2200 Kilometer auf der Donau von Linz ans Schwarze Meer

Von Nora Bruckmüller   14.April 2017

Der Film "Rudern für Europa", der am 27. April Weltpremiere feiert, beginnt mit sanftem Plätschern. Die Ruder finden ihren Weg durch das Wasser, die Geschwindigkeit des Boots: Fünf Kilometer pro Stunde. Darin sitzen der Linzer Regisseur Gerald Harringer und sein Freund Ihsan Banabak, gebürtiger Türke, Ehemann von Harringers Cousine, ein Architekt und Bauingenieur, der seit knapp 30 Jahren in Linz lebt.

Aus dem Off lässt Harringer den Zuschauer wissen, dass sie mit dieser bescheidenen Geschwindigkeit zu einer 2200 Kilometer langen Reise auf der Lebensader Donau aufbrechen, von Linz stromabwärts durch Österreich, Slowakei, Ungarn, Kroatien, Serbien, Rumänien, Bulgarien, Moldawien, Ukraine ins Schwarze Meer.

Sie wollten nur ein Stück Brot

50 Tage lang waren sie unterwegs, haben auf dem Ruderboot, das in der Türkei von einem Bootsbauer extra per Hand gefertigt worden war, geschlafen, in Zelten oder Pensionen nahe am Fluss.

Ihr Ziel? Die Donau, den Kontinent, die Menschen, einander neu zu erfahren. "Es war dabei, als hätten sich entlang der Donau die große Geschichte Europas und kleine Geschichten der Menschen aufgefädelt", sagt Harringer. "Was aber überall gleich ist: Auf der Donau herrscht absolute Hilfsbereitschaft." Einmal sei ihnen in Serbien das Brot ausgegangen, erinnert er sich. "Wir hatten ein Wörterbuch mit, in dem wichtige Worte wie Hafen, Anker und auch Brot in allen Sprachen in Lautschrift zusammengefasst waren. Wir haben ihnen also das serbische Wort für Brot zugeschrien. Die haben geglaubt, wir sind am Verhungern und gleich einen ganzen Sack voller Lebensmittel rüber geschupft."

Neben Freundlichkeit zeichne das Leben entlang der Donau eines aus. "Etwas, was seit Jahrtausenden gemacht wird, bei uns aber weniger: Fischen. Ab Serbien steht alle hundert Meter jemand mit der Angel." Harringer und Banabak habe das an die ursprüngliche Bedeutung der Donau als Quelle zum Überleben erinnert. Auch an ihren Status als undurchdringliche Naturgrenze während der Römerzeit wird im Film hingewiesen. Genauso an, wenn auch ungewollt, die harte Exekution rechtlicher Vorschriften an heutigen Grenzen.

Ein Schiffskapitän hatte es gut mit ihnen gemeint, und sagte, es reiche aus, wenn sie sich in Serbien bei der erstbesten Polizeistelle anmelden. Das hätte auch gepasst, wenn das Boot einen Motor gehabt hätte. Ihr Fall ging vor den Untersuchungsrichter. "Nur mit viel Diplomatie konnten wir die Höchststrafe von 4000 Euro abwenden."

Aber sie hatten dafür auch Glück. Eine Zufallsbekanntschaft entpuppte sich als Fußball-Veteran von Sturm Graz, Radi Avramovic. Genau so muss Europa sein.

Hintergrund

Die Idee zu „Rudern für Europa“ hatten Gerald Harringer und Ihsan Banabak vor vier Jahren. Harringer, gebürtiger Linzer, der in Katsdorf lebt, hat für den Film auf sein Wissen über Grenzen zurückgegriffen, das er sich bei seiner Arbeit für den Linzer Kulturverein „Die Fabrikanten“ angeeignet hat. Banabak wiederum ist mehr als 10.000 Kilometer auf dem Schwarzen Meer und dem Mittelmeer gerudert. Er hat Harringer dafür begeistert.
Weltpremiere hat der 50-minütige Film, den der Katsdorfer Johannes Pröll produziert hat, am 27. April (15.30) beim Crossing Europe Filmfest in Linz. Karten ab sofort! crossingEurope.at

Das Boot im Film fertigte der türkische Bootsbauer Murat Gül an. 4,7 m lang, 1,6 m breit, ca. 250 kg schwer, Kastanienholz.

Die Eichenholzruder haben traditionelle türkische Form, nur mit einem Tau am Rumpf befestigt.