Freileitung: Bierbrauer und Bauern lassen sich enteignen

Von René Jo. Laglstorfer und Hannes Fehringer   30.Juni 2017

An die Genossenschafter wurden je nach Besitzanteil Stimmzettel ausgehändigt, im Gasthaus eine Wahlzelle und Urne aufgebaut. Bürgermeister Leopold Bimminger (VP) wachte als Ehrengast der außerordentlichen Vollversammlung über die Korrektheit der geheimen Wahl. Mit großer Mehrheit entschied sich die Agrargemeinschaft Pettenbach, das allerletzte Angebot der Energie AG abzulehnen und es bei dem Bau der 110-kV-Leitung zwischen Vorchdorf und Kirchdorf darauf ankommen zu lassen.

Zwei Grundstücke im Gemeinschaftsbesitz der 50 Bauern in Steinbach/Ziehberg und in Pettenbach werden nun mit Zwang der Trasse für die Hochspannungsleitung der Energie AG einverleibt. Dass bei der Enteignung die Wertminderung der Grundstücke dann nur noch mit 61 Prozent der bei einer gütlichen Einigung gezahlten Summe abgegolten wird, ließ bei der Versammlung an den Tischen die Wut überkochen.

"Die Mehrheit der Mitglieder fasste diese Ungleichbehandlung als Erpressungsversuch auf", sagt Obmann Franz Radner, "das sieht ja auch keiner ein, dass man für eine Meinung und einen Standpunkt, die man doch wohl noch haben darf, bestraft werden soll."

Dabei hatte Radner zu Beginn noch eine Powerpoint-Präsentation mit einer Folie "Eine ausreichende Energieversorgung ist eine Basis für unseren Wohlstand!" auf die Leinwand projiziert. "Ich habe mich als Obmann um größte Objektivität bemüht", sagt Radner, "die Energie AG hat es sich mit ihrer Vorgangsweise bei den Leuten selber verscherzt."

Freileitung: Bierbrauer und Bauern lassen sich enteignen
Obmann Franz Radner

Radner persönlich ist auch Projektgegner: Noch immer wäre ein Erdkabel über Pettenbacher Gemeindegebiet die beste und auch gar nicht teurere Lösung, sagt er: "Aber von vier Varianten will man die zweitschlechteste durchpeitschen." Ein Unding sei es aber, dass die Energie AG die Kabel über eine Schneise in Südhängen spannen wolle. "Das wird den Borkenkäferbefall auf die Höhe treiben", prophezeit der Landwirt.

20 Enteignungen seien bereits abgewickelt worden, sagt Radner. Einer auf der Liste jener Grundeigentümer, die sich nicht beugen wollen und jetzt zur Enteignung auf die Bezirkshauptmannschaft geladen werden, ist auch der Brauer des Eggenberger Bieres in Vorchdorf, Karl Stöhr: "Meine Hoffnung liegt beim EuGH, weil der bürgerfreundlicher ist und dort nicht so eine Freunderlwirtschaft herrscht wie bei uns."