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Bekenntnis des Feinspitzes: „Ich werde weiter gerne Fleisch essen“

Von Von Peter Hirsch, 04. September 2010, 00:04 Uhr
Bekenntnis des Feinspitzes: „Ich werde weiter gerne Fleisch essen“
Peter Hirsch Bild: Weihbold

Ich verstehe, dass fast alle Vegetarier auf Fleischesser, wie ich einer bin, nicht gut zu sprechen sind. Der Grund: Fleischliebhaber zeigen oft missionarischen Eifer, um Vegetarier davon zu überzeugen, wie ungesund und genussfeindlich sie leben.

Ich verstehe, dass fast alle Vegetarier auf Fleischesser, wie ich einer bin, nicht gut zu sprechen sind. Der Grund: Fleischliebhaber zeigen oft missionarischen Eifer, um Vegetarier davon zu überzeugen, wie ungesund und genussfeindlich sie leben. Die Vegetarier aber rächen sich kaum. Sie verurteilen mich und meinesgleichen selten offen und brüsk als Barbaren. Sie wollen mich nicht ständig bekehren.

Vegetarier aber müssen sich oft saublöde (besser in diesem Fall wohl: „tofu-depperte“) Sprüche anhören.

„Man setzt Löwen ja auch keine Rohkost vor.“

„Ich bin kein Hase und kein Rind.“

„Ich esse doch nicht Tieren ihr Futter weg“.

„Und was ist mit den armen Pflanzen, die ihr esst, die sind doch auch leidende Lebewesen!“

„Vegetarier leben nicht länger, es kommt ihnen bei ihrem faden Essen nur so vor“.

Nein, mit diesen diskriminierenden Phrasen und ähnlichem Quatsch will ich mich nicht beschäftigen. Nur zum letzten Zitat merke ich an: Ich kenne keine seriöse Großstudie und verlässliche, objektive, unabhängige Statistik, die Menschen nur deshalb, weil sie kein Fleisch essen, eine deutlich höhere Lebenserwartung bescheinigen. Es stimmt aber, dass Vegetarier in der Regel weniger oft krank sind. Das führen viele Ärzte aber nicht in erster Linie darauf zurück, dass sie kein Fleisch essen, sondern: Sie leben meist gesünder – kein Nikotin, weniger Fett, wenig Alkohol, mehr Sport.

Zumindest 95 Prozent der Mediziner sind der Meinung, dass eine Mischkost mit wenig Fleisch die gesündeste ist. Ich nehme also an, dass ich als Fleischesser nicht a priori ungesünder lebe, als jene 1,4 Prozent Männer und 3,9 Prozent Frauen in Österreich, die laut Statistik Austria Vegetarier oder Veganer sind.

Je nachdem, welcher Statistik und Berechnung (Schlachtungen, Verkauf, Verzehr inklusive oder ohne Wurstwaren) man glauben will, „verbraucht“ der Statistik-Österreicher zwischen 46 und 100 Kilogramm Tiere pro Jahr. Das ist zu viel. Aber den Gegentrend, nach dem ich seit einiger Zeit zu leben versuche, gibt es längst, auch in feinen Restaurants: Fleisch als Beilage. Also als kleinere Einheit im Vergleich zu Gemüse und allerlei sättigenden (die Figur allerdings viel mehr als halbwegs mageres Fleisch rundenden) Kohlenhydraten.

Meine Frau und ich wollen (Gewissensnarkose?) ökologische und tierfreundliche Fleischesser sein. Immer öfter kaufen wir Fleisch, das ebenso teuer, wie Bio ist, oder zumindest aus artgerechter Haltung stammt und von dem wir annehmen, dass es aus stressfreier (was immer das bedeuten mag) Schlachtung stammt.

Apropos Gewissen: Ich weiß, dass auf fruchtbarem Weideland ein Rind eine Fläche von einem Hektar – andere sagen: einem halben, ist aber auch schon fast wurscht – beansprucht. Darauf könnte man jährlich 1500 bis 3000 kg Weizen ernten, um fünf bis zehn Mal so viele Menschen zu ernähren. Könnte, weil z. B. Soja wird auf immer größeren Flächen nicht für die Ernährung angebaut, sondern um aus ihm Sprit zu erzeugen.

