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Weihnachten 1941: Dieses Datum wird Johann Rachbauer nie vergessen

Von Reinhard Burgstaller, 26. Februar 2015, 00:04 Uhr
Weihnachten 1941: Dieses Datum wird Johann Rachbauer nie vergessen
Einen Computer braucht der 93-jährige Johann Rachbauer nicht, er verfasst Briefe und Texte am liebsten mit seiner mechanischen Schreibmaschine.

WALDZELL. Der beliebte Postbus-Chauffeur und gefragte KOV-Funktionär feierte seinen 93. Geburtstag.

Über Jahreszahlen, wann was passiert ist, braucht er nicht lange nachzudenken. Und das, obwohl Johann Rachbauer schon auf einige Jährchen zurückblicken kann – genau gesagt auf 93!

Er verfügt über ein beneidenswert jugendliches Gedächtnis. Erlebt hat Rachbauer so viel, dass diese Erinnerungen dicke Bücher füllen würden. Ausgerechnet an einem Heiligen Abend stand er Todesängste aus. Heiliger Abend 1941. Als Soldat bleibt dem damals 19-jährigen Innviertler Russland nicht erspart. Ausgerechnet am Heiligen Abend "hatte unser Spieß einen Sonderauftrag für mich. Aus einem rund 40 Kilometer entfernt gelegenen deutschen Stützpunkt sollte ich Material holen. Der Spieß wollte jemand mitschicken. Ich habe abgelehnt, weil ich den Kameraden einen ruhigen Heiligen Abend gegönnt habe." Rachbauer fuhr – bei rund 40 Grad minus – los, holte wie befohlen das Material. "Es wachelte, dass ich keine zwanzig Meter sah. Plötzlich streikte der Opel Blitz. Mich packte das blanke Entsetzen."

Weil er nicht an Ort und Stelle erfrieren wollte, stapfte Rachbauer los. "Bis zum Bauch ging mir der Schnee." Die Freude über das Entdecken einer "Keusche", in der Licht brannte, war kurz. "Weil ich fürchterliche Angst hatte, als Feind niedergemacht zu werden." Ihm blieb die Wahl, vor dem Haus zu erfrieren, oder um Einlass zu bitten. Schließlich klopfte er, nicht nur vor Kälte am ganzen Körper zitternd. Dann passierte ein kleines Weihnachtswunder: Ein Russe öffnete – und bat gar nicht unfreundlich den Fremden, den er sofort als Deutschen erkannt hatte, ins Haus. Totale Freude dann bei dem Russen, seiner Frau "und zwei hübschen Töchtern, die hinter dem Ofen hervorgekrochen kamen, als sich herausstellte, dass ich Österreicher bin."

Die Herbergssuche Rachbauers am Heiligen Abend 1941 verlief – vorerst – deshalb so friedlich, weil der Russe im Ersten Weltkrieg bei einem Bauern in St. Pölten höchst freundlich aufgenommen worden war und sich nun, viele Jahre später, dafür revanchieren konnte. "Der Russe hat mich auch dann nicht verraten, als Partisanen nachschauen kamen und den Fahrer des herrenlosen Opel Blitz suchten", erinnert sich Rachbauer. Zuvor wurde er in einem stallähnlichen Gebäude versteckt. Was sich in der Stube des Russen abspielte, erfuhr Rachbauer erst am nächsten Morgen, als ihn sein Quartiergeber wieder ins Haus bat.

"Blut an Kästen und am Tisch erinnerten daran, was sich hier wenige Stunden zuvor abgespielt hatte. Frau und Töchter des Russen wurden vergewaltigt und er selbst durch Schläge übel zugerichtet. Verraten hat mich der Mann trotzdem nicht."

Es war dies während des Interviews mit Johann Rachbauer der einzige Moment, in dem dessen Augen feucht wurden. Dann wieder die Erinnerungen an den Heiligen Abend 1941: Weil sich das Wetter beruhigt hatte, konnte Johann Rachbauer "autostopp" zu seinem Stützpunkt zurückfahren. Nicht ohne vorher seinem Quartiergeber und Lebensretter mit ordentlichen Rationen Petroleum und Salz gedankt zu haben. Zurück bei seinem Trupp "wurde ich von unserem Spieß zusammengeschissen, wo ich denn so lange geblieben sei ..."

Der "Herr Rachbauer"

Der gebürtige Mehrnbacher hat in seinem nunmehr 93-jährigen Leben natürlich auch Erfreuliches erlebt. Vor allem in seinen 41 Jahren als Buschauffeur.

38 Jahre davon bei der Post. Ältere Waldzeller erinnern sich noch gut – und gerne – an den stets korrekten und gut gelaunten "Herrn Rachbauer", der seine Fahrgäste von Ried in die verschiedensten Orte, vor allem aber nach Waldzell, chauffierte. Durch Heirat seiner Cäcilia wurde der freundliche Hans nun Waldzeller.

Hier wurde Haus gebaut, hier kamen auch seine vier Kinder, von denen eins früh verstorben ist, zur Welt. Als Kriegsheimkehrer war es für Johann Rachbauer eine Verpflichtung, 1949 dem KOV beizutreten. Von 1967 bis 2013 war er dessen umsichtiger und engagierter Obmann, zehn Jahre stand Rachbauer sogar dem Bezirk Ried als Obmann vor.

Weihnachten 1941: Dieses Datum wird Johann Rachbauer nie vergessen
Johann Rachbauer, im Hintergrund seine zahlreichen Auszeichnungen und Urkunden

Johann Rachbauer, im Hintergrund seine zahlreichen Auszeichnungen und Urkunden

Vielfach geehrt

Sein öffentliches Engagement – Rachbauer war zwölf Jahre auch im Waldzeller Gemeinderat tätig – wurde mit zahlreichen hohen Auszeichnungen gewürdigt. Besonders stolz ist er aber auf den Ehrenring seiner Heimatgemeinde Waldzell.

Fit hält sich der noch mit 93 kerzengerade Gehende mit Spaziergängen, dem mindestens eine halbe Stunde dauernden "und täglichen" Treten auf einem Mini-Hometrainer, einem Flascherl Bier und dem ebenfalls täglichen "Achterl Rot. Aber nicht mehr!"

Außerdem hat er 1980 – auch diese Jahreszahl weiß Hans Rachbauer genau – das Rauchen aufgehört.

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