Aus Protest schickte Bürgermeister Brief mit 100 Euro an Sozialminister

Von Von Barbara Eidenberger   07.Jänner 2011

OÖN: Warum schicken Sie Sozialminister Rudolf Hundstorfer einen Brief mit 100 Euro?

Hinterhölzl: Weil es so nicht weitergehen kann. In vielen Heimen ist es so, dass sich am Monatsersten die Angehörigen anstellen und das Geld abholen. Gleichzeitig haben die Gemeinden dermaßen hohe Ausgaben für die Altenheime. Allein Eidenberg zahlt 367.000 Euro im Jahr an den Sozialhilfeverband (SHV).

OÖN: Das klingt so, als kämen die Angehörigen nur zum Abkassieren.

Hinterhölzl: Die Angehörigen sind nicht die Schuldigen. Das Problem ist eine ganz falsche Regelung. Den Heimbewohnern oder Pflegebedürftigen bleibt von der Pension Geld übrig, vom Pflegegeld und das 13. Pensionsgehalt. Davon geht einiges an die Angehörigen. Und die Kosten für die Rund-um-Versorgung im Heim trägt die Allgemeinheit.

OÖN: Sie verlangen also, dass der Staat stärker auf dieses Geld zugreift?

Hinterhölzl: Der Staat muss auf dieses Geld zugreifen. Es kann doch nicht sein, dass Gemeinden und Land dermaßen viel dazuzahlen. Ich gehöre selbst zu denen, die immer mal wieder Geld von einer Heimbewohnerin geschenkt bekommen. Aber ich kann dieses Geld nicht annehmen, weil ich weiß, woher es kommt und wo es fehlt.

OÖN: Haben Sie das Thema auch mit anderen Bürgermeistern schon besprochen?

Hinterhölzl: Wir diskutieren sehr, sehr viel, und es wird auch einen gemeinsamen Schulterschluss geben müssen. Ich habe das Mail auch an alle anderen Gemeinden weitergeschickt. Auch bei der Bürgermeister-Akademie habe ich angesprochen, dass wir in Oberösterreich uns diese Vorreiterrolle gegenüber anderen Bundesländern nicht leisten können.

OÖN: Was meinen Sie mit Vorreiterrolle?

Hinterhölzl: Der SHV-Bereich ist an sich eine Bundesregelung. Wir in Oberösterreich haben aber einige Sonderregelungen. Zum Beispiel – und das ist ein nächstes Thema, das dringend diskutiert werden muss – kostet die Pflege durch die Mobilen Dienste den Betroffenen in Oberösterreich viel weniger, als in anderen Bundesländern.

OÖN: Und die öffentliche Hand leistet in Oberösterreich einen größeren Beitrag?

Hinterhölzl: Ganz genau. Kleinstpensionisten kostet zum Beispiel eine Stunde Betreuung zum Teil nur einen Euro. Den Rest zahlen die Gemeinden. Und die Angehörigen stehen daneben und schaffen an. Das ist ja auch frustrierend für die Pflegebediensteten.

OÖN: Was muss getan werden?

Hinterhölzl: Bei den Tarifen für die Mobilen Dienste muss man sich auf einen Mittelwert für ganz Österreich einigen. Es kann nicht jedes Bundesland eine Sonderregelung haben.

OÖN: Womit wir mitten in einer Föderalismus-Diskussion wären.

Hinterhölzl: Ja, unter anderem. Aber man wird sich angleichen müssen. Es kann nicht sein, dass es an jeder Landesgrenze andere Regelungen gibt. Dazu ist Österreich zu klein.

OÖN: Soll auch auf das Geld der Angehörigen zugegriffen werden?

Hinterhölzl: Nein, ich will den Angehörigen nichts wegnehmen. Es genügt, wenn das Pflegegeld dort hin kommt, wo es auch hingehört: Zu den Heimen. Und bei den Mobilen Diensten fordere ich eine gerechte Bezahlung.

OÖN: Glauben Sie, dass die Bevölkerung Verständnis für diese Forderung hat?

Hinterhölzl: Es ist schwierig zu kommunizieren. Aber in Zeiten wie diesen muss man das einfach einfordern. Es kann jedoch nicht sein, dass die Kosten für die Gemeinden jedes Jahr um sechs Prozent steigen und die Angehörigen sich dann auch noch beschenken lassen.