„Reflexion ist uns wichtiger als die Konfrontation mit der Barbarei“
MAUTHAUSEN. Pläne für einen Gedenkort auf dem Bahnhofsgelände und Lückenschluss des Audio-Wegs bis zum Bergkristall-Stollen.
Das Bahnhofsgebäude in Mauthausen soll heuer zum Jahresende abgerissen und der Platz neu gestaltet werden. Damit verändert sich auch die Sicht auf jenen Ort, an dem ab Sommer 1938 zehntausende Menschen in das hiesige Konzentrationslager transportiert wurden. Gemeinsam mit Opferorganisationen wollen die in der „Bewusstseinsregion“ vereinten Standortgemeinden diese Neugestaltung nutzen, um einen der Geschichte angemessenen Gedenk-Ort zu gestalten. „Wir stehen laufend in Gesprächen mit den ÖBB“, sagt der Mauthausener Bürgermeister, LAbg. Thomas Punkenhofer.
Ziel ist es, das Original-Gleis sowie die Rampe, an denen die Waggons mit den Gefangenen angehalten hatten, zu erhalten und einen Teil der Rampe für persönliches Gedenken von Besuchern der Gedenkstätte frei zu geben. Außerdem gibt es den Wunsch, hier auch einen der wenigen noch erhaltenen Original-Waggons aufzustellen – mitsamt einer Einhausung. „So wie der Bahnhof für zehntausende Menschen der erste Kontakt mit Mauthausen war, könnte dieser Gedenk-Ort einen idealen Einstieg für die Nachkommen der Opfer und Besucher der Bewusstseinsregion sein“, sagt Punkenhofer.
Wie überhaupt die Weiterentwicklung der vor zwei Jahren gegründeten Region einer der Arbeitsschwerpunkte der kommenden Monate darstellt. So wird beispielsweise an einem gemeindeübergreifenden ein Audio-Weg vom Bahnhof Mauthausen bis zur Gedenkstätte Gusen und weiter zum „Bergkristall“-Stollen in St. Georgen gearbeitet. „Franz Pötscher hat hierzu in Mauthausen schon wertvolle Vorarbeit geleistet. Jetzt geht es darum, die Verbindung nach Gusen zu schaffen und nach St. Georgen. Außerdem ist eine Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz wichtig - immerhin ist das eine Distanz von 13 Kilometern“, sagt der Langensteiner Bürgermeister Christian Aufreiter.
Weiters sollen die Kontakte zu den Nachbargemeinden Ried, Katsdorf und Schwertberg verstärkt werden. Ebenso die Kontakte zu europäischen Partnergemeinden sowie die Fortführung des Symposiums für Menschenrechte, sagt St. Georgens Bürgermeister Erich Wahl, der in den kommenden beiden Jahren den Vorsitz in der Bewusstseinsregion hat. Fernziel bleibt die Errichtung eines Jugend-Bildungshauses für Gedenkarbeit und Demokratie. „Wir wollen schließlich den Blick nicht nur in die Vergangenheit richten, sondern immer auch eine Brücke in die Gegenwart schlagen. Diese Reflexion ist eigentlich noch wichtiger als die Konfrontation mit der Barbarei vor 80 Jahren“, betont Wahl. Anknüpfungspunkte dafür gebe es zuhauf, ist der St. Georgener Bürgermeister überzeugt: „Natürlich haben damals viele Menschen gewusst, was hier passiert. Wir wissen auch, dass täglich hunderte Menschen im Mittelmeer ersaufen. Was tun wir dagegen? Auch das anzusprechen, ist eine Aufgabe, die wir als historisch belastete Region haben.“