30 Jahre beim Weißen Ring: "So lange ich die Kraft habe, mache ich weiter!"
INNVIERTEL / LINZ. Franz Grünbart gründete den Weißen Ring im Innviertel – seit 1992 ist er Landesleiter.
1986 begann Franz Grünbart aus Neuhofen im Innkreis mit dem Aufbau des Weißen Rings im Innviertel. Seit 1992 ist der 63-Jährige bereits Landesleiter des Weißen Rings, der sich für die Verbrechensopferhilfe stark macht. "So lange ich die Energie und Motivation habe, werde ich mich weiterhin mit voller Kraft für den Weißen Ring einsetzen", sagt der pensionierte Polizist, der 2011 von Landeshauptmann Josef Pühringer zum "Sozialkonsulenten" ernannt wurde.
Sie haben den Weißen Ring vor 30 Jahren im Innviertel aufgebaut. Wie wird dieses Jubiläum gefeiert?
Franz Grünbart: Einen großen Festakt wird es nicht geben. Wir werden voraussichtlich im Herbst einen Tanzabend organisieren. Der Erlös soll dem Weißen Ring zugute kommen.
Wie hat sich die Opferschutzhilfe in den vergangenen Jahrzehnten verändert?
Wesentlich war, dass sich vor allem das Verbrechensopfergesetz ständig verbessert hat. Das heißt, die Opfer haben mehr Rechte und es werden mehr Hilfeleistungen angeboten. Vor knapp 15 Jahren hat sich ein Vergewaltigungsopfer die Therapie zum Beispiel noch selber bezahlen müssen. Dass die Opfer mittlerweile auch bei Strafprozessen vor Gericht vertreten werden, ist eine wesentliche Verbesserung für die Geschädigten. Für mich hat sich organisatorisch enorm viel verändert. Zu Beginn meiner Tätigkeit war ich beispielsweise sogar für das Salzkammergut zuständig. Jetzt ist der Weiße Ring in Oberösterreich bestens organisiert und in fast allen Landesteilen vertreten.
Mit wie vielen Opfern haben Sie persönlich Kontakt gehabt?
Das lässt sich schwer sagen. Ich habe vor einigen Jahren bei 1000 Opfern zum Zählen aufgehört.
Wie verarbeiten Sie die vielen Schicksale, mit denen Sie zu tun haben?
Ohne den Rückhalt meiner Familie wäre die Gefahr wohl sehr groß gewesen, auszubrennen. Meine Erfahrung aus 40 Jahren Polizeiarbeit hilft mir in dieser Funktion mit Sicherheit. Wichtig ist, dass man sich in die Lage der Opfer versetzen kann. Diese "Opferorientiertheit" hatte ich schon immer. Ich war aber in all den Jahren mit vielen schrecklichen Dinge konfrontiert, die man erst nach und nach verarbeiten kann.
Wie unterscheidet sich die Opferhilfe des Zentralraums mit dem Innviertel?
Das Innviertel ist zwar keine Insel der Seligen – wir betreuen im Innviertel rund 30 Opfer pro Jahr –, aber man kann die Situation nicht mit der im Zentralraum vergleichen. Dort spielt es sich ab. Zum Glück sind wir dort sehr gut aufgestellt und es wird großartige Arbeit geleistet.
Wie hat sich die Kriminalität aus Ihrer Sicht in den vergangenen Jahrzehnten verändert?
Gewalt hat es immer gegeben. Ich habe den Eindruck, dass es, vor allem bei körperlichen Übergriffen, immer brutaler zugeht. Früher wurde auch gerauft, aber da ist es kaum vorgekommen, dass noch mit den Füßen auf ein am Boden liegendes Opfer eingetreten wurde. Das hat sich leider verschärft.
Warum wenden sich nach wie vor viele Opfer nicht an den Weißen Ring?
Der Bekanntheitsgrad des Weißen Rings in Österreich hat sich zwar stark verbessert, aber vor allem im ländlichen Raum haben noch viele Personen Hemmungen, professionelle Opferhilfe nach einem Verbrechen in Anspruch zu nehmen. Ich habe den Eindruck, dass es nach wie vor viele, vor allem ältere, Personen gibt, die sich dafür schämen, fremde Hilfe anzunehmen.
Franz Grünbart und der Weiße Ring. Gibt es da so etwas wie ein Ablaufdatum?
So lange die Kollegen in der Zentrale mit meiner Arbeit zufrieden sind und ich die Energie und Motivation habe, werde ich mit Sicherheit weitermachen. Der Präsident des Weißen Rings Österreich, Udo Jesionek, der als einziger noch länger beim Weißen Ring im Amt ist als ich, hat mir schließlich verboten, aufzuhören. Er meinte, ich als "junger Bursche" könne noch nicht aufhören und beim Weißen Ring werde ich mit Sicherheit nicht in die Pension geschickt. Daher lautet mein Motto: Weiterhin mit voller Kraft und ganzem Einsatz für den Weißen Ring arbeiten.
30 Jahre Weißer Ring im Innviertel
Der 1978 in Wien gegründete Weiße Ring hilft Opfern von Straftaten. Die Verbrechensopfer haben eine ganze Reihe von Rechten – auch in einem Strafprozess. Die Ansprechpartner des Weißen Rings helfen, Ansprüche durchzusetzen. In Notfällen gewährt die Organisation den Verbrechensopfern schnelle, unbürokratische finanzielle Unterstützung. Im Innviertel begann Franz Grünbart Anfang 1986 mit dem Aufbau des Weißen Rings.
Seit 1992 ist Grünbart Landesleiter in Oberösterreich. Pro Jahr werden in OÖ derzeit zwischen 150 und 200 Verbrechensopfer intensiv betreut.
Außerdem werden viele Opfer über einen längeren Zeitraum hinweg betreut. Im Auftrag des Justizministeriums betreibt der Weiße Ring einen Opfer-Notruf, der unter der Nummer 0800/112 112 erreichbar ist.
Weitere Informationen im Internet unter: www.weisser-ring.at