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Schirin ist positiv – seit 26 Jahren

Von Valerie Hader, 04. Juni 2011, 00:04 Uhr
Schirin ist positiv – seit 26 Jahren
Schirin Bogner leistet in Schulen Aufklärungsarbeit. Bild: privat

Vor 30 Jahren wurde das HI-Virus entdeckt, Schirin Bogner lebt seit 26 Jahren – seit ihrer Geburt – damit. „Ich bin eine sogenannte Langzeitinfizierte“, sagt sie. „Und es geht mir gut.“ Auch wenn sie nicht weiß, wie lange noch.

Schirin Bogner kommt 1985 in Aschach zur Welt. Als sie acht Monate alt ist, wird ihre Mutter positiv auf HIV getestet. Auch bei Schirin wird daraufhin ein Test gemacht – er ist positiv. Als sie zehn Jahre alt ist, bricht die Krankheit aus. „Am Anfang gaben mir die Ärzte vier Jahre, später zwölf. Heute trauen sie sich keine Prognose mehr zu machen.“ Kaum jemand lebt so lange mit Aids wie Schirin Bogner. „Die, die ich gefragt habe, kennen zumindest niemanden“, erzählt sie. „Das heißt, alles was jetzt kommt, kommt wahrscheinlich bei mir als Erstes – so wie die Langzeitwirkung der Medikamente.“

Ein (fast) normales Leben

Zurzeit erhält Schirin Bogner, die in Frankfurt lebt, eine Kombinationstherapie, viele Medikamente wirken bei ihr nicht mehr. „Eine von diesen Tabletten, die ich bekomme, ist die letzte, die hilft. Dann gibt‘s nix mehr“, sagt sie. „Aber daran will ich gar nicht denken.“ Ihre tägliche Dosis: zehn Tabletten und zwei Spritzen. „Jetzt geht es besser, weil die Medikamente im Gegensatz zu früher keine so heftigen Nebenwirkungen mehr haben.“ Von den Spritzen bekommt sie Entzündungen am Bauch, „aber damit kann ich leben“.

Das größere Problem für sie sei, so anfällig zu sein. „Man muss mich nur anniesen, und schon habe ich einen Schnupfen. Und liege dann nicht zwei Tage im Bett wie jeder andere, sondern zwei Wochen. Man gewöhnt sich an vieles – an das dauernde Kranksein aber nicht.“

Als ebenso große Herausforderung empfindet sie es – noch immer –, der Gesellschaft gegenüberzutreten. „Heute ist zwar keiner mehr so offen böse und sagt Dinge wie ,Greif mich nicht an’, aber die Leute wissen immer noch zu wenig über Aids und die Ansteckungsgefahr. Deshalb ist die Angst immer noch da“, sagt Bogner. „Ein normales Leben mit HIV ist ein anonymes Leben.“

Kondom ist die Ausnahme

Schirin Bogner ist die Ausnahme. Sie erzählte ihr Schicksal im Fernsehen, schrieb ein Buch darüber und hält in Deutschland Vorträge in Schulen. „Leider ist das immer noch dringend notwendig. Für viele Leute ist es die Ausnahme, ein Kondom zu benutzen, und nicht die Regel. Das müsste umgekehrt sein“, sagt sie. „Weil die Zahl der Neuinfektionen auch bei uns steigt, können wir noch lange nicht aufhören mit unserer Aufklärungsarbeit“, sagt sie.

Mit viel Kraft hat sie all die Jahre gegen die Krankheit gekämpft und es geschafft, ein eigenständiges Leben zu führen. Sie hat viele Freunde und auch eine Beziehung. „Daran hab ich schon selber nicht mehr geglaubt. Um sich auf einen HIV-infizierten Menschen einzulassen, braucht es viel Vertrauen – und Mut.“ Die Angst vor dem Tod kennt aber auch sie, „aber ich denke nicht dauernd daran. Die Krankheit ist mir natürlich bewusst, aber ich habe den ,Vorteil’, dass ich sie von Geburt an habe“, sagt die 26-Jährige. „Ich weiß, worauf es ankommt, ich weiß, was ich schon alles gehabt hab. Und ich weiß, was man alles überleben kann.“

