„Blumentherapie“ für psychisch Kranke
WELS/THALHEIM. Die Arbeit mit Tieren und Pflanzen wirkt auf die meisten Menschen beruhigend. Daher setzt auch der Verein pro mente auf „Blumentherapie“. Psychisch Kranke arbeiten seit Ende Jänner in der Gärtnerei der Familie Johanik mit, um wieder an den Arbeitsmarkt herangeführt zu werden.
Bislang mussten Welser nach Steyr, Vöcklabruck oder Linz in die Arbeitstrainings-Zentren (ATZ) auspendeln: Für sie waren drei Plätze reserviert. Nun entstand in Thalheim über Vermittlung von Gemeinde und Senior-Chefin Gertrude Johanik das erste Welser ATZ, das sich von den zwölf anderen im Bundesland unterscheidet: Es ist in einem bestehenden Betrieb integriert: „Hier wird marktnahe gearbeitet, sozusagen ein Shop-in-Shop-System “, sagt AMS-Bezirksleiter Othmar Kraml.
An den anderen Standorten wurden die ATZ als völlig neue Betriebe, z.B. Büro-Service, Tischlerei, Gastronomie, Druckerei gegründet. Finanziert wird zu gleichen Teilen von AMS und Pensionsversicherung: „Unsere Geldgeber verlangen auch eigenerwirtschaftetes Geld“, erklärte gestern ATZ-Landesleiterin Sigrid Ströher bei einer Pressekonferenz.
Beim Welser ATZ tragen derzeit fünf Patienten zum wirtschaftlichen Erfolg bei, im Endausbau sind neun Plätze vorgesehen. Zwölf Männer und Frauen sind vorgemerkt. Maximal 15 Monate dauert die Betreuung.
Die ATZ-Mitarbeiter brauchen keine Vorbildung, machen freiwillig mit und werden von Nina Türk psychisch betreut: Es gibt Einzelgespräche und Gruppentherapien. Fachlich nimmt sie Gärtnerin Karin Kozian unter ihre Fittiche: „Ich arbeite gerne mit den Leuten, es freut mich, wenn ich ihnen was Neues lehren kann.“
Junior-Chefin Renate Webinger sagt: „Wir ziehen hier Pflanzen für Wiederverkäufer.“ Die ATZ-Schützlinge arbeiten aber auch als Landschaftsgärtner: „Sie helfen mit, die Grünanlagen in unserer Gemeinde zu pflegen“, sagt Bürgermeister Andreas Stockinger.
Chefärztliche Gutachten liefern die Basis, wer letztlich diese Form der beruflichen Rehabilitation machen darf. Die Pensionsversicherung hat großes Interesse, die Menschen wieder in den Arbeitsprozess einzugliedern. Sie sollen nicht in jungen Jahren zu Frühpensionisten degradiert werden.
„In Steyr wollte ein bereits pensionierter Dreißigjähriger wieder in den Arbeitsmarkt zurück: Dank vieler kleiner Maßnahmen und nach dem Arbeitstraining fand er vor vier Jahren einen Job“, sagt Landesleiterin Ströher. Mehr als die Hälfte der ATZ-Mitarbeiter werden wieder in den Regelarbeitskreis eingegliedert.
Die Betreuung der psychisch Kranken ist notwendig. „Im Vorjahr ging die Arbeitslosigkeit zurück, einzige Ausnahme: bei den Menschen mit gesundheitlichen Problemen“, sagt Kraml. Besonders psychische Erkrankungen würden sehr stark zunehmen.
Arbeitstrainingszentrum Wels/Thalheim, Leitung: Susanne Mair: 0664/84 56 236.
Arbeitstraining
Der Verein „pro mente“ betreut Menschen in psychischen Krisen und psychisch Kranke. Arbeitstraining ist ein Teil des Angebotes, bei dem Kranke an den Arbeitsalltag herangeführt werden sollen – mit fachlicher Betreuung in verschiedenen Gewerben und ständiger psychosozialer Unterstützung.
Ein Arbeitsplatz kostet rund 22.000 Euro/Jahr und wird zu gleichen Teilen vom Arbeitsmarktservice (AMS) und der Pensionsversicherung finanziert. Diese will Menschen wieder in den Arbeitsprozess eingliedern, damit sie nicht schon mit jungen Jahren in Frühpension geschickt werden müssen. Die Erfolgsquote liegt bei rund 55 Prozent.