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Steyr hat mehr als das Forellenquintett

Von Hannes Fehringer, 17. Juli 2013, 00:04 Uhr
Steyr hat mehr als das Forellenquintett
Vergessener Meilenstein der Musikgeschichte: Martin Fiala entdeckte den fast in Vergessenheit geratenen Sebastian Ertel wieder. Bild: feh

STEYR. Der Komponist Martin Fiala erforschte die Musikgeschichte der Stadt und fand große Meister.

Franz Schubert komponierte auf Anregung seines Freundes, des Musikmäzens und Cellisten Silvester Paumgartner, bei seinem Aufenthalt 1819 das weltberühmte Forellenquintett. Kein Tourist kommt in Steyr umhin, diese Geschichte von den Stadtführern und Nachtwächtern bei den Rundgängen zu hören. Dazu klicken die Fotoapparate vor dem Denkmal Anton Bruckners, der gerne in der Eisenstadt weilte.

Die weitaus bedeutenderen Geschichten schlummern aber noch in den Bibliotheken und Archiven, ist sich der Komponist und Musikschuldirektor Martin Fiala gewiss. Für seine Diplomarbeit ging er großen Tondichtern auf die Spur, die in und um Steyr gewirkt haben. Fiala fand Weltbewegendes.

Der weltbekannte Vorläufer der Barockmusik, Paul Peuerl, dessen Todesjahr man nicht genauer als nach 1625 kennt, hatte in dem Benediktinermönch des damaligen Klosters in Garsten, Sebastian Ertel, einen nicht minder begabten Zeitgenossen. Steyr war damals Hochburg des Protestantismus und die katholische Pfarre auf ein Häuflein von noch 18 Gläubigen geschrumpft. Peuerl war der vom lutherischen Rathaus in Steyr besoldete Organist, Ertel ein in Garsten gerne gehörter katholischer Prediger. Testamente aus dem 14. Jahrhundert, in denen Erblasser für eine alljährliche Seelenmesse Gutshöfe und Ziegelöfen der Kirche schenkten, bezeugen nicht nur den üppigen Ablasshandel, sondern belegen nebenher auch die reichhaltige Kirchenmusik vor der Reformation.

Ertels Werk ein großes Puzzle

„Wir wissen leider nicht, ob sich Ertel und Peuerl begegnet sind, ob sie einander schätzten oder Gegenspieler waren“, sagt Fiala. Von Ertel, der 1618 starb, bevor Peuerl mit Beginn der Gegenreformation gekündigt wurde und fortziehen musste, sind nur musikalische Werke und nichts Biografisches erhalten geblieben. Wie Peuerl war Ertel einer der Vorläufer, die den Gesang mit einem „Generalbass“ und mit Akkorden begleiteten. Die Musik vor ihnen war noch viel mehr auf die menschliche Stimme beschränkt. „Ertel hatte die Qualität, Weltmusikgeschichte zu schreiben“, sagt Fiala, der in Bibliotheken aus ganz Europa das Schaffen des genialen Mönches aus Garsten zusammenfügte. Jetzt ist Fiala damit beschäftigt, die musikalischen Aufzeichnungen von mikroverfilmten Drucken und kopierten Handschriften des Komponisten in die heutige Notenschrift zu übertragen. Weil Vorzeichen und Pausen fehlen, muss Fiala nicht nur die Takte rekonstruieren, sondern gegebenenfalls auch die Melodie erschließen. „Es sind großartige Schöpfungen“, sagt Fiala, dessen Traum es ist, dass eines Tages wieder ein Chor und Orchester nach 400 Jahren ein Werk des vergessenen Meisters aufführt. Fiala will dafür die Partituren bereitstellen. Mit weiteren Autoren schreibt er unterdessen an einer großen Steyrer Musikgeschichte, wo Ertel ein großes Kapitel gewidmet wird.

 

Unter dem Hakenkreuz spielte ein Zwangsorchester

Die Musikgeschichte Steyrs hat viele Kapitel, Ruhmesblätter, aber auch düstere Seiten. Die Autoren Erich Wolfgang Partsch, Karl Mitterschiffthaler, Sandra Föger und Martin Fiala vereinen ihre Manuskripte in einem großen Kompendium, das alle bedeutsamen Töne in der Stadt vom Mittelalter bis zur Gegenwart beinhaltet. In zwei Jahren soll eine umfassende Musikgeschichte der Stadt Steyr im Buchhandel erscheinen.

Wenig bekannt ist etwa, dass im Mittelalter auch Steyr „Meistersinger“ hatte. „Diese waren jenen aus Nürnberg ebenbürtig“, sagt Fiala. Gesungen wurde in den Zünften als Vorwegnahme der späteren Männersangesbünde.

Den Namen Reithoffer kennt jeder in Steyr von der einstigen Gummifabrik, in der jetzt die Außenstelle des Rathauses und die Musikschule untergebracht wurde. Ein Spross der Industriellenfamilie, Rudolf Reithoffer (1866 – 1927), war als „Privatier“ von der Geschäftstätigkeit ausgenommen und komponierte. Auf den Wagner-Jünger ging auch ein Marsch „Hurrah Hindenburg“ zurück.

Nach der Annexion Österreichs durch Hitler-Deutschland wurden sofort die Musikvereine aufgelöst. Die Nazis gründeten ein Zwangsorchester. Bei dem braunen Ferienprogramm „Kraft durch Freude“ (KdF) wurden für geschlossene Gesellschaften eigens Konzerte in Steyr veranstaltet.

Noch immer „Klang frei!“ lautet der Gruß des Mandolinenorchesters „Arion“, das vor 90 Jahren von Arbeitern gegründet wurde. 

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2  Kommentare
2  Kommentare
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Fenstergucker (2.386 Kommentare)
am 17.07.2013 14:39

Eigentlich hat ja Steyr eine Fülle von historischen Schmankerln.
Leider fehlt es den verantwortlichen Beamten im Rathaus, ich erwähne hier nur den Namen Zineder, am notwendigen Engagement und natürlich auch am Wissen und Können. In keiner vergleichbaren Stadt in Österreich leitet ein Jurist das Kulturamt.
Es gehört hier schleunigst eine personelle Veränderung herbeigeführt.

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( Kommentare)
am 17.07.2013 22:08

Ein Jurist könnte ja durchaus auch Kulturbefliessener sein, nur in der Hacklerstadt Steyr ist es halt nicht so.

Da spielen die Beamten in einer anderen Liga als die hochbezahlten Politiker, incl. Hackl, Oppl, Hauser, Mayrhofer, Zöttl + Co, die auf Gedeih und Verderb den Pragmatisierten ausgeliefert sind.

Aber bei der nächsten Wahl bekommen die Sozis ohnehin eine auf die Mütze oder will man auch in Zukunft einem Oppl diese Monstergage zahlen, nur weil er Schwiegersohn eines betagten Ex-Bürgermeisters ist ?

Es gilt die UV

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