"Viele Frauen rutschen jetzt unter dem Deckmantel des Sports in die Magersucht"
SCHÄRDING. Schärdinger Gymnasiastin verfasste preisgekrönte Arbeit über Einfluss sozialer Medien
Mit ihrer Arbeit mit dem Titel "Wenn Medien krank machen – Instagram als möglicher Mitverursacher von Magersucht" setzte sich Stefanie Grünberger gegen 47 Teilnehmer (siehe Infokasten) durch. Im Interview spricht die 18-Jährige über die aktuellen Hypes in den sozialen Medien und deren Einflüsse.
Volkszeitung: Warum haben Sie sich für dieses Thema entschieden?
Grünberger: Ich bin vor drei Jahren selbst an Magersucht erkrankt. Mit meiner vorwissenschaftlichen Arbeit wollte ich möglichst viele Menschen darauf aufmerksam machen, welchen enormen Einfluss Instagram auf das Ess- und Sportverhalten eines Nutzers haben kann, sodass dieser an Magersucht erkrankt. Dass ich den VWA-Wettbewerb gewinne und dadurch eine derartige Reichweite erlange, hätte ich jedoch nie gedacht!
Welche wesentlichen Erkenntnisse konnten Sie im Rahmen Ihrer Recherche gewinnen?
Aufgrund der Omnipräsenz der mageren und/oder durchtrainierten Körperbilder werden diese von den Nutzern als Selbstverständlichkeit aufgefasst, wodurch sich vor allem Jugendliche und Frauen unter Druck gesetzt und in ihrem Körper unwohl fühlen. Zahlreiche junge Instagramer nehmen dabei Extremdiäten auf sich, treiben exzessiv Sport und ergreifen teilweise bulimische Methoden, um mit den überschlanken Mediendarstellern mithalten zu können. In weiterer Folge erkranken sie an Magersucht.
Und daran sind die sozialen Medien schuld?
Nein, mir ist auch besonders wichtig zu betonen, dass Instagram nie als einziger Auslöser von Magersucht gewertet werden kann, sondern dafür immer eine individuelle Zusammensetzung genetischer, personeller und gesellschaftlicher Faktoren entscheidend ist.
Was hat Sie am meisten überrascht?
Zurzeit herrscht um die Themen Fitness und Gesundheit ein riesiger Hype. Auf Instagram gibt es die sogenannte "Fitspiration"-Bewegung, die andere User zu einem gesünderen Lebensstil verhelfen soll und angeblich einen Gegentrend zum Magerwahn darstellt. In meiner Arbeit stellt sich dies jedoch als Trugschluss heraus, denn auch bei dieser Trendströmung gelten ungesunde Körperideale, wie Sixpack und Thighgap, als erstrebenswert. Hinzu kommen scheinbar harmlose Ernährungstrends, die in Kombination mit Sport aber genauso essgestörte Verhaltensmuster hervorrufen können. Viele Frauen rutschen heutzutage unter dem Deckmantel des Sports in die Magersucht. Das frühzeitige Erkennen der Magersucht ist für Außenstehende aufgrund dessen umso schwieriger. Die Magersüchtigen behaupten dann, einen vermeintlichen fitten und gesunden Lebensstil zu führen und verwenden das sozusagen als Ausrede.
Was hat Sie am meisten schockiert?
Die sogenannte Pro-Ana-Community auf Instagram. Dabei handelt es sich um User, die Anorexie verherrlichen und sich gegenseitig zum Hungern sowie Sporttreiben motivieren. Für mich waren vor allem die Bilder auf diesen Seiten extrem schockierend. Teilweise bestehen die Mädchen ja nur mehr aus Haut und Knochen, denen der Tod kurz bevorsteht. Leider gibt es trotzdem etliche Anhänger dieser Bewegung, die in den Kommentaren schreiben, wie sehr sie auch so aussehen möchten wie die abgebildeten Mädchen.
Was bedeutet Gesundheit für Sie persönlich?
Gesundheit heißt für mich Wohlbefinden, sowohl körperlich als auch psychisch. Vor allem die psychische Komponente spielt eine wesentliche Rolle. Optimismus und eine positive Einstellung können in schwierigen Zeiten unglaublich viel bewirken.
Wie gehen Sie mit sozialen Medien um?
Ehrlich gesagt, muss ich schon zugeben, dass ich zu viel Zeit mit dem Handy bzw. auf sozialen Netzwerken verbringe. Aber durch die intensive Beschäftigung mit meinem Thema habe ich gelernt, dass man Bilder immer kritisch hinterfragen sollte. Man muss sich bewusstmachen, dass Instagram nur eine Scheinwelt ist. Fitnessblogger haben genauso Cellulite und rennen nicht 24 Stunden am Tag mit einem Sixpack herum. Und das ist auch völlig normal. Man braucht sich dafür nicht schämen.
Ihre Einstellung zu Instagram und Co. hat sich also verändert?
Ja, auf jeden Fall. Ich hinterfrage beispielsweise Körperbilder auf Instagram viel kritischer. Man sollte immer bedenken, dass Instagram-Nutzer in Zeiten der Bildmanipulation oftmals Retusche an sichtbaren Makeln vornehmen, um diese zu optimieren und dem gesellschaftlichen Schlankheitsideal anzupassen. Oft reichen schon einfache Tricks wie vorteilhaftes Posieren oder günstige Lichtverhältnisse.
Welchen Weg werden Sie nach der Matura einschlagen?
Mein derzeitiger Plan ist es, für ein Jahr ins Ausland zu gehen. Anschließend möchte ich studieren, um später im Gesundheitsbereich zu arbeiten. Was ich genau werden will, weiß ich derzeit noch nicht. Ich lass’ mich überraschen.
Wo sehen Sie sich selbst in fünf Jahren?
In fünf Jahren werde ich wahrscheinlich noch studieren.
Thema Gesundheit
Der Preis
Die Pädagogische Hochschule Oberösterreich (PH OÖ) und die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse (OÖGKK) prämierten die fünf besten diesjährigen vorwissenschaftlichen Arbeiten (VWA) zum Thema Gesundheit in Oberösterreich. Die Jury wählte aus 48 eingereichten schriftlichen Arbeiten die fünf Finalisten für die mündliche Präsentation an der PH OÖ aus. Der Vortrag und die Beantwortung der Jury-Fragen entschieden schließlich über die Reihung der fünf Teilnehmer.
Platz eins ging an Stefanie Grünberger, Schülerin des Gymnasiums Schärding, die mit ihrem Thema „Wenn Medien krank machen – Instagram als möglicher Mitverursacher von Magersucht“ die Jury überzeugte.
Weitere eingereichte Arbeiten befassten sich unter anderem mit den Themen wie „Volksdroge Zucker“ oder „Sinkende Impfbereitschaft“.
Zur Person
Alter: 18 Jahre
Wohnort: Münzkirchen
Ausbildung: Maturantin am Gymnasium in Schärding
Hobbys: Sporteln (Tanzen & Laufen), Fotografieren und Freunde treffen
Lebensmotto: When you can’t find the sunshine, be the sunshine!
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