Schirins Geschichte

Tanja Schirin Bogner ist eines der ersten Babys in Österreich das mit dem AIDS-Erreger HIV geboren wird. Ihre Eltern sterben früh, das kleine Mädchen wächst bei der Großmutter in Aschach auf.
In dem Ort spricht sich ihre HIV-Infektion schnell herum, viele Menschen distanzieren sich von ihr, auch ein Kindergartenplatz wird Schirin Bogner verweigert. Sie sei eine Gefahr für die anderen Kinder, heißt es. „Man konnte den Leuten so viele Informationen über HIV geben wie man wollte, die Ängste waren einfach stärker.“
Am allermeisten habe sie in ihrer Kindheit Freunde vermisst, andere Kinder und Familie, sagt Bogner. „Meine Oma war mein ganzer Halt.“ Heute lebt Schirin Bogner in Frankfurt und besucht ihre demenzkranke Großmutter, die noch heute in der kleinen oberösterreichischen Gemeinde lebt, regelmäßig.

30 Jahre Aids

Nur zwei Seiten lang ist der Fachartikel vom 5. Juni 1981. Darin beschreiben Michael Gottlieb von der medizinischen Fakultät der Universität in Los Angeles und seine Kollegen fünf junge homosexuelle Männer. Sie litten an einer extrem seltenen Lungenentzündung. Zwei der Patienten waren beim Erscheinen des Reports bereits tot. Noch wusste niemand, dass ein bisher unbekanntes Virus die Ursache war. Weil unter Forschern das Datum der Publikation gilt, ist der 5. Juni 2011 damit so etwas wie der 30. Jahrestag von Aids – ein trauriges Datum.

Auf den Menschen übergegangen war der Erreger allerdings bereits Jahrzehnte zuvor. Inzwischen hat das Virus mehr als 60 Millionen Menschen infiziert, berichten die Vereinten Nationen. Mehr als 25 Millionen Patienten sind in der Folge gestorben. Derzeit infizieren sich täglich etwa 7000 Menschen neu, darunter 1000 Kinder.

In den reichen Ländern nehmen teure Pillen der Immunkrankheit einen Teil ihres Schreckens, weil sie die Vermehrung des Virus im Körper über lange Zeit bremsen. In den armen Ländern sterben aber viele, weil Geld und Medikamente fehlen. Immerhin: Zwischen den Jahren 2001 und 2009 ist die Rate neuer HIV-Infektionen in 33 Ländern um mindestens ein Viertel gesunken.

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7  Kommentare
7  Kommentare
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gibb8 (12 Kommentare)
am 04.06.2011 19:01

Meine Wunschmeldung in 74 Jahren. Schirin ist 100. Alles Gute.

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sumpfdotterblume (3.158 Kommentare)
am 04.06.2011 13:18

Das war tatsächlich ein Theater, damals. Da hast Du Recht, mausfanger. Allerdings erinere ich mich nicht an die Medien, sondern an die Aschacher, die völlig panisch der Schirin und ihrer Oma das Leben schwer gemacht haben. Da war wohl Unwissenheit der größte Feind der ganzen Sache.

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josefausef (12 Kommentare)
am 04.06.2011 10:56

Ich erinnere mich auch noch an das wie Sie in den Kindergarten und in die Schule kam, das war damals sogar in den Nachrichten und würde sehr hoch gespielt.
Respekt an die Oma, obwohl ich weiss das Die sehr ungut gegenüber der Aschacher wahr und es gab auch einige vor fehle wo die Polizei einschreiten müßte. Alle Achtung an SCHIRIN das Sie Ihr Leben so gut meistert. Alles Gute und GESUNDHEIT

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schmibri (203 Kommentare)
am 04.06.2011 13:38

....das hat was.

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oeggoe (17.926 Kommentare)
am 04.06.2011 20:24

Den hams aber übersehen!!??

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( Kommentare)
am 04.06.2011 20:32

verbesserer: ist das (hier) wichtig ... oder doch nur fadesse?

wer von euch zwei ist eigentlich der allerbeste verbesserer?
und aus.

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( Kommentare)
am 04.06.2011 00:20

medientheater damals erinnern!

die anfeindungen von damals ... ein wahnsinn ...
diese (un)menschen sollten sich schämen ... ein leben lang.

bewunderswert, wie schirin ihr leben meistert ...
und meine hochachtung gilt auch ihrer oma, die das alles durchgestanden hat.

respekt und alles gute.

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