50 Gramm 210 Meter gewickelt.

• 25 Millimeter ist die dickste Stricknadel. In Europa wird bei der Nadelstärke stets der Durchmesser der Nadel in Millimetern angegeben. Nadelstärke 5,5 bedeutet also zum Beispiel, dass Stricknadeln einen Durchmesser von 5,5 Millimeter haben müssen.

• Stricken lernen: Wer Lust aufs Handarbeiten bekommen hat, kann sich jetzt auch im Internet schlau machen. Auf www.nadelspiel.com wird sowohl Stricken als auch Häkeln einfach erklärt. Auch YouTube liefert zahlreiche Videos für Anfängerinnen.

• Je dicker das Garn, desto dicker die Nadel, mit der man es verstrickt. Dünnes Sockengarn z.B. wird meist mit Nadeln Stärke 2,5 verstrickt, dickes Effektgarn für Winterschals mit Stärke 8–10.

• Strickliesel: Kordeln lassen sich ganz einfach mit der Strickliesel machen. Wer einmal damit begonnen hat, kann schwer wieder aufhören. Kniffelig ist nur der Anfang sowie das Ende. Auch dafür gibt es im Web Anleitungen.

• Gratis Strickmuster: Über 46.605 kostenlose Strickmuster erwarten Nadelkünstlerinnen hier. Die ursprünglich norwegische Seite www.garnstudio.com wird täglich aktualisiert. Wer Fragen rund ums Stricken auf dem Herzen hat, kann sich im Forum anmelden und mit Gleichgesinnten diskutieren. Die perfekte Seite für Strickanfänger und Profis.

• 3000 v. Chr.: Wolle wird nachweislich seit mehr als 5000 Jahren verwendet.

• Der Wollgewinnung dienen Schafe, Kaschmir- und Angoraziegen (Mohair), Angorakaninchen (Angora), Kamele (Kamelhaar) und Kleinkamele wie Alpakas, Lamas und Vikunjas, Moschusochsen (Quiviut) und Yaks (Yakwolle).

Wussten Sie, dass ...?

• ... sich die Anfänge des Strickens nicht genau zurückverfolgen lassen, aber kleinasiatische Stämme bereits um 1900 v.Chr. eine Art Stricksocke kannten?

• ... im frühen Mittelalter liturgische Handschuhe offenbar die häufigsten Strickwaren waren? Bischöfe gebrauchten sie vom sechsten Jahrhundert an, während Priester mit Stücken aus Stoff oder Leder nehmen mussten.

• ... die frühesten Erwähnungen des gewerblichen Strickens sich im Jahr 1268 in Paris finden?

• ... vereinzelt vom siebten Jahrhundert an gestrickte Strümpfe erscheinen?

„Handarbeit ist ein feinmotorisches Training“

Handarbeiten fördern die Vernetzung neuronaler Zellen im Gehirn. „Stricken oder Häkeln kann schleichenden Gedächtnisverlust im Alter mildern“, sagt Universitätsprofessor Thomas Klausberger vom Wiener Zentrum für Hirnforschung.

In einer aktuellen Studie wurden 400 Senioren zu ihren Freizeitbeschäftigungen befragt und diese mit dem Auftreten von milden Gedächtnisstörungen verglichen. Das Ergebnis: Wer regelmäßig strickte, Bücher las oder Computer spielte, anstatt fernzusehen, hatte ein um 40 Prozent reduziertes Risiko für Gedächtnisverluste. Egal ob man als junger Mensch oder im hohen Alter damit beginnt.

So senkt Handarbeit ebenso wie die fernöstlichen Entspannungstechniken die Pulsrate und den Blutdruck, zeigten erste kleine Studien. Konkret: Stricken hat bei Probanden den Herzschlag um elf Schläge pro Minute gesenkt. Im Gehirn werden zudem bei kreativer Arbeit die gleichen Areale aktiv wie beim Meditieren.

Die OÖN sprachen mit dem Hirnforscher Thomas Klausberger von der Meduni Wien.

OÖN: Handarbeiten gegen Alzheimer – funktioniert das?
Thomas Klausberger: Jede Art von sinnvoller kognitiver Tätigkeit ist ein gutes Mittel, um die Wahrscheinlichkeit von Demenzerkrankungen wie etwa auch Alzheimer vorzubeugen.

OÖN: Und was ist am Stricken oder Häkeln so besonders?
Klausberger: Man hat einerseits ein feinmotorisches Training. Andererseits haben diese Tätigkeiten aber auch einen gewissen meditativen Charakter. Das Gehirn konzentriert sich auf etwas Bestimmtes und vernachlässigt dadurch andere Dinge. Es gibt aber unterschiedlichste Tätigkeiten, die das hervorrufen. Da gehören sicher auch das Spielen eines Instruments oder etwa das Malen eines Bildes dazu.

OÖN: Es heißt, dass handwerkliche Tätigkeiten die Vernetzung im Gehirn fördern. Das ist vor allem für Heranwachsende wichtig, oder?
Klausberger: Eine ausgewogene kognitive Tätigkeit sollte man immer haben – da kommt es nicht auf das Alter an. Sicher ist, dass auch handwerkliche Schulfächer auf jeden Fall ihre Berechtigung am Stundenplan haben.

GEWINNSPIEL

Sie wollen häkeln lernen oder sind schon Profi und möchten Ihre Technik verbessern? 12 OÖN-Leser können einen Häkelkurs bei Claudia Neugebauer in Wels gewinnen. Die Gewinner können, müssen aber nicht mit Wolle und Nadeln ausgestattet sein. Der Kurs findet am 10. Februar ab 17 Uhr im Atelier der Künstlerin statt.

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