Rosa oder Blau – das ist nicht die Frage

Von OÖN   12.Dezember 2012

Bub oder Mädchen – so lautet oft die erste Frage, wenn man ein Spielzeuggeschäft betritt. Die Bereiche sind streng getrennt und von Weitem erkennbar: auf der einen Seite Puppen, Ponys und Glitzer ganz in rosa, auf der anderen Konstruktionsspielzeug, Autos und dunkle Monster. Ob das Spielverhalten von Buben und Mädchen angeboren oder anerzogen ist, darüber ist die Wissenschaft uneins.

Fakt ist: es gibt ihn, den kleinen Unterschied. „Die Welt, in der Kinder heute aufwachsen, ist eindeutig in zwei unterschiedliche Erfahrungsbereiche geteilt, die sich auch farblich voneinander abheben. Von der Kinderkleidung, der Bewerbung des Spielzeuges, den Bildungsmaterialien, bis zum Angebot von Hobbies: es gibt eine strikt getrennte Buben- und Mädchenwelt“, sagt die Kindergartenpädagogin Kristina Botka, die im ersten geschlechtsspezifischen Kindergarten in Wien gearbeitet hat. Buben und Mädchen würden von klein auf in Schubladen gedrängt, um dem Bild der Gesellschaft zu entsprechen, sagt sie. „Beiden Geschlechtern werden dadurch wichtige Erfahrungen vorenthalten. Sie werden oft gar nicht erst angeboten, weil Erwachsene häufig überzeugt seien, dass es sie ohnehin nicht interessiert.“

Gegen die „Pinkifizierung“

Die Kinderfreunde Oberösterreich haben gerade eine landesweite Plakatkampagne gegen die „Pinkifizierung“ – wie die Wissenschaft diesen Trend nennt – gestartet. Auch in anderen Ländern Europas gibt es solche Initiativen, das britische Kaufhaus „Marks&Spencer“ nahm beispielsweise kürzlich einige rosa Glitter-Spielzeugprodukte aus dem Sortiment.

Kinder völlig geschlechtsneutral zu erziehen, sei allerdings fast unmöglich, sagt Kinder- und Jugendpsychologin Christa Schirl. „Denn es gibt viele heimliche Miterzieher, Freunde, Großeltern oder auch die Werbung“. Das sei im Grunde aber auch gar nicht nötig, „denn geschlechtsneutrale Erziehung um jeden Preis ist genauso schlecht wie eine rein der Geschlechterrolle entsprechende.“ Wichtig sei, dass Eltern ihren Kindern Zugang zu dem Spielzeug ermöglichen, das sie sich wünschen – und zwar ohne zu bewerten. „Wenn ein Bub eine Spielzeugküche haben will, dann sollte er sie auch kriegen. Warum nicht, es gibt ja auch viele berühmte Köche, nicht nur Köchinnen. Und Puppenküchen sind schon längst nicht mehr nur rosafarben“, sagt Schirl. Es ginge im Grunde einfach darum, die Talente der Kinder zu fördern.

Man könne auch im Alltag versuchen, den Nachwuchs für Dinge zu begeistern, die vielleicht nicht als geschlechtsspezifisch gelten. „Indem man einen autobegeisterten Buben den Salat waschen lässt oder die Tochter bittet, einen Nagel einzuschlagen.“

Kinder lernten ohnehin nicht nur durch Spielzeug, sondern auch durch Beobachtung und Nachahmung der Eltern. „Wenn der Papa die Waschmaschine einräumt, die Jause herrichtet oder die Windeln wechselt und die Mama den Ofen einheizt, dann werden schon von Anfang an traditionelle Rollenbilder aufgeweicht“, sagt Schirl. „Und außerdem – wenn die Mutter nicht pinkifiziert ist, dann wird es das Kind wohl auch nicht werden.“