Ein bisserl drückt mich zwar das Gewissen, weil die Massentierhaltung generell, speziell von Rindern, vermutlich das Klima übel beeinflusst. Trotzdem ist es absurd anzunehmen, dass in Zukunft deshalb kein Fleisch mehr gegessen wird. Mein Klimagewissen beruhige ich auf andere Art: Ich fahre ein Auto mit 5 Litern Verbrauch und kaufe Lebensmittel saisonal ein, z. B. im Winter weder Erdbeeren noch Spargel aus was-weiß-ich-woher.

Früher einmal gab es auch in Österreich Fleisch nur selten, oft nur an Sonntagen. Fleisch war Luxus, so wie oft heute das zum Teil überteuerte Biogemüse. Drei, vier Mal die Woche jeweils rund 150 Gramm Fleisch reichen, medizinisch betrachtet jedenfalls, weniger wäre auch unproblematisch und mehr ist nicht nötig. Auch vom feinschmeckerischen Standpunkt nicht, gibt es doch viele feine Mehlspeisen von Kaiserschmarrn bis Zwetschkenknödel.

Noch bin ich nicht angelangt beim Ideal, nur drei bis vier Mal rund 150 Gramm Fleisch & Co. pro Woche. Aber vielleicht gelingt mir mit der Zeit diese Beschränkung, vor allem deshalb, weil ich ein Genießer bin. Ich weiß: Wer täglich große Mengen Fleisch, Wurst usw. isst, kann letztlich den Genuss, den Bratl, Gansl, Hendl, Schnitzel, Lammrücken und Burenwurst bedeuten, nicht mehr wirklich schätzen. Auch wenn ich zugebe: Ab und zu will und werde ich in Ewigkeit Amen weiterhin eine ganze Stelze mit fast nix dazu oder ein großes Medium-T-Bone-Steak nur mit ein wenig Salat völlernd genießen. Ein Tausch gegen Tofuschnitte, Sojawürstl oder Kürbisauflauf kommt nicht in Frage.

Fleisch ist ein wertvolles Lebensmittel, es sollte auch ein kostbares sein. Deshalb empört mich, dass zunehmend nur „Edelteile“ der Tiere gegessen werden, die weniger „vornehmen“, aber köstlichen (und viel schwerer zuzubereitenden) Teile, z. B. Innereien, oft verschmäht werden. Wenn schon ein Tier für den Genuss stirbt, soll es vollständig verarbeitet werden und nicht zum Teil bei der Tierkörperverwertung landen.

Vegetarier halten sich zwar meist für Gutmenschen, sind aber, wie erwähnt, trotzdem in der Regel nicht lästig. Obwohl sie oft, manchmal mehr oder weniger aggressiv, gefragt werden, warum sie „so anders“ sind und ihre Lebensweise verteidigen müssen. Nur wenn man sie sehr nervt („Du weißt ja nicht, was dir entgeht!“), hören Fleischesser ab und zu: „Ich könnte akzeptieren, dass du Tiere isst, wenn du sie auch selbst tötest.“

Das ist ein Argument. Aber nur auf den ersten Blick. Ich zumindest kenne weder einen Fleischer, noch einen Schlachter oder Jäger und auch keine Bauernfamilien, die ihre Hühner, Schweine, Schafe und Rinder auf dem Hof in Lebensmittel verwandeln, die kein Fleisch essen. Ich gebe aber zu: Selbst schlachten würde ich nur knapp bevor ich verhungere.

Das ist feig, ich weiß.

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1  Kommentar
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fuertiere (254 Kommentare)
am 05.09.2010 13:49

Unter diesem Motto der Agrarindustrie leiden heute rund 150 Mill. Nutztiere in deutschen Ställen. Ob Schwein, Rind, oder Legehenne, ob Pute, Kaninchen oder Ente - sie werden verstümmelt, in enge Ställe oder Käfige gepfercht und mit Medikamenten vollgepumpt. Auf der Strecke bleiben nicht nur das Wohl der Tiere und ihre artgemäße Haltung, sondern auch Qualität, Geschmack und die gesundheitliche Unbedenklichkeit der Produkte.
Mediziner warnen seit Jahren die Verbraucher vor Medikamentenanreicherungen in Fleisch, Milchprodukten und Eiern. Es gilt als gesichert, daß Antibiotikaanreicherungen im Fleisch, speziell im Schweinefleisch, die Hauptursache für die hochbrisante Antibiotikaresistenz beim Menschen sind. Immer mehr Menschen sprechen selbst auf hohe Antibiotikadosen nicht mehr an.

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