Trotz alternder Gesellschaft schwindet die Besucheranzahl in Tagesheimstätte

Von Valentina Dirmaier   02.Februar 2017

Hermine schunkelt zur Musik von Hildegard Knef. Zur Geburtstagsfeier – sie wurde tags zuvor 77 Jahre – solls melodisch "Rote Rosen" im Kreise der Montagsrunde regnen. Peter, selbsternannter DJ, dreht den Lautstärkeregler nach oben, dann wird auf die Jubilarin angestoßen.

Lärm und Spaß steigen in der Tagesheimstätte, einer von dreien in der Linzer Nachbargemeinde. Die Stimmung passt. Die Bezeichnung weniger. Sie ist irreführend, für viele nicht mehr zeitgemäß. Das belegt auch eine kürzlich präsentierte Studie über die Einrichtungen in Ansfelden, Haid und Nettingsdorf, welche die Stadtgemeinde in Kooperation mit der Johannes Kepler Uni durchführte.

Die 1981 gegründete Einrichtung im Ortszentrum, wo sich Montag bis Donnerstag, 14 bis 18 Uhr, quicklebendige und vergnügte Pensionisten ihre Zeit mit plaudern, Karten spielen, musizieren oder stricken verbringen, ist keine Betreuungsinstitution, wie der Name vermuten lässt.

Die Besucher schwinden

"Dafür gibt’s andere Einrichtungen. Und es ist auch kein Wirtshaus, wo konsumiert werden muss", wie Leiterin Klaudia Müller sagt, während sie der Getränkebestellung ihrer Gäste nachkommt und Wein, Bier, Saft ins Nebenzimmer serviert. Das Cola kostet einen Euro, ein Paar Frankfurter 2,1 Euro, eine Halbe 1,9 Euro.

Dort, wo einst die Feuerwehr Ansfelden untergebracht war, sitzen fünf Pensionisten rund um den Ecktisch, werfen energisch Spielkarten auf den Tisch, die Verlierer zählen mürrisch dem Gewinner ein paar Münzen aus, scherzen und tauschen den neuesten Klatsch und Tratsch aus. "Ich komme seit mehr als acht Jahren in die Tagesheimstätte. Ich mag die nette Gesellschaft", erzählt Franz und zeigt auf ein Foto an der Wand. "Leider leben viele nicht mehr. Und es kommen zu wenige nach", sagt Erni. Die vielen Freizeitmöglichkeiten für Senioren ortet Leo als Grund für den Besucherschwund.

Frau Müller, die vor sechs Jahren den Laden übernahm und ihn in Schwung hält, erklärt sich die sinkenden Besucherzahlen mit dem Generationswandel. Früher seien die 60-Jährigen uralt gewesen. "Die Frauen hatten oftmals keinen Führerschein, wurden von ihren Männen gefahren und verbrachten die Nachmittage in netter Gesellschaft. Heute ist das anders", erzählt die Leiterin. Sie wünscht sich, dass auf die Bedürfnisse der neuen Seniorengeneration eingegangen wird. Dass ein Computer organisiert wird oder die Einrichtung erneuert wird, falls das Budget der Stadtgemeinde dies zulasse.

Ein Wunsch, den auch viele Teilnehmer der Studie, durchschnittlich 64 Jahre alt, erwähnten. Oberste Prämisse ist die Modernisierung der drei Einrichtungen. Was den Namen betrifft, wünschen sich jene, die noch nicht zum Kundenstamm zählen, eine Änderung. "Treffpunkt 55+" oder "Gemeinsam statt einsam" soll die Tagesheimstätte künftig heißen.

Für Hermine aber ist die Bezeichnung irrelevant. "Ich komme seit drei Jahren in die Tagesheimstätte, weil es lustig ist, weil wir gemeinsam Geburtstag feiern, anstatt einsam daheim zu hocken."