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Nach Schuss-Attacke auf Bruder: „Ich gehe jetzt wieder die Kälber füttern“

Von Thomas Streif, 26. September 2017, 12:04 Uhr
Warten auf den Prozess Bild: OÖN

RIED/RAINBACH. Streit bei Stallarbeit eskalierte: Innviertler zu 18 Monaten Haft verurteilt. Der unbedingte Teil der Strafe beträgt ein halbes Jahr.

 

Ein alter, abgewohnter Bauernhof in Rainbach im Innkreis (Bezirk Schärding) und ein seit rund sechs Jahrzehnten dort wohnhaftes Brüderpaar: Genug für einen Kriminalfall, der sich am 25. April 2017 in den Abendstunden abspielte. Wie berichtet, artete ein Streit bei der Stallarbeit aus, ein 58-jähriger Landwirt schoss seinen Bruder (57) mit einem Kleinkaliber-Gewehr an. Der Innviertler wurde dabei schwer verletzt, er erlitt unter anderem Durchschussverletzungen im Bereich der Gesäßmuskulatur, sowie eine Absplitterung am rechten Sitzbein.

Jetzt kam für den Beschuldigten der Tag der Abrechnung. Er musste sich vor einem Schöffengericht wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung verantworten. Aus seiner Sicht ist das durchaus ein Glücksfall, denn eine ursprünglich im Raum gestandene Anklage wegen versuchten Mordes wurde nicht erhoben.  Der Streit im Stall habe sich an jenem Abend aufgeschaukelt gibt der Beschuldigte, der vom Schärdinger Anwalt Markus Brandt verteidigt wird, zu Protokoll.

Streit im Stall eskalierte 

„Die Kuh hat die Melkmaschine weggetreten, darüber habe ich mich schon geärgert. Das war vielleicht auch deshalb, weil mein Bruder der Kuh zu wenig Futter gegeben hat. Dann hat er auch noch gemeint, es wäre besser, wenn die Tiere, die er als 'Gfraster' bezeichnete, alles zertreten würden“, sagt der Mann zur vorsitzenden Richterin Claudia Lechner. „Das war eine Provokation, ich habe in meinem Leben schon so viel in mich reingefressen.“ Außerdem habe sich sein Bruder über seine eingeschränkte Mobilität mit den Worten „Buckliger“ lustig gemacht.

Daher dürften bei dem bisher unbescholtenen Landwirt die Sicherungen völlig durchgebrannt sein. Er holte aus dem ersten Stock des gemeinsamen Hauses ein altes Kleinkaliber-Gewehr und schoss damit aus rund 20 Metern auf seinen Bruder. Treffen habe er ihn nicht wollen. „Ich wollte knapp daneben schießen“, gab der Beschuldigte bei der Polizei zu Protokoll. Eine durchaus gewagte Handlung: Schließlich war es, so die Richterin, an dem schicksalhaften Abend bereits ziemlich dämmrig. „Wenn ich ihn treffen hätte wollen, wäre es ja noch schlimmer. Ich wollte einfach grob in seine Richtung schießen. Es war eine völlige Schnapsidee, ich weiß nicht, warum ich so hochgegangen bin.“ Er wolle schließlich keinen Bruder haben, der ein Pflegefall sei. Anschließend dürfte der Angeklagte wieder der Stallarbeit nachgegangen sein, das Opfer  verständigte Notarzt und Polizei. „Sie haben Riesenglück gehabt, dass ihr Bruder nicht noch weit schwerer verletzt wurde“, sagt Richterin Lechner. Laut Staatsanwältin Petra Stranzinger würden die Brüder in „ärmlichen Verhältnissen“ leben. „Natürlich wollte der Beschuldigte seinen Bruder verletzen. Hätte er ihn nur erschrecken wollen, dann hätte schließlich ein Schuss in die Luft gereicht“, so Stranzinger.

"Im Krieg werden auch Leute erschossen" 

Da er sich bei der Festnahme heftig wehrte, wird dem Innviertler von Anklägerin Stranzinger auch Widerstand gegen die Staatsgewalt vorgeworfen. Im ersten Moment nach dem Angriff auf seinen Bruder dürfte der Beschuldigte wenig Verständnis für das Vorgehen der Polizei gehabt haben. „Im Krieg werden auch Leute erschossen. Ich rede nicht mit der Polizei und gehe jetzt wieder in den Stall, um die Kälber zu füttern“, soll er bei seiner Festnahme gesagt haben. Vor Gericht erklärt es der Landwirt so: „Ich kann mich nicht mehr genau daran erinnern, aber grundsätzlich geht es da um Gerechtigkeit. Warum dürfen andere alles machen und ich gar nichts.“

Nach zweieinhalb Wochen in der Untersuchungshaft kehrte der Angeklagte zu seinem Hof zurück. Laut eines Gutachtens sei er nicht gefährlich. Dort lebt er jetzt wieder mit seinem Bruder unter einem Dach. Die Kränkungen durch diesen seien weniger geworden. „Ich denke, wir haben beide daraus gelernt. Gesprochen haben wir aber nur wenig darüber, das braucht seine Zeit, bis alles wieder normal ist“, sagt der Beschuldigte. Die Bedenken eines Schöffen, dass er erneut ausrasten könnte, teilt der 58-Jährige nicht: „Warum sollte ich das machen? Das war eine einmalige Ausnahmesituation und der größte Fehler meines Lebens.“ 

Verteidiger Markus Brandt aus Schärding 

Das Opfer nimmt von seinem Entschlagungsrecht Gebrauch und verweigert nach kurzer Überlegung die Aussage. Verteidiger Markus Brandt zweifelt in seinem Schlussplädoyer den Vorsatz seines Mandanten an. Dieser habe seinen Bruder nicht absichtlich schwer verletzen wollen. „Er wollte ihn lediglich in die Schranken weisen. Ja, ein Luftschuss wäre sicher besser gewesen“, sagt Brandt, der um eine bedingte Strafe ersucht.

18 Monate teilbedingte Haft und Strafaufschub 

Nachdem sich das Schöffengericht für rund 25 Minuten zur Beratung zurückgezogen hat, gibt Richterin Lechner das Urteil bekannt: Der Landwirt wird wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung und Widerstands gegen die Staatsgewalt zu 18 Monaten Haft verurteilt. Der unbedingte Teil beträgt sechs Monate. Das Gericht geht davon aus, dass der Angeklagte bewusst auf den Körper des Bruders zielte. „Dass Sie ihren Bruder nur erschrecken wollten, ist nicht glaubhaft“, so die Richterin. Außerdem wird Bewährungshilfe angeordnet. Das Gericht stellt dem Beschuldigten einen Strafaufschub in Aussicht. Während dieser Zeit muss sich der Mann in psychologische Behandlung begeben. Das Urteil ist rechtskräftig. 

 